Berlin. Deutschlands Wirtschaft steckt in der Krise, dennoch erklimmt der wichtigste Aktienindex immer neue Höhen. Wie das zusammenpasst.

Haushaltsloch, Fachkräftemangel, Bürokratie: Deutschlands Wirtschaft wird nicht müde, die derzeitigen Unzulänglichkeiten des hiesigen Standorts zu kritisieren. Schließlich wirkt sich die Lage unmittelbar auf die Geschäfte aus, die in vielen Branchen schlechter laufen. Dennoch hat der wichtigste Aktienindex Dax ein neues Rekordhoch erklommen. Wie passt das zusammen?

Getrieben von der Aussicht auf wieder sinkende Leitzinsen kletterte der Leitindex am Donnerstag um 1,4 Prozent auf 17.002 Punkte und wurde damit erstmals über die Marke von 17.000 katapultiert. Im Zuge seiner Jahresendrally vom Tief seit Oktober hatte der Leitindex in der Vorwoche seinen gut vier Monate alten Höchststand übertroffen und danach fast täglich neue Rekordmarken erreicht.

Aussicht auf sinkende Zinsen sind das wichtigste Kaufargument

„Am Markt fallen derzeit vor allem zwei Dinge auf. Zum einen weigert sich der Deutsche Aktienindex nachzugeben und damit in eine Korrektur überzugehen. Zweitens kehrt langsam, aber sicher die spekulative Euphorie der Anleger zurück, die wir bereits im Frühjahr 2021 erlebt haben“, sagte der Analyst Konstantin Oldenburger von CMC Markets.

Wichtigstes Kaufargument war bereits in den vergangenen Wochen die Aussicht auf eine Lockerung der Geldpolitik durch die Europäische Zentralbank (EZB) und die US-Notenbank Federal Reserve (Fed). Am Mittwochabend hatte die US-Zentralbank Fed ihre Leitzinsen zwar stabil gehalten. Die Erwartung an sinkende Zinsen haben dem Dax aber seit Ende Oktober ein Plus von rund zwölf Prozent beschert. Am Donnerstagnachmittag gibt die EZB ihre Leitzinsentscheidung bekannt. Auch hier wird damit gerechnet, dass die Notenbank das Zinsniveau erneut unverändert lässt.

Dax auf Rekordhoch: Euphorie in einer Zeit der wirtschaftlichen Unsicherheit

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EZB-Direktorin Isabel Schnabel hatte zuletzt weitere Zinsanhebungen angesichts des jüngsten Inflationsrückgangs als eher unwahrscheinlich bezeichnet. Am Vormittag waren zudem Konjunkturdaten aus der Eurozone positiv ausgefallen. Die Unternehmensstimmung hellte sich im November auf, allerdings von niedrigem Niveau aus.

Die neue Euphorie an der deutschen Börse fällt in eine Zeit wirtschaftlicher Unsicherheit. Vor Kurzem hatte die Bundesregierung die eigene Prognose für die wirtschaftliche Entwicklung nach unten korrigiert: Um 0,4 Prozent soll die deutsche Wirtschaftsleistung in diesem Jahr schrumpfen.

mit dpa

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