Berlin. Nach einigen Unfällen sorgen sich Freizeitpark-Besucher um die Gesundheit in Fahrgeschäften. Mitarbeiter können Sicherheitsrisiko sein.

Es gibt Autobahnen, da geht es gemächlicher zu als auf dieser Geschwindigkeitsmaschine. Auf einer Strecke von 1600 Metern rast und rattert die Achterbahn über Stahlschienen, mehr als 70 Meter fahren die Züge hinauf, dann sausen sie mit 127 Stundenkilometern in die Tiefe. Die Passagiere kreischen vor Freude und Adrenalin.

Der Silver Star im Europa-Park Rust bei Freiburg ist die höchste und schnellste Achterbahn Deutschlands, an guten Tagen gönnen sich fast 1800 Fans pro Stunde diesen Nervenkitzel. Doch momentan verzichten manche Besucher lieber. Nach mehreren schweren Unfällen auf vergleichbaren Anlagen in den letzten Wochen stellen sie sich die Frage, wie gefährlich eine Fahrt auf einer Achterbahn eigentlich ist.

Interessenvertreterinnen wie Petra Probst vom Verband der Deutschen Vergnügungsanlagenhersteller beschwören dieser Tage unablässig: „Achterbahnen in deutschen Freizeitparks sind sicher.“ Doch Stellungnahmen von Kontrolleuren lassen den Schluss zu, dass totale Sicherheit eine Illusion ist.

Achterbahn: Frau stürzt in den Tod

Zuletzt waren im Legoland im bayerischen Günzburg zwei Züge einer Achterbahn zusammengestoßen, mehr als 30 Menschen verletzten sich, zwei von ihnen schwer. Tage zuvor rutschte eine 57-Jährige durch den Sicherheitsbügel einer Achterbahn in einem Freizeitpark in Rheinland-Pfalz, fiel aus dem Waggon und starb. In beiden Fällen dauern die Ermittlungen an.

Die Technischen Überwachungsvereine und andere anerkannte Prüfstellen sehen die Verantwortung generell bei den Betreibern. Alle Fahrgeschäfte müssen zwar von unabhängigen Prüfern getestet werden, sagt Joachim Bühler, Geschäftsführer des TÜV-Verbands.

Die Achterbahn im Legoland in Bayern ist nach einem Zwischenfall momentan geschlossen.
Die Achterbahn im Legoland in Bayern ist nach einem Zwischenfall momentan geschlossen. © ddp

Der 44-Jährige weist indes darauf hin, dass die Eigentümer für die Sicherheit zu sorgen haben. Insbesondere Bügel und Anschnallgurte seien regelmäßig zu begutachten: „Vor jeder Fahrt muss überprüft werden, ob die besonders sicherheitsrelevanten Teile tatsächlich auch funktionieren und auch eingerastet sind“, so Bühler.

„Jeder kennt das: Man setzt sich in die Achterbahn, man setzt sich in ein Fahrgeschäft, der Bügel wird geschlossen, es macht ein Klack. Genau das muss von dem Personal auch kontrolliert werden, ob das tatsächlich der Fall ist. Erst dann darf losgefahren werden.“ Lesen Sie auch: Hüpfburgen: So gefährlich sind die Spaßbringer für Kinder

So werden Fahrgeschäfte in Freizeitparks kontrolliert

Sachverständige prüfen Achterbahnen in Freizeitparks im Auftrag der zuständigen Bauaufsicht üblicherweise einmal pro Jahr – vor Saisonbeginn. Die Fachleute untersuchen das Material auf Rost, Risse und Verformungen, führen Belastungstests mit Gewichten durch und fahren schließlich – eine angenehme Seite ihres Berufs – probeweise selbst mit. Grundsätzlich seien Fahrgeschäfte „auf einem sehr, sehr hohen Sicherheitsniveau“, meint Bühler.

Tatsächlich ist eine Achterbahnfahrt rechnerisch eine ziemlich sichere Angelegenheit. In Deutschland gibt es dem Statistischen Bundesamt zufolge fast 1700 Vergnügungs-, Freizeit- und Themenparks, außerdem unzählige Jahrmärkte. Verglichen mit der Anzahl der Fahrgeschäfte passiert nur selten etwas. „Die deutschen Sicherheitsvorschriften sind so hoch“, beruhigt Verbandssprecherin Petra Probst, „dass sie als Vorbild für europäische Normen genommen wurden.“

Dennoch können Unachtsamkeiten zu Katastrophen führen. Im Mai starb die 18-jährige Mitarbeiterin eines Fahrgeschäfts, als sie sich auf einer Kirmes in Emden nach einer verlorenen Brille bückte und von der Gondel einer Art Schiffsschaukel getroffen wurde.

Achterbahnen: Wenn etwas passiert, hat irgendwer nicht aufgepasst

Bei Unfällen spiele oft menschliches Versagen eine Rolle, sagt Probst. „Das ist ein Unsicherheitsfaktor.“ Auch Joachim Bühler weist darauf hin, dass Unfällen manchmal ein Bedienfehler vorausgehe – etwa weil ein Mitarbeiter zu früh anfahren lasse. Der Tod der 18-Jährigen passt ins Muster: Wenn in den letzten Jahren Menschen zu Schaden kamen, waren das dem Deutschen Schaustellerbund zufolge „fast ausnahmslos“ Arbeitsunfälle.

Was also können Besucher tun, um das Risiko zu minimieren? Vor allem sollten sie sich an die Vorgaben halten, erklärt Bühler. Wenn sich ein Betrunkener in die Achterbahn mogele oder ein Kind, das die Mindestgröße unterschreitet – dann gerate selbst ein gutes Sicherheitssystem an seine Grenzen.

Dieser Artikel erschien zuerst bei morgenpost.de.