Berlin. Friedrich Merz will an diesem Wochenende neuer Vorsitzender der CDU werden. Wer sind seine stärksten Gegner, wer seine Unterstützer?

Friedrich Merz ist fast am Ziel: An diesem Sonnabend wird sich der 66-Jährige auf dem Online-Bundesparteitag der CDU zum neuen Vorsitzenden wählen lassen. Damit kommt der Sauerländer endlich dort an, wo er schon lange hinwill. Es ist bereits seine dritte Bewerbung um den Posten innerhalb von drei Jahren.

Doch anders als 2018 und 2021, als der Wirtschaftsfachmann zunächst im Wettbewerb gegen Annegret Kramp-Karrenbauer und später gegen den scheidenden Amtsinhaber Armin Laschet unterlag, ist Merz der Sieg diesmal nicht mehr zu nehmen. Als einziger Kandidat ist er konkurrenzlos.

Die CDU-Basis hatte im vergangenen Dezember bei der ersten Mitgliederbefragung in der Geschichte der Partei mit 62,1 Prozent sehr klar für Friedrich Merz gestimmt. Seine beiden Mitbewerber, der Außenpolitiker Norbert Röttgen und der ehemaligen Kanzleramtschef Helge Braun, erhielten deutlich weniger Zuspruch. Insofern ist die Wahl von Merz auf dem Parteitag eine Formsache. Mit Überraschungen ist nicht zu rechnen.

Viel spannender wird sein, wie Merz das neue Amt fortan führen wird. Auf wessen Unterstützung kann er bauen und vor wem muss er auf der Hut sein? Wo kann der neue CDU-Chef inhaltlich glänzen, wo hat er offene Flanken – und wie lebt Merz eigentlich privat? Ein Überblick:

Seine Freunde

Als neuer Vorsitzender hat der Finanzexperte Merz den Wirtschaftsflügel der CDU klar hinter sich. Einen Verbündeten und Mitstreiter bei Wirtschaftsthemen findet Merz künftig in Carsten Linnemann. Der 44-jährige Bundestagsabgeordnete aus Paderborn war zuletzt Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsunion der CDU/CSU und kandidiert jetzt für den Vize-Parteivorsitz.

Als weiterer Stellvertreter bewirbt sich der Konstanzer CDU-Bundestagsabgeordnete und Energie-Experte Andreas Jung. Er stammt dem CDU-Landesverband Baden-Württemberg, in dem sich viele erklärte Merz-Bewunderer tummeln. Mit Jung und Linnemann hat Merz damit gleich zwei Stellvertreter, der in vielem ähnlich denkt wie er. Merz selbst war zudem für rund zwei Jahre Vize-Präsident des CDU-Wirtschaftsrats. Auch dessen Rückhalt steht. Lesen Sie hier: Merz schließt Zusammenarbeit mit AfD kategorisch aus

Seine Gegner

Neben einer stattlichen Fan-Gemeinde hat Merz auch viele Kritiker und Gegner – in der Partei wie außerhalb. Mit seiner größten Widersacherin in der CDU, Angela Merkel, muss Merz zwar keine Konflikte mehr befürchten. Als Alt-Kanzlerin ist sie im politischen Ruhestand.

Gefährlich werden könnten Merz jedoch all jene im Partei- und Fraktionsapparat, die Merkel in den vergangenen Jahren treu zur Seite standen oder unter ihr Karriere gemacht haben. Übermäßiger Kooperationswillen wird er von ihnen nicht zu erwarten haben. Das betrifft etwa den Merkel-Getreuen Helge Braun, der jetzt Vorsitzender des mächtigen Haushaltsauschusses im Bundestag ist.

Auch von Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn dürfte der neue Parteichef keine all zu große Loyalität erwarten können. Spahn war 2018 als Kandidat für den Vorsitz gegen Merz unterlegen und unterstützte 2021 Laschet. Jetzt ist Spahn Fraktionsvize und hat damit Einfluss auf die politische Umsetzung von CDU-Programmatik in der Fraktion.

Seine Stärken

Merz ist ein hervorragender Redner und Machtstratege. Er ist schnell in der Analyse und lässt sich auf neue Debatten ein. Merz verkörpert für viele Anhänger jenen Führungswillen, den viele in der CDU zuletzt vermisst haben. Hintergrund: Union: Ist die Harmonie von Merz und Söder nur gespielt?

Seine Schwächen

Merz hat Probleme, sein großes Ego im Zaum zu halten. Politisch fehlt Merz der Draht zu Themen, die die jüngere Generation umtreiben. Auch die Anliegen von Frauen haben bei Merz nicht alleroberste Priorität. Die Gelegenheit etwa, eine Frau für das Amt der CDU-Generalsekretärin vorzuschlagen, ließ er verstreichen.

Bei gesellschaftspolitischen Themen ist Merz bisweilen auch nicht trittfest. Als Merz im September 2020 gefragt wurde, ob er sich einen homosexuellen Bundeskanzler vorstellen könnte, antworte er: „Solange sich das im Rahmen der Gesetze bewegt und solange es nicht Kinder betrifft“, sei das kein Thema für die öffentliche Diskussion.

Der Queer-Beauftragte der Ampel-Regierung, Sven Lehmann (Grüne) wirft Merz deshalb Homo-Feindlichkeit vor. „Dass Friedrich Merz Homosexualität mit Pädokriminalität, Gesetzeswidrigem und irgendwie Schmuddeligem in Verbindung bringt, zeigt, dass er ganz klar homofeindliche Muster im Kopf hat“, sagte Lehmann unserer Redaktion.

Mit gewisser Zurückhaltung blickt auch der CDU-Sozialflügel auf Merz. Der CDA-Bundesvize Dennis Radtke warnt vor einer zu wirtschaftsfreundlichen Ausrichtung der Partei auf Kosten von arbeitnehmerfreundlichen Positionen. Merz müsse sich „ein Stück weit von den Ultras in seiner Fankurve emanzipieren“. Auch der Vorsitzende der Arbeitnehmergruppe der Union, Axel Knoerig, sagte unserer Redaktion: „Wir müssen wieder erkennbar der Taktgeber für eine gute Arbeits- und Sozialpolitik für die Menschen werden.“

Privates

Merz stammt aus Brilon im Hochsauerlandkreis. Dort lebt er mit Ehefrau Charlotte, Direktorin am Amtsgericht Arnsberg. Merz hat drei erwachsene Kinder, einen Sohn und zwei Töchter, sowie mehrere Enkelkinder. Nach dem ersten Ausscheiden aus der Politik 2009 arbeitete er als Wirtschaftsanwalt. Zuletzt war er als Aufsichtsratchef beim US-Vermögensverwalter Blackrock tätig. Merz ist nach eigenen Angaben Millionär. Er ist Hobby-Pilot und besitzt ein Kleinflugzeug.

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(mit diz)