Berlin/Grönland. Grüne Landschaften, elefantenähnliche Tiere: Uralte DNA lässt darauf schließen, wie das Leben vor Millionen Jahren auf Grönland aussah.

Die älteste DNA-Probe, die bislang gefunden wurde, stammt von einem sibirischen Mammutzahn, der im Permafrost konserviert wurde, und wird auf eine Million Jahre geschätzt. Doch ein Team von Forschenden veröffentlichte Anfang Dezember eine Studie mit neuen Ergebnissen. Sie entdeckten in der Kap København-Formation in Nordgrönland eine zwei Millionen Jahre alte DNA-Probe.

Funde aus dieser Zeit seien rar, da es kaum Fossilien gibt. Doch die sogenannte "eDNA" (kurz für "environmental DNA") liefere Belege für eine diverse Flora und Fauna, die unter den heutigen Bedingungen am Fundort gar nicht existieren könnte. "Keine einzige moderne Pflanzengemeinschaft oder kein einziger Lebensraum" umfasse die Bandbreite an Lebewesen, die in den DNA-Proben vom Kap København vertreten sind, erklären die Forschenden in ihrem Bericht. Die eDNA ermögliche es, die Ökologie und Evolution von Lebensgemeinschaften von vor zwei Millionen Jahren zu erforschen und eröffne neue Bereiche der genetischen Forschung.

DNA-Probe: Diese Tiere und Pflanzen haben damals in Grönland gelebt

Die Analyse der DNA-Probe ergab, dass in dem Ökosystem über 100 Pflanzengattungen und neun Tiergattungen gelebt haben. Daraus rekonstruierten die Forschenden ein Bild der Umgebung, wo es vor Millionen von Jahren unter anderem Pappeln und Birken sowie eine "Vielzahl arktischer und borealer Sträucher und Kräuter" gab, heißt es weiter in dem wissenschaftlichen Bericht.

Sie fanden zudem DNA von Rentieren, Hasen, Nagetieren und dem elefantenähnlichen Mastodonten. Letzterer wurde bislang zwar mit dem Norden in Verbindung gebracht, jedoch hatte niemand damit gerechnet, dass das Säugetier so weit nach Norden wandern würde, erläutert Eske Willerslev, einer der Forschenden, gegenüber der "Washington Post".

In den Aufzeichnungen fanden sich auch Hinweise auf Meereslebewesen wie Krebse und Grünalgen, die "für ein wärmeres Klima als heute" sprechen, erklären die Forschenden. Die durchschnittliche Temperatur lag damals zwischen 10 und -17 Grad Celsius, was 10 Grad wärmer ist als heute. "Diese Bedingungen müssen zu einem beträchtlichen Abschmelzen des grönländischen Eisschildes geführt haben, was möglicherweise zu einem der letzten eisfreien Intervalle in den letzten 2,4 Millionen Jahren führte", heißt es in der Studie.

Analyse des Ökosystems könnte im Kampf gegen den Klimawandel helfen

Das Klima von vor zwei Millionen Jahren sei "dem Klima, das wir aufgrund der globalen Erwärmung auf der Erde erwarten, sehr ähnlich", erklärt Willerslev. Die DNA-Probe sowie die Analyse des Ökosystems vermittle einen Eindruck, wie die Natur auf steigende Temperaturen reagieren kann. Im Zusammenhang mit dem Klimawandel und der Erderwärmung könne die DNA-Information als eine Art "genetischer Fahrplan" verwendet werden.

Mit dem Wissen, wie Pflanzen damals unter extremeren Temperaturen überlebt haben, können die Pflanzen von heute weiterentwickelt werden. "Einige Pflanzen und Tiere hätten sich vor 2 Millionen Jahren an die große Hitze angepasst, und ihre Nachkommen hätten diese Fähigkeit mit der Abkühlung der Erde möglicherweise verloren – aber wir können auch heute noch von ihnen lernen", erklärt Willerslev gegenüber der "Washington Post" weiter.

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    Der Fluch von Kap København: Die Entdeckung der DNA-Probe dauerte 16 Jahre

    Ein Großteil der DNA-Proben sei 2006 gesammelt wurden, erklärte der Ko-Autor Kurt H. Kjær gegenüber der "Washington Post". Zum damaligen Zeitpunkt sei die Technologie noch nicht fortgeschritten genug gewesen, um die Proben zu analysieren. Forschende probierten immer wieder die DNA zu extrahieren, doch blieben erfolglos. Die "Washington Post" berichtet, dass einige sogar die Wissenschaft verlassen hätten, nachdem sie versucht hatten, an den Proben zu arbeiten. Deshalb werde in diesem Zusammenhang auch vom "Fluch der Kap København-Formation" gesprochen.

    Dank des technologischen Fortschritts war es den Forschenden nun möglich, die DNA-Probe zu analysieren. Wenn es ihnen gelingt, den Fund richtig zu deuten, "enthält er den Schlüssel dazu, wie wir Organismen helfen können, sich an ein sich sehr schnell veränderndes Klima anzupassen", erklären die Forschenden in ihrer Studie.

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