Brüssel/Berlin. Gekappte Lieferketten, frustrierte Lkw-Fahrer, drohende Engpässe bei der Versorgung: Nichts ging mehr an vielen Grenzübergängen, als manche EU-Länder im Corona-Lockdown einfach den Schlagbaum fallen ließen. Wie kann das bei der nächste Krise verhindert werden?

Die EU will die Versorgung von Wirtschaft und Verbrauchern bei schweren Krisen möglichst schnell über einen Notfallplan für den grenzüberschreitenden Güterverkehr absichern.

"Wir haben weiterhin Auswirkungen der Corona-Pandemie", sagte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) am Donnerstag nach einer Konferenz mit seinen Amtskollegen und EU-Verkehrskommissarin Adina Valean. "Und wir haben festgestellt: Mobilität und Logistik sind systemrelevant." Zu Beginn der Viruskrise hatten mehrere EU-Staaten ihre Grenzen ohne Absprache geschlossen - entgegen den Regeln des Binnenmarkts, die auch die freie Bewegung von Waren sicherstellen sollen. Lieferketten wurden unterbrochen, es kam zu langen Staus.

Die nationalen Alleingänge während des Lockdowns im Frühjahr hätten letztlich alle EU-Mitglieder zu spüren bekommen, erklärte Scheuer. Nun komme es darauf an, den "Rahmen für diesen Notfallplan relativ zügig" zu setzen: "Wir wollen Überraschungen reduzieren mit einem koordinierten Informationsmanagement." Es gebe mittlerweile schon einen besseren Datenaustausch unter den einzelnen Ländern, etwa zum Lkw-Verkehr. Wegen des wieder stärkeren Corona-Infektionsgeschehens dränge aber die Zeit für ein gemeinsames Vorgehen, das neben dem Straßentransport auch Schiffe und die Güterbahn umfasse: "Wir brauchen eine stabile Grundversorgung über alle Verkehrsträger."

Valean betonte: "Die Krise beeinträchtigt die Mobilität weiterhin. Damit ist der Verkehrssektor angreifbar." Sie begrüßte die Initiative der aktuellen deutschen EU-Ratspräsidentschaft, "die Erfahrungen zusammenzutragen". Der neue Notfallplan müsse so bald wie möglich einsetzbar sein - spätestens "bei der nächsten großen Krise".

Eckpunkte zur Sicherung zuverlässiger Lieferketten stehen bereits. So wurde zum Beispiel die Einführung "grüner Spuren" für eine schnellere Abfertigung an den Grenzen vorgeschlagen. Aufgrund von weiteren Kontrollen fahren Lastwagen aber immer noch gebremst durch Europa. "Wir benötigen einheitliche klare Spielregeln", hieß es in einem Papier des Bundesverkehrsministeriums. "Wir benötigen leistungsstarke und moderne Korridore in Europa." Das Thema sei auch mit Blick auf die laufenden Beratungen zum EU-Haushalt der kommenden Jahre wichtig.

Scheuer sieht viel Übereinstimmung mit der Kommission und anderen EU-Ländern: "Wir können jetzt den Arbeitsprozess vervollständigen." Gleichzeitig zeigte er sich skeptisch, ob der Notfallplan auch bereits konkrete Details wie Ausnahmen bei den zulässigen Lenkzeiten von Lkw-Fahrern oder der Aufhebung von Sonntagsfahrverboten enthalten könne. Zunächst müsse rasch eine Rahmenregelung stehen. Valean erklärte, über mögliche Ausnahmen müssten die Staaten weiter "von Fall zu Fall" entscheiden können - aber in besserer Absprache.

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