Haldensleben. An nur einem Tag sterben zwei Mitarbeiter beim Paketdienstleister Hermes. Ein weiterer wird schwer verletzt. Kann das Zufall sein?

Binnen eines Tages sterben gleich zwei Mitarbeiter des Paketdienstes Hermes am Standort Haldensleben in Sachsen-Anhalt, ein dritter wird mit gesundheitlichen Problemen gefunden. Nun wird klar, dass sich der anfängliche Verdacht der Polizei bestätigt: Beide Mitarbeiter starben eines natürlichen Todes. Die Untersuchungen in der Rechtsmedizin hätten keine Hinweise auf Vergiftungen ergeben, teilte die Polizei am Donnerstag mit.

Der Betrieb wurde wieder aufgenommen. Seit Mittwochnacht werde daran gearbeitet, den entstandenen Rückstau von rund 300.000 Sendungen abzubauen, sagte ein Unternehmenssprecher am Donnerstag. Dies solle innerhalb der kommenden Tage passieren. 70 bis 100 Beschäftigte sollten in der Nachtschicht zunächst mit vorbereitenden Tätigkeiten befasst sein, sagte ein Sprecher der Firma am Abend.

Das Landeskriminalamt hatte zunächst einen Teil des Zentrums untersuchen wollen, hatte zuvor ein Unternehmenssprecher mitgeteilt. Seit Dienstagabend ruhte die Arbeit in dem Versandhandelszentrum entsprechend, nachdem die zwei bislang unklaren Todesfälle bekannt geworden waren.

Hermes-Mitarbeiter tot gefunden – Das Wichtigste in Kürze:

  • In Haldensleben sind zwei Hermes-Mitarbeiter am gleichen Tag gestorben
  • Ein weiterer klagte über gesundheitliche Probleme
  • Auch Berliner Spezialisten für toxische Stoffe sind vor Ort
  • Die Obduktionen wurden erstmal zurückgestellt
  • Auch die Arbeit bleibt weiter unterbrochen

Gibt es einen Zusammenhang oder war der Tod in Haldensleben eine unglückliche Verkettung von Zufällen? Die Obduktionen, die für Aufklärung sorgen sollen, waren zunächst zurückgestellt worden. Spezialisten der Berliner Polizei für chemische und toxische Stoffe sollten zunächst dabei helfen, das Risiko für medizinisches Personal und Ermittler zu minimieren.

Zwei Hermes-Mitarbeiter gestorben – Betrieb noch länger stillgelegt als geplant

Rund 300.000 Sendungen blieben laut Hermes-Geschäftsführer Andreas Stumpf liegen. Ursprünglich war geplant, die Arbeit um 14.30 Uhr wieder aufzunehmen.

Doch das Landeskriminalamt wolle noch Untersuchungen in einem Teil des Zentrums durchführen, teilte ein Unternehmenssprecher mit. Deshalb könne der Betrieb frühestens zur Nachtschicht ab 22 Uhr aufgenommen werden.

Es herrsche große Betroffenheit in der Belegschaft des Logistikzentrums: „Unsere Aufgabe wird es jetzt sein, die Mitarbeiter aufzuklären, zu informieren, was letztendlich hier tatsächlich vorgefallen ist, sodass sie wieder an den Arbeitsplatz gehen können“, so Stumpf.

Auf dem Hermes-Gelände war in der Nacht zum Dienstag gegen 1 Uhr zunächst ein Toter entdeckt worden. Der 58-Jährige sei zusammengebrochen und vor Ort gestorben, sagte ein Polizeisprecher. Am Nachmittag dann wurde der zweite Mitarbeiter (45) tot in einem Transportfahrzeug entdeckt.

Er habe leblos auf dem Fahrersitz gesessen. „Ich bin da vorbeigegangen da hab ich bloß gesehen, dass der Fahrer mit dem Kopf auf dem Beifahrersitz gelegen hat“, erzählt ein Augenzeuge. Wie die Polizei mitteilte, handelte es sich bei dem dritten Mann um „einen ganz normalen medizinischen Notfall“.

Zwei tote Hermes-Mitarbeiter – Feuerwehr sucht nach giftigen Substanzen

Die ungewöhnliche Häufung der Unglücksfalle führte bis in den Mittwochmorgen hinein zu einem Großeinsatz der Feuerwehr. Sie war am Dienstagabend mit rund 120 Einsatzkräften vor Ort und prüfte, ob es „toxische Substanzen“ gebe.

Spezialisten der Berliner Polizei für chemische und toxische Stoffe unterstützen die Tatortarbeit in Haldensleben nach dem Tod von zwei Mitarbeitern des Paketdienstleisters Hermes. Sie untersuchten etwa ein Transportfahrzeug, in dem ein Toter gefunden worden war, auf gefährliche Substanzen, die sich gegebenenfalls schon verflüchtigt hätten, sagte ein Polizeisprecher am Mittwoch in Magdeburg.

Die Todesfälle sorgten für einen Großeinsatz der Feuerwehr.
Die Todesfälle sorgten für einen Großeinsatz der Feuerwehr. © dpa | Klaus-Dietmar Gabbert

Es gehe darum, das Risiko für medizinisches Personal bei einer Obduktion der beiden Toten, aber auch für Ermittler zu minimieren. Wenn die Berliner Experten grünes Licht gäben, würde mit der Untersuchung der Leichen begonnen. Wann das sei, könne er noch nicht sagen, so der Sprecher.

Feuerwehr öffnete alle Pakete

Medien hatten zuvor spekuliert, ob giftige Gase ausgetreten sein könnten. Der Transporter, in dem einer der Toten aufgefunden worden war, wurde noch in der Nacht auf giftige Schadstoffe untersucht.

Zwischenzeitlich sorgte am Mittwoch der Fund geringster Mengen eines Stoffes an einem Paket für Aufregung. Laut Polizei könnte er in großen Mengen gefährlich sein. Die Feuerwehr öffnete deshalb alle Pakete in dem Transporter, in dem ein Mitarbeiter vor seinem Tod am Dienstag Pakete ausgeliefert hatte.

Haldensleben in der Nacht zum Mittwoch: Der Hermes-Transporter, in dem einer der Mitarbeiter tot aufgefunden wurde, wird abtransportiert.
Haldensleben in der Nacht zum Mittwoch: Der Hermes-Transporter, in dem einer der Mitarbeiter tot aufgefunden wurde, wird abtransportiert. © dpa | Tom Wunderlich

Kurze Zeit später gab es Entwarnung. „Das sind ganz normale Zustellpakete gewesen mit handelsüblichem Inhalt“, betonte der Polizeisprecher. Über die Menge des gefundenen Stoffes sagte er: „Die Dosis, die man braucht, um zu sterben, wurde nicht erreicht.“

Der Betrieb im Versandzentrum Haldensleben mit 3000 Mitarbeitern wurde in der Nacht zu Mittwoch vorsichtshalber vorübergehend eingestellt. Dem Polizeisprecher zufolge wurde die Spätschicht früher entlassen, die Nachtschicht habe nicht begonnen. Dies sei eine Vorsichtsmaßnahme, weil zwei völlig gesund wirkende Menschen innerhalb kürzester Zeit gestorben seien.

Tote bei Hermes in Haldensleben: Bislang keine Hinweise auf Fremdeinwirkung

Ein Sprecher des Paketdienstes Hermes wollte sich am Dienstagabend zunächst nicht zu den Vorfällen äußern. „Wir wollen nicht spekulieren“, sagte er. Das Unternehmen wolle zunächst die Untersuchungsergebnisse der Polizei abwarten. Hinweise auf Fremdeinwirkung gab es laut Polizei zunächst nicht.

Bislang ist unklar, warum die Männer sterben mussten.
Bislang ist unklar, warum die Männer sterben mussten. © dpa | Tom Wunderlich

„Die Gedanken sind bei den Verstorbenen und ihren Familien“, sagte ein Sprecher. An dem Standort in Haldensleben wickelt Hermes neben der Lagerlogistik auch die Paketzustellung ab. (dpa/ba/jkali)