Berlin. Viele Besucher der griechischen Trauminsel Santorini wissen nicht, dass in der Nähe ein Vulkan schlummert. Ist die Insel in Gefahr?

Für viele Urlauber, die es nach Griechenland zieht, ist das der Sehnsuchtsort schlechthin. Berühmt ist die Kykladeninsel Santorin nicht zuletzt für romantische Sonnenuntergänge zwischen blauen Kirchendächern. Aber die Idylle trügt. Unter dem Meeresboden steigt flüssiges Magma aus dem Erdmantel auf und staut sich in einer riesigen Blase. Wissenschaftler sprechen von einer „ernsten Gefahr“: Sie erwarten einen verheerenden Vulkanausbruch.

Santorin ist ein Traumziel für Urlauber – und befindet sich neben einem Vulkan

Mit rund eineinhalb Millionen Gästen pro Jahr ist Santorin eine der meistbesuchten griechischen Ägäisinseln. Doch dem malerischen Urlaubsparadies könnte ein unsanftes Erwachen bevorstehen. Der Störenfried heißt Kolumbo: ein Unterwasservulkan, der sieben Kilometer nordöstlich von Santorin liegt.

1649 stieg der bis dahin unbekannte Kolumbo begleitet von zahlreichen Erdbeben aus dem Meer auf. Im Jahr darauf brach der Vulkan in einer explosionsartigen Eruption aus. Monatelang stieß er Rauch und Asche aus, die kilometerweit in den Himmel stiegen. Etwa 70 Menschen starben – Tausende Tiere verendeten in den giftigen Gasen.

Heute liegt der Unterwasservulkan stellenweise nur 17 Meter unter dem Meeresspiegel. Sein Krater reicht bis in eine Tiefe von 500 Metern. 370 Jahre lang schien der Vulkan zu schlafen. Doch es gibt Anzeichen, dass Kolumbo wieder erwacht. Aufnahmen eines Unterwasserroboters zeigen Gasblasen, die aus bizarren Gesteinsformationen am Meeresgrund aufsteigen. Kolumbo atmet wieder.

Vulkan nahe Santorin: Forschungsergebnisse gegen Anlass zur Sorge

Im vergangenen Jahr startete ein Forschungsteam des Imperial College in London die bisher eingehendste Erforschung des Vulkans. Sie nutzten neueste tomographische Methoden und Bohrungen, um den Meeresboden unter dem Krater zu untersuchen.

Die nun im Fachmagazin „Geochemistry, Geophysics, Geosystems“ veröffentlichten Forschungsergebnisse sind beunruhigend. Unter dem Krater sammelt sich aufsteigendes Magma. Irgendwann wird der Druck so groß werden, dass er sich wieder in einer in einer gewaltigen Eruption entlädt, wie 1650. Heute könnten die Folgen jedoch noch viel katastrophaler sein. Denn Santorin ist viel dichter besiedelt als bei dem damaligen Ausbruch.

Touristen auf Santorini beobachten den Sonnenuntergang. Die Insel ist beliebt bei Urlaubern.
Touristen auf Santorini beobachten den Sonnenuntergang. Die Insel ist beliebt bei Urlaubern. © dpa

Ihre einzigartige Landschaft verdankt die Insel ihrer Entstehungsgeschichte. Was heute eine an drei Seiten wie von einer Mondsichel umschlossene Bucht ist, war ursprünglich ein riesiger Vulkan. Um das Jahr 1500 vor Christus, so haben Geologen errechnet, explodierte der Vulkankegel und hinterließ einen fast 400 Meter tiefen Krater, der sich mit Meerwasser füllte. Übrig blieb nur der aus dem Meer ragende Kraterrand – das heutige Santorin. Lesen Sie auch: Kanaren – Forscher warnen vor einem neuen Vulkanausbruch

Santorin: Explosive Eruption in naher Zukunft nicht unwahrscheinlich

Es gibt zwar keine Anzeichen dafür, dass sich die Katastrophe von vor 3500 Jahren in absehbarer Zukunft wiederholen wird. Aber es bahnt sich offenbar ein neuerlicher Ausbruch des Kolumbo an. Die jüngste Studie kommt zu dem Ergebnis, dass sich seit der damaligen Explosion in einer Tiefe von zwei bis vier Kilometern unter dem Meeresboden erneut eine Magmablase bildet. Das Reservoir hat die Form eines Pilzes.

Der ständige Zustrom frischen Magmas aus der Tiefe ist so stark, dass sich das flüssige Gestein nicht abkühlt. Dadurch verstärkt sich der Druck nach oben. Wenn das rund 1000 Grad heiße Magma durch den Meeresboden bricht, droht erneut eine Explosion des Vulkans – wie vor 370 Jahren.

Santorini ist bekannt für seine weiß getünchten Häuser und die blauen Kuppeldächer.
Santorini ist bekannt für seine weiß getünchten Häuser und die blauen Kuppeldächer. © dpa

Die Wissenschaftler schreiben in der Studie: „Die Magmakammer stellt eine ernste Gefahr dar und könnte in naher Zukunft zu einer explosiven Eruption führen.“ Ein solcher Ausbruch hätte nicht nur verheerende Folgen für Santorin. Der Ascheregen und der zu erwartende Tsunami träfen mitunter auch benachbarte Ägäisinseln wie Kreta, Rhodos, Ios, Paros und Naxos. Auch interessant: Vulkanausbruch auf Hawaii gibt Forschern Rätsel auf

Wie viel Zeit bis dahin noch bleibt, lässt die Studie offen. Der gegenwärtige Zustand des Magmareservoirs zeige an, „dass eine explosive Eruption in Zukunft möglich ist, aber nicht unmittelbar bevorsteht“. Der Leiter des Forschungsteams, der Geophysiker Kajetan Chrapkiewicz vom Imperial College, nennt ein Zeitfenster von 150 Jahren. Spätestens dann könnte die Magmablase wieder das Volumen wie vor der Eruption von 1650 erreicht haben. Die Wissenschaftler empfehlen deshalb, Kolumbo mit einem Observatorium und regelmäßiger Erkundung des Meeresbodens permanent zu beobachten. So wäre es möglich, eine bevorstehende Eruption rechtzeitig zu erkennen und die Menschen von der Insel zu evakuieren.