Frankfurt/Main. Das Geld auf dem Tagesgeldkonto wird nicht mehr, sondern weniger. Während der Corona-Krise steigt die Zahl der Kreditinstitute, die Negativzinsen an Sparer weitergeben.

Der Trend zu Negativzinsen auf dem Tagesgeldkonto hat sich nach Einschätzung des Vergleichsportals Verivox in der Corona-Krise beschleunigt. Nach Daten des Portals haben aktuell 80 Finanzhäuser Minuszinsen in ihren Preisaushängen veröffentlicht (Stichtag 8. April).

Davon führten 23 Institute vom 9. März an Negativzinsen ein. Diese gelten zunächst für Neukunden. Die deutliche Mehrheit der Institute verschont seine Privat-Kunden bislang aber davon.

"In der Corona-Krise hat sich der Trend zu Negativzinsen noch einmal spürbar beschleunigt", sagte Oliver Maier, Geschäftsführer der Verivox Finanzvergleich GmbH. Da einige Institute individuelle Vereinbarungen mit vermögenden Kunden träfen, dürften insgesamt mehr als 80 Geldhäuser Negativzinsen verlangen, erläuterte Maier.

Hinzu kämen 7 Finanzhäuser, bei denen das üblicherweise kostenfreie Tagesgeldkonto Gebühren koste. Dadurch entstünden faktisch Negativzinsen. Das Vergleichsportal wertete die im Internet veröffentlichten Preisaushänge von rund 800 Banken und Sparkassen aus. Im Fokus stehen dabei Tagesgeldkonten. Nach Daten der Deutschen Bundesbank gab es im vergangenen Jahr in Deutschland 1717 Kreditinstitute.

Lange Zeit wurden Negativzinsen vor allem auf sehr hohe Guthaben ab 100.000 Euro und mehr erhoben. Inzwischen sind Verivox zufolge aber teilweise auch Sparer mit geringeren Anlagesummen betroffen. Demnach gewähren mindestens 15 Banken deutlich weniger als 100.000 Euro Freibetrag - drei davon erheben den Negativzins sogar ab dem ersten Euro.

Verbraucherschützern zufolge sind Negativzinsen bei Bestands- und Neukunden nur zulässig, wenn das Verwahrentgelt explizit mit den Kunden vereinbart wurde. Es reiche nicht, lediglich die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu ändern.

Geldhäuser müssen derzeit 0,5 Prozent Zinsen zahlen, wenn sie Geld bei der Europäischen Zentralbank (EZB) parken. Auch wenn es inzwischen höhere Freibeträge gibt, klagt die Branche über eine Milliardenbelastung. An Firmenkunden geben Banken und Sparkassen die Kosten schon länger weiter.

Bankenpräsident Hans-Walter Peters forderte jüngst von der EZB ein Ende der Belastung der Banken durch Negativzinsen. "Es ist dringend geboten, angesichts der wirtschaftlichen Lage in Europa die Minuszinsen sofort auszusetzen", sagte der Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB) dem "Handelsblatt". So könnten Kreditinstitute ihr Eigenkapital stärken und täten sich bei der Kreditvergabe leichter, argumentierte Peters.

Seit Einführung der Negativzinsen vor knapp sechs Jahren habe die EZB rund 26,5 Milliarden Euro von den europäischen Banken eingezogen, erklärte Peters. "Das ist Geld, das den Banken heute fehlt, um ihre Kunden mit Krediten zu versorgen."