Berlin. Der Vulkanausbruch auf La Palma verschlingt ein ganzes Dorf, der Ascheregen färbt die Insel schwarz. Bislang droht aber kein Tsunami.

Auch mehr als eine Woche nach seinem Ausbruch kommt der Vulkan im Südwesten der spanischen Kanareninsel La Palma nicht zur Ruhe. In den vergangenen Tagen öffneten sich im Vulkangebirge Cumbre Vieja weitere Krater, aus denen Lava den Berghang hinunterfloss und nun das Dorf Todoque unter sich begrub. In Kürze könnte die Lavawalze das Meer erreichen. Ein heftiger Ascheregen geht über der Insel nieder und behindert den Flugverkehr. Die Behörden gehen davon aus, dass diese Eruption noch Wochen oder sogar Monate dauern kann.

Am Montag verstummte der Vulkan jedoch zeitweise - das erste Mal nach acht Tagen. In TV-Aufnahmen waren weder das fauchende Geräusch des ausgestoßenen Vulkanmaterials noch Explosionen zu hören. Über dem Vulkangipfel stand aber immer noch eine Wolke aus Asche und Rauch, wenn auch kleiner als an den Vortagen. Ein Vulkanologe betonte, solche Unterbrechungen eines Vulkanausbruchs seien nicht ungewöhnlich und es sei zu früh, um zu sagen, ob der Ausbruch endgültig beendet sei, berichtete der staatliche TV-Sender RTVE.

Bisher wurden annähernd 600 Häuser durch die Lavaflüsse begraben. Wenn der Vulkan weiterhin solche Mengen an flüssiger Gesteinsmasse ausspuckt, könnten die Schäden, die bisher auf 400 Millionen Euro geschätzt werden, noch sehr viel größer werden. Menschenleben sind bisher nicht zu beklagen, aber mehr als 6000 Personen mussten evakuiert werden – darunter auch Hunderte von Urlaubern und ausländische Residenten.

La Palma: Der Lavastrom bewegt sich Richtung Meer

Die größte von mehreren Lavawalzen verwüstete inzwischen das Dorf Todoque. Die 1300 Einwohner konnten ihre Häuser rechtzeitig verlassen. Am frühen Montagmorgen begrub die Lava die meisten Gebäude des Ortes, darunter auch die Dorfkirche San Pío, das Gesundheitszentrum und den Supermarkt. Der alles verschlinge Lavastrom ist inzwischen bis zu 800 Meter breit und 15 Meter hoch und bewegt sich weiter Richtung Meer. Lesen Sie auch: Vulkanausbruch auf Kanaren: Hier verschlingt Lava ein Haus

Inzwischen fließen mindestens zwei weitere Lavazungen den westlichen Abhang des Cumbre Vieja hinunter, weswegen weitere Siedlungen geräumt werden mussten. Heftige Explosionen hatten in den vergangenen Tagen immer wieder die Fensterscheiben im kilometerweiten Umkreis des Vulkans erzittern lassen. Auf Luftbildern, die mit Drohnen aufgenommen wurden, kann man sehen, dass mittlerweile der Hauptkrater eingestürzt ist und sich dafür mehrere Nebenkrater geöffnet haben.

La Palma: Menschen sollen sich bedecken

Zu einem wachsenden Problem wird der heftige Ascheregen, der seit Tagen über der Insel niedergeht. Autos, Straßen und Hausdächer sind mit einer zentimeterdicken Schicht bedeckt. Auch der Flughafen färbte sich schwarz und musste deswegen vorübergehend geschlossen werden. Am Montag konnten nach mehreren Tagen Vollsperrung erstmals wieder einige Flugzeuge starten und landen.

Auf den Straßen rund um den Cumbre Vieja sind Schneeräumfahrzeuge unterwegs, um die dicke Ascheschicht auf den Fahrbahnen beiseitezuschieben. Die Menschen auf der Insel wurden wegen der Asche aufgefordert, sich wegen möglicher Gesundheitsrisiken mit körperbedeckender Kleidung zu schützen. Viele Bewohner gehen deswegen mit Regenschirmen, Masken oder Schutzbrillen auf die Straße.

Bewohner von La Palma: „Kein Spektakel, sondern eine Tragödie“

Auch die Tausenden von Touristen, die sich auf der Insel befinden, wurden zu erhöhter Vorsicht aufgerufen: „Es ist nicht empfehlenswert, in der aktuellen Situation an den Strand oder in den Pool zu gehen“, informierten die Behörden. Der Vulkanausbruch hat die Zahl der Touristen auf der Insel steigen lassen. Viele Hotels sind ausgebucht.

Der Andrang von Touristen sorgt aber zunehmend für Unmut: Evakuierte Inselbewohner und aus ganz Spanien angereiste Helfer, darunter Polizisten, Katastrophenschützer und Vulkanexperten, haben es mangels verfügbarer Hotelbetten zunehmend schwer, Unterkünfte zu finden. Schaulustige auf den Straßen behindern die Rettungskräfte. „Dieser Vulkan ist kein Spektakel, sondern eine Tragödie“, sagen die Einheimischen. Auch ein Sprecher der Inselhoteliers übte Kritik: „Jetzt ist nicht der Augenblick für Tourismus auf der Insel, jetzt ist die Zeit zum Helfen.“

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La Palma - EU-Kommission kündigt Hilfe an

Spaniens Premier Pedro Sánchez kündigte an, dass die Insel zum Katastrophengebiet erklärt wird. Dies erleichtert die Bereitstellung von millionenschwerer staatlicher Hilfe. Die EU-Kommission kündigte ebenfalls Unterstützung an, um der Insel La Palma, einer der wichtigsten Bananenproduzenten Europas, unter die Arme zu greifen.

Die Inselregierung richtete ein internationales Spendenkonto ein (ES47 2100 9169 0122 0017 9456, BIC: CAIXESBBXXX, Verwendungszweck: Donación volcán). Mit den eingehenden Geldern soll jenen Menschen geholfen werden, die durch die Lava-Katastrophe alles verloren haben.

Offenbar keine Tsunami-Gefahr durch Cumbre Vieja

Spanische Wissenschaftler weisen unterdessen apokalyptische Warnungen zurück, dass dieser Ausbruch einen verheerenden Tsunami provozieren könne. Nach dieser durchs Internet geisternden Katastrophen-Theorie könnten heftige Eruptionen einen Teil des Vulkangebirges Cumbre Vieja ins Meer stürzen lassen. Ein dadurch möglicher Tsunami könne angeblich sogar die östliche US-Küste erreichen.

Spanische Vulkanforscher schließen dieses Szenario für diesen Ausbruch, der nach der wissenschaftlichen Skala als schwächere bis moderate Vulkanaktivität eingeordnet wird, jedoch völlig aus. Ein Mega-Tsunami, so heißt es, sei im aktuellen Fall „wissenschaftlich unmöglich“.