Zum Ende dieser Bundesliga-Saison dreht sich das Trainerkarussell so heftig, dass einem schwindelig werden kann. Wer sitzt fest im Sattel?

Adi Hütter hat einen Lauf – leider in die falsche Richtung. Seine Eintracht, bis zum Frühjahr eine verschworene Gemeinschaft, verliert Spiel um Spiel und verpasst die längst sicher geglaubte Champions League.

Julian Nagelsmann hat einen Traum – er will mit RB Leipzig seinen ersten Pokal holen. Doch der Traum platzt im Finale wie eine Seifenblase. Mannschaft und Trainer gehen krachend unter.

Nun erwartet man, dass in einem so knallharten Geschäft wie der Bundesliga Verlierer entweder abgestraft werden oder demütig in die zweite Reihe abtauchen. Mitnichten! Wer als hoch gehandelter Trainer schlapp macht, wird am Ende belohnt: Nagelsmann darf künftig den FC Bayern coachen, Hütter wird schon als Fohlen-Retter in Mönchengladbach gefeiert, nachdem diese von Marco Rose ins Mittelmaß geritten wurden. Rose – mehr Niederlagen, als er zuletzt mit den Borussen erlitt, gehen auf keine Kappe – übernimmt in der kommenden Spielzeit den grandios durchgestarteten BVB.

Verkehrte Trainerwelt?

Ich meine, ja.

Um auf dem Rollrasen zu bleiben: Rose, Hütter und Nagelsmann haben ihre Verdienste. Ich respektiere sie. Vor allem die von Adi, der mit Frankfurt unvergessliche Europa-League-Schlachten schlug. Doch dann gab er zur Unzeit seinen Vereinswechsel bekannt. Wie auch Nagelsmann. Wie auch Rose.

Von da an ging’s steil abwärts. Für die Borussen, für die Eintracht, für… Okay, die sächsischen Rasenballer hatten einen komfortablen Vorsprung. Der schmolz zwar dahin, doch der Vizemeister ist ihnen nicht mehr zu nehmen. Dennoch: Viel Elend statt Glanz.

Warum?

Fahnenflüchtige Trainer sind offensichtlich für Fußballteams eine psychische Belastung. Die Bindung lockert sich, die Spannung lässt nach, die Euphorie verflüchtigt sich. Keine Einheit mehr zwischen Trainer und Spielern. Das lässt sich sogar messen. Wie eine Tabelle bei RTL Nitro zeigte, haben die drei Trainer nach Bekanntwerden ihrer Wechselabsicht mit ihren Teams durchschnittlich nur noch halb so viele Punkte geholt als davor.

Zur verkehrten Trainerwelt gehört aber auch, dass die Gewinner unbelohnt bleiben. Weil sie zu bescheiden sind? Weil sie nicht ihren Marktwert herausschreien, sondern die Liebe zum Verein leben?

Mag sein, ich bin ein hoffnungsloser Fußballromantiker. Meine Helden heißen Hansi Flick, Edin Terzic und Urs Fischer.

Der Ersatzmann Flick hat mit den Bayern in anderthalb Jahren sieben Titel geholt. Dem Nobody Terzic ist es gelungen, die Dortmunder jungen Wilden auf die Siegerstraße zu lenken. Er hat mit ihnen den Pokal errungen und den kaum noch für möglich gehaltenen Wiedereinzug in die Champions League geschafft. Fischer hat den Aufsteiger Union Berlin zu einer schlagkräftigen Offensiv-Truppe geformt und auf Platz sieben der Bundesliga katapultiert. Das ist Fußball mit Herz und Seele!

Gut, am Stuhl des Eisernen wird vorerst wohl niemand sägen. Doch was ist mit den beiden anderen?

Hansi Flick wurde von Bayerns Sportdirektor Hasan Salihamidžić weggebissen. Edin Terzic genoss – das ist jetzt eine sanfte Untertreibung – bei der BVB-Führungsriege lange Zeit das Image eines Hausmeisters in Trainingshosen. Nur, dass dieser die Spieler erreicht und fulminant motiviert hat. Terzic wird wohl seinen geliebten Verein verlassen, um nicht wieder zum Platzwart degradiert zu werden.

Dass man auch ohne Trainertausch erfolgreich Fußball spielen kann, beweist übrigens der SC Freiburg. Dort coacht seit zehn Jahren mit dem sympathischen Christian Streich ein und dieselbe Vaterperson.

Ich mag nicht nachtreten. Rose, Hütter und Nagelsmann sollen sich auf ihren neuen Posten bewähren. Vielleicht holen sie sogar, was ich Terzic und Flick von Herzen gewünscht hätte: die Champions-League-Krone für ein deutsches Bundesliga-Team.

Schade nur, dass in der Trainerfrage Spieler und Fans nicht mitentscheiden dürfen. Eine Rebellion gegen diese verkehrte Welt wäre aus meiner Sicht nicht verkehrt.