Berlin. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die G7-Länder in Elmau eng zusammenrücken lassen. Nicht nur gegen Wladimir Putin.

Olaf Scholz ist zufrieden. Während sich am Himmel ein Gewitter zusammenbraut, steht der Kanzler auf der kleinen Bühne vor der Kulisse von Schloss Elmau und spricht konzentriert von „intensiven und konstruktiven Tagen“ in ganz besonderen Zeiten.

Die Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Industrienationen, neben Deutschland sind das die USA, Kanada, Japan, Frankreich, Italien und Großbritannien, seien sich einig, mit aller Entschlossenheit der russischen Aggression gegen die Ukraine entgegenzutreten. Übereinkunft sei auch erzielt worden, am G20-Gipfel im November in Indonesien teilzunehmen, obwohl auch Russland dabei sein wird. „Wir werden uns da hinbegeben“, sagt Scholz.

Drei anstrengende Gipfeltage liegen hinter dem Bundeskanzler. Auch wenn die malerische Urlaubskulisse anderes vermuten lässt: Das Treffen der Staats- und Regierungschefs der G7-Länder war mehr als ein „Uhrenabgleich“, wie US-Präsident Joe Biden es genannt hatte. Für Scholz war es auch eine Bewährungsprobe, weil ihn die Vergleiche mit seiner Vorgängerin Angela Merkel begleiten, die am gleichen Ort für geschichtsträchtige Bilder gesorgt hatte.

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G7: Scholz sieht in Elmau große Einigkeit

Dem Bundeskanzler ging es vor allem um den Zusammenhalt, ein Wort, das oft fällt in diesen Tagen. „Entschlossen und geschlossen“ sollten die demokratischen Staaten in der Zeitenwende-Epoche auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, auf die Hungerkrise, den Klimawandel, die Pandemie, die explodierenden Energiepreise und die drohende Wirtschaftskrise reagieren. Was hat der Bundeskanzler auf dem Gipfel erreicht?

Scholz führte in sicherem Englisch die Gespräche, die harmonisch verliefen und von selten großem Einigungswillen geprägt waren, wie er betont. Joe Biden hatte gleich zu Beginn des Gipfels den Ton angegeben, als er den Kanzler über den grünen Klee lobte.

„Du hast großartige Arbeit geleistet“, sagte der US-Präsident; es sei Scholz‘ Verdienst, dass „wir hier so geschlossen stehen“. Ein Kompliment, das dem Kanzler nach der Kritik an seiner anfänglichen Zögerlichkeit guttun dürfte: „Putin darf diesen Krieg nicht gewinnen“, sagte er bei der Abschlusspressekonferenz entschlossen. Da seien sich alle einig.

Nicht nur bei der Haltung zum Krieg gegen die Ukraine herrschte Übereinstimmung. Die G7 wollen den Sanktionsdruck gegen Russland aufrechterhalten. Zudem sagten sie Präsident Wolodymyr Selenskyj weitere militärische, humanitäre und wirtschaftliche Unterstützung „so lange wie nötig“ zu und erklärten, es werde keine Entscheidung über die Ukraine ohne die Ukraine geben. In der Abschlusserklärung versprechen die G7 der Ukraine auch Hilfe für den Wiederaufbau nach dem Krieg. Dazu sei ein Marshall-Plan für die Ukraine geplant.

G7: Kampf gegen den Hunger ist große Herausforderung

Die Gäste aus Indien, Südafrika, Senegal, Argentinien und Indonesien, die Scholz nach Elmau eingeladen hatte, wollen dabei nicht mitmachen. Sie waren nicht zu überzeugen, sich den Sanktionen gegen Russland anzuschließen.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte sich besonders um den indischen Regierungschef Modi bemüht, aber Indien profitiert derzeit stark vom russischen Öl. „Als Demokratien blicken wir ähnlich auf die Welt“, sagte Scholz über seine Gäste, das erleichtere die Zusammenarbeit in Fragen von Klimaschutz, Energieversorgung und im Kampf gegen den Hunger. Doch der Krieg gegen die Ukraine wird aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet. Die Länder sehen ihn als regionales Problem. Kalte Schulter statt Schulterschluss in Elmau.

Fortschritte gab es beim Klimaschutz. Scholz‘ Idee eines internationalen „Klima-Clubs“ wurde in die Abschlusserklärung aufgenommen. Als eine Art Klima-Koalition der Willigen soll der Club Ende des Jahres entstehen. Das Ziel: die deutliche Minderung von Treibhausgas-Emissionen und die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens von 2015.

Auch der Kampf gegen die Hungerkrise, die der Krieg enorm verstärkt hat, nahm breiten Raum ein. Die G7-Staaten verpflichteten sich, weitere 4,5 Milliarden Dollar für die weltweite Ernährungssicherheit bereitzustellen, und riefen Russland dazu auf, die Blockade der ukrainischen Häfen ohne Bedingungen zu beenden. Entwicklungsorganisationen nannten die Zusagen unzureichend.

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