Das Album „In these silent Days“ von Brandi Carlile ist erst ein Jahr alt und bekommt schon eine erweiterte Fassung mit akustischen Versionen. Christian Werner über „In the Canyon Haze“.

Wie lebensverändernd das Musikmachen oder einfach nur Reden mit Joni Mitchell sein kann, das betont die Musikerin Brand Carlile in Interviews immer wieder. Über Jahre besuchte Carlile regelmäßig die Singer/Songwriter-Ikone, die nach verschiedenen Erkrankungen 2015 einen Schlaganfall hatte, jammte mit ihr und brachte sie schließlich im Juli dieses Jahres beim Newport Folk-Festival wieder auf die Bühne. Nicht nur Carlile kämpfte an diesem Abend mit den Tränen.

Dass auch sie auf bestem Weg ist, sich langlebige musikalische Meriten zu verdienen, ist keine Übertreibung. Als Untermauerung der These hält ihr erst vor einem Jahr veröffentlichtes Album „In these silent Days“ her: Zehn Stücke, die alle das Potenzial zum Klassiker haben.

Songs können es locker mit denen von Adele aufnehmen

Mag sein, dass Carlile für den massenkompatiblen Geschmack und Erfolg außerhalb der USA der Country-Nimbus anhängt. Doch spätestens seit „In these silent Days“ scheint Nashville weit entfernt. Pop und Folk-Pop sind die dominierenden Sounds des Albums, mit Melodien und Hooklines, die es locker mit Hits von Adele aufnehmen.

Sei es, um genau das zu beweisen oder das Album marketingtechnisch doch noch auf ein neues (Bekanntheits-)Level zu heben, veröffentlicht Carlile dieser Tage eine Deluxe-Variante der Platte, die mit neuem Cover und dem neuem Titel „In the Canyon Haze“ in den Ring der Aufmerksamkeitsarena steigt. Zu der erweiterten Edition gehört das Originalalbum sowie ein zweiter Teil mit allen Songs des Albums als akustische Versionen plus Bonustrack – ein Gänsehaut-Cover von David Bowies „Space Oddity“.

Die herzwärmenden Unplugged-Varianten sind inspiriert vom Klang in einer Schlucht – deshalb auch der neue Titel – und von der einstigen Atmosphäre der Musikszene im Laurel Canyon; Crosby, Stills und Nash lassen grüßen und, genau, Joni Mitchell. Die gemeinsamen Sessions der beiden Frauen – die Joni-Jams – sind ebenfalls ein Beweggrund für die akustischen Versionen. Carlile beschwört so mit dem eigenen aktuellen Werk die Geister der Vergangenheit.

Für die Liebesbekundung „You and me on the Rock“ holt sie Ehefrau Catherine als Duettpartnerin vors Mikro. Mehr emotionale Nähe geht nicht. Und selbst Power-Balladen wie „Right on Time“ oder „Sinners, Saints and Fools“ sowie Uptempo-Songs wie „Mama Werewolf“ gelingen in der reduzierten, intensiven Fassung.

Reinhören!

Wir haben die Playlist zum Krisen-Modus. Hören Sie unsere Auswahl an Songs für die Heimarbeit, zur Kurzweil oder für andere Ablenkungen in Selbstquarantäne.