Berlin. Tönnies und weitere Betriebe stehen unter Verdacht, ohne Kennzeichnung in Geflügelwurstprodukten Separatorenfleisch zu verarbeiten.

  • In zahlreichen Wurstprodukten im Supermarkt steckt nicht das Fleisch drin, was auf der Verpackung steht
  • Laboruntersuchungen von bei Edeka und Rewe verkauften Fleischwaren ergaben: In vielen Produkten steckt Separatorenfleisch
  • Auf den Produkten wurde das jedoch nicht gekennzeichnet. Besonders erschreckend: Es befinden sich Bio-Produkte darunter

Laboruntersuchen deuten darauf hin, dass sowohl Deutschlands größter Schlachtkonzern Tönnies als auch andere Betriebe in Geflügelwurstprodukten Separatorenfleisch verarbeiten, allerdings ohne dies, wie gesetzlich vorgeschrieben, zu kennzeichnen.

Bei Separatorenfleisch handelt es sich eine breiartige Masse, die lediglich Centbeträge pro Kilogramm kostet und erzeugt wird, indem Maschinen Tierkörper oder grob zerkleinerte Knochen mit Fleischresten durch Lochscheiben hindurchpressen. Dabei werden nur Knochensplitter und Knorpelteile ausgespart, aus allen weichen Teilen wie Muskulatur, Fett, Bindegewebe und Rückenmark wird das Separatorenfleisch erzeugt. Lesen Sie hier: Ist Separatorenfleisch ungesund? Was ist das genau?

Laboruntersuchungen des Bremerhavener Hochschulprofessors Stefan Wittke haben für "Spiegel" und den NDR konkrete Indizien geliefert.

Separatorenfleisch: Neun von 30 Sorten positiv getestet

Zur Prüfung in Blindtests hatten NDR und "Spiegel" insgesamt 30 Geflügelwurst- und Geflügelfleischproben verschiedener Hersteller eingereicht. Insgesamt wurden neun positiv getestet, darunter sogar vier Bio-Wurstwaren.

Unter den eingereichten 20 Wurstproben wurde fast jede zweite positiv getestet. Lediglich bei den untersuchten zehn Aufschnittproben mit Stückfleisch aus Filet, Kassler oder Braten fand sich kein Indiz für Separatorenfleisch.

Das Verfahren zur Überprüfung der Zutat geht auf Forscher Wittke zurück. Bisher war die genaue Erkennung von Separatorenfleisch kaum möglich.

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Fleisch-Test: Edeka und Rewe fallen durch

Um diese Hersteller handelt es sich:

  • Fünf von neun positiv getesteten Produkte stammen von der in Böklund ansässigen Zur Mühlen Gruppe, die zur Tönnies-Unternehmensgruppe gehört.
  • Zudem waren zwei Produkte des ostwestfälischen Herstellers Franz Wiltmann sowie je ein
  • Produkt der Hersteller Wiesenhof und der
  • Mecklenburger Landpute GmbH unter den Positivfällen.

Die positiv getesteten Waren wurden unter Markennamen wie Gutfried, Edeka Bio, Rewe Bio oder Rewe Beste Wahl verkauft. Allerdings war Separatorenfleisch nirgends auf der Verpackung angegeben.

Edeka und Rewe: Diese Produkte sind betroffen

Laut dem Medienbericht steckt in diesen Produkten von Edeka und Rewe Separatorenfleisch:

  • "Hähnchen-Fleischwurst" von Gutfried, verkauft bei: Rewe
  • "Hähnchen-Lyoner" von Gutfried, verkauft bei: Rewe
  • "Delikatess Geflügel Mortadella" der Marke "Gut und Günstig" verkauft bei: Edeka
  • "Delikatess Hähnchen Salami mit Pflanzenfett" von "Beste Wahl", verkauft bei: Rewe
  • "Hähnchen Lyoner" von "Edeka Bio"
  • "Geflügel-Lyoner" von Wittmann und u.a. bei Edeka verkauft
  • "Hähnchen Lyoner" von "Rewe Bio"
  • "Bio-Hähnchen Fleischwurst" von der Mecklenburger Landpute GmbH, verkauft bei Denns
  • "Geflügelmortadella" von Wiesenhof

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    Separatorenfleisch: Schlachtkonzerne streiten ab

    Die Sprecher von drei Konzernen, die zur Tönnies Holding gehören, haben sich bereits zu den Laborergebnissen geäußert. Dabei stritten diese den Einsatz von Separatorenfleisch nicht nur ab; zudem zweifelten sie die Aussagekraft der Untersuchungsmethode an.

    Die Firma Wiesenhof dementierte, dass in der betroffenen Geflügel-Mortadella Separatorenfleisch enthalten sei. In der Untersuchungsmethode der Hochschule Bremerhaven sehe der Konzern lediglich "einen neuen wissenschaftlichen Ansatz zum möglichen Nachweis, der (...) keine solide Basis ist". Dagegen würden regelmäßig durchgeführte eigene Tests auf Basis anerkannter Methoden das Gegenteil beweisen.

    Eine Sprecherin von Wiltmann sagte: "Wir setzen in unserer Produktion an keiner Stelle 'Separatorenfleisch' ein. Wir lehnen dessen Einsatz aus qualitativen Gründen entschieden ab."

    Auch eine Sprecherin der Mecklenburger Landpute GmbH erklärte in einem Schreiben, dass man kein Separatorenfleisch einsetze.

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    Verbraucherschützer schlagen Alarm

    Kontrollbehörden beschäftigen die Ergebnisse des Prüfverfahrens sehr. Matthias Denker, Dezernatsleiter des Landesamts für Lebensmittelsicherheit in Mecklenburg-Vorpommern, sagte: "Es scheint für mich sehr zukunftsweisend zu sein." Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg schlug Alarm: "Wenn Fleischkonzerne Separatorenfleisch verwursten, ohne auf den Produkten darauf hinzuweisen, ist das Verbrauchertäuschung im großen Stil."

    Matthias Wolfschmidt von der Organisation Foodwatch sprach von "Betrug an den Verbraucherinnen und Verbrauchern", sollte sich der Verdacht bestätigen: "Die Ware dürfte nicht verkauft werden." (day)

    Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.