Berlin . Das soziale Netzwerk will eine Währung für Milliarden Menschen anbieten. Aber ist das erlaubt? Die wichtigsten Antworten zu Libra.

Facebook will das Bezahlen revolutionieren: Das US-Unternehmen plant, eine eigene Weltwährung namens Libra einzuführen. Diese soll angeblich sicher und wertbeständig sein. Handelt es sich dabei um Hokuspokus oder um ein ernst zu nehmendes Vorhaben? Antworten auf die wichtigsten Fragen zur geplanten Digitalwährung von Facebook.

Welche Ziele formuliert Facebook?

Die Firma „hat geschätzte 1,7 Milliarden Menschen im Blick, die kein Bankkonto, aber häufig ein Smartphone nutzen“, sagt Jonas Groß, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Frankfurt School Blockchain Center. Die Idee ist, Geld per Handy zu verschicken, zu empfangen und umzutauschen.

So sollen insbesondere in ärmeren Staaten Menschen Zugang zu einem globalen Geldsystem erhalten. Die beteiligten Firmen – darunter Ebay, Uber und Spotify – wollen aber auch ihre Umsätze mit zahlungskräftigen Kunden ausdehnen. Grundsätzlich gilt wohl: Der Dienst ist preiswert, dafür geben die Konsumenten ihre Daten preis.

Wie soll Libra funktionieren?

Facebook und seine Partner – etwa die Kreditkartenfirmen Visa und Mastercard – wollen die Geschäftsmodelle der traditionellen Banken und Überweisungsdienste angreifen sowie deren oft beträchtliche Gebühren unterbieten. Dafür soll eine Libra-Stiftung in der Schweiz gegründet werden, die als eine Art Zentralbank funktioniert und die Sicherheit des Systems garantiert.

Etwa vom eigenen Girokonto überweist man mittels der Kreditkarte Euro auf ein persönliches Libra-Konto. Andere Wege – wie die Einzahlung über Telefonkarten oder Mobilfunkgebühren – könnten ebenfalls möglich sein. Verbucht werden sollen alle Transaktionen im System einer globalen Blockchain.

Das sind Programme, die alle Buchungen auf verschiedenen Rechnern gleichzeitig ablegen, damit sie nicht gefälscht werden können. Unbekannt ist noch, wie hoch genau die Preise für die Libra-Nutzung ausfallen werden.

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Dürfen die das überhaupt?

Heute geben die Notenbanken wie die Europäische Zentralbank (EZB) oder die US-Notenbank Fed die Zahlungsmittel heraus. „Laut Bundesbankgesetz sind auf Euro lautende Banknoten einziges gesetzliches Zahlungsmittel“, erklärt Ökonom Stefan Kooths vom Kieler Institut für Weltwirtschaft.

Daneben gibt es Internetkryptowährungen, etwa Bitcoin. Die allerdings toleriert die staatliche Finanzaufsicht nur, solange sie keine Gefahr für den überwiegenden Geldverkehr bedeuten. Grundsätzlich hat der Staat die Möglichkeit, neue Währungen zu regulieren.

Gegen die Bundesbank und EZB wird es Facebook kaum gelingen, sein Internetgeld durchzusetzen. „Wir beobachten die Entwicklung genau und prüfen erforderliche Maßnahmen“, so eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht prüfe derzeit, ob Libra „erlaubnispflichtig“ wäre.

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Kann der Wert des Libra stabil sein?

Wer Libra bekommen will, muss echtes Geld umtauschen. Diese Summen sollen die beteiligten Finanzinstitute nach dem „Währungskorb“-Prinzip in einem bestimmten Mischungsverhältnis in Währungen wie Dollar, Euro, britischem Pfund, Schweizer Franken, chinesischem Renmimbi und in sicheren Staatsanleihen anlegen.

Jeder Libra wäre damit durch eine Einheit des Währungskorbes gedeckt und soll jederzeit wieder in diese zurückgetauscht werden können. Das Umtauschverhältnis ist fixiert. Der Libra könnte im Verhältnis zum Korb nicht vermehrt werden, was Inflation verhindert. Die Währung wäre so vergleichbar stabil wie Wertpapiere in der Reserve.

Wie funktioniert eigentlich Bitcoin?

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    Wie sicher sind die Daten?

    Facebook betont, man werde keinen Zugang zu den Transaktionsdaten haben. Die Nutzer könnten unter Pseudonymen agieren und mehrere Zugänge einrichten. „Transaktionen enthalten keine Verbindung zur Identität der Nutzer in der realen Welt“, heißt es.

    Jonas Groß jedoch sagt: „Die Partnerorganisationen der Libra-Stiftung haben generellen Zugriff auf transaktionsrelevante Daten in der Blockchain. Allerdings handelt es sich hier primär um pseudonymisierte Daten.“

    Grundsätzlich freuen sich die beteiligten Unternehmen, wenn sie zusätzliche Informationen über die Konsum-Gewohnheiten der Verbraucher erhalten.

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    Gibt es eine Art Einlagensicherung?

    Man kann davon ausgehen, dass die Finanzaufsichten wichtiger Staaten ähnliche Sicherheitsregeln für Libra-Konten durchsetzen, wie sie derzeit für konventionelle Bankkonten gelten.

    Beim Schutz gegen Geldwäsche durch Terroristen oder Mafiosi dürfte ähnliches zutreffen.

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    Wie sind die Reaktionen aus der Politik?

    „Dieses Geldmittel wird es Facebook ermöglichen, Abermillionen Daten zu sammeln. Was meine Überzeugung bestärkt, dass es notwendig ist, die digitalen Giganten zu regulieren“, sagte der französische Finanzminister Bruno Le Maire.

    Libra sollte Aufsichtsbehörden in Alarmbereitschaft versetzen, erklärte der EU-Abgeordnete Markus Ferber (CSU). Der Banken-Ausschuss des US-Senats hat für den 16. Juli eine Anhörung angesetzt, um sich mit der Digitalwährung Libra zu befassen.