Gera. „Der Angeklagte fühlte sich wie ein Playboy“, sagte die Staatsanwältin über einen jungen Straftäter aus Ostthüringen. Auf ihn wartet eine lange Strafe.

Das Jugendstrafrecht greift für Personen unter 18 Jahre und jene zwischen 18 und 21 Jahren, bei denen ein Reifedefizit besteht. Die Jugendstrafe ist eine Freiheitsstrafe, die nur wegen schädlicher Neigungen oder wegen der besonderen Schwere der Schuld verhängt werden darf. Der Fokus liegt auf dem Erziehungsgedanken.

Langjährige Strafen sind aber auch für junge Täter nicht ausgeschossen, wie diese Fälle aus Ostthüringen aus diesem Jahr zeigen:

Jugendstrafe von vier Jahren und zehn Monaten

Die neunte Strafkammer hat in diesem Jahr eine Jugendstrafe von vier Jahren und zehn Monaten gegen einen 19-Jährigen wegen schweren sexuellen Missbrauchs und weiterer Sexualstraftaten gegen drei Mädchen ausgesprochen. Die Opfer der Übergriffe waren Mitbewohnerinnen eines Jugendheims im Saale-Orla-Kreis. Besonders schwer wiegt, dass sich der Angeklagte nach den Taten an zwei Mädchen bereits in Untersuchungshaft befand, gegen Auflagen vorübergehend entlassen wurde und gleich weitermachte. Er kam zurück ins Jugendheim und setzte dort seine Masche unverändert fort, obwohl er sich von Mädchen fernhalten sollte. „Der Angeklagte fühlte sich wie ein Playboy“, sagte Staatsanwältin Sylvia Reuter.

„Er hat den Mädchenversteher gegeben“, sagt der Vorsitzende Richter Harald Tscherner. Positiv habe das Geständnis gewirkt, weil sonst die Strafe deutlich höher ausgefallen wäre. Er empfahl dem Angeklagten, die Zeit in der Jugendstrafanstalt zu nutzen und sich für eine Ausbildung im Handwerksbereich zu entscheiden.

Drei Jahre und zwei Monate Jugendstrafe

Die Explosion am 7. März 2019 war heftig: Teile zweier Geldautomaten schleuderten durch den Vorraum der Commerzbank-Filiale im Stadtzentrum von Gera. Die Scheiben brachen. Anschließend stahlen drei Täter 9000 Euro aus einem der Automaten. Die neunte Strafkammer hat einen 21-Jährige verurteilt, der zur Tatzeit noch Heranwachsender war. Er hatte ein Gasgemisch in die Automaten eingebracht und anschließend die Sprengung ausgelöst. Er gab an, dass ihn Hintermänner wegen 3000 Euro Schulden aus Drogengeschäften im niederländischen Utrecht für diese Straftat angeheuert haben. Sie gaben ihm eine Kurzeinweisung, wie man Automaten sprengt, und schickten ihn mit zwei Mittätern im Mietwagen nach Gera. Der Fall bot tiefe Einblicke ins organisierte Verbrechen.

Dauerhafte Unterbringung in forensischer Psychiatrie

Ein 20-Jähriger aus dem Saale-Holzland-Kreis muss auf unbestimmte Zeit in der forensischen Psychiatrie bleiben. Er ist nun rechtskräftig wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilt. In einem Berufungsverfahren musste sich das Landgericht Gera mit dem Fall aus dem Saale-Holzland-Kreis befassen. Das Jugendschöffengericht des Amtsgerichtes Jena hatte ihn zu zwei Jahren und zwei Monaten Jugendstrafe verurteilt und ihn dauerhaft in die forensische Psychiatrie eingewiesen.

Der Angeklagte hatte mehrere sexuell motivierte Straftaten an Kindern begangen. Einen Jungen hat er in einer öffentlichen Toilette nackt mit Panzertape gefesselt, fotografiert und gefilmt. Gefesselt hat er ihn auch mehrfach im Wald, einmal mit einem anderen Jungen. Als Druckmittel simulierte er ein Telefonat mit einem Japaner, der vorbeikomme, falls sie nicht mitmachen. In der ersten Instanz hatte ein Psychiater festgestellt, dass der Angeklagte pädophil und sadistisch veranlagt ist und im Zustand verminderter Schuldfähigkeit handelte. Ein sehr hohes Fremdgefährdungspotenzial liege vor.

Anmerkung: Prozesse gegen Personen unter 18 Jahre finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Auch das Urteil wird ohne Anwesenheit der Öffentlichkeit gesprochen.

Das sind die längsten bislang 2022 am Landgericht Gera verhängten Freiheitsstrafen für Erwachsene