Der Atomausstieg in Deutschland kommt, jetzt aber wirklich. Warum das eine gute Sache ist – und mit Energiesicherheit wenig zu tun hat.

Jetzt aber wirklich. Am 15. April soll es kommen, das Ende der nuklearen Stromerzeugung in Deutschland. 62 Jahre wird es dann her sein, dass das erste Akw in Deutschland den kommerziellen Betrieb aufnahm. Es folgten ein erster beschlossener Ausstieg, ein Rückzieher, ein zweiter Ausstieg, schließlich ein paar quälende Wochen Diskussion um Streck- und Reservebetrieb und ein Kanzler-Machtwort im vergangenen Jahr.

Es ist gut, dass jetzt bald endgültig Schluss ist. Alles andere würde die Bestellung neuer Brennstäbe erfordern, wäre mithin ein erneuter Ausstieg aus dem Ausstieg. Das würde nicht nur das Vertrauen in die energiepolitischen Weichenstellungen der Bundesrepublik bis zur Lächerlichkeit strapazieren. Es wäre auch in der Sache falsch.

Der wichtigste Grund für den Atomausstieg bleibt das Risiko

Die Diskussion der letzten Monate hat es aus dem Blickfeld geschoben, doch das zentrale Argument für den Ausstieg aus der Atomkraft war immer das enorme Risiko der Technologie. 2011 brauchte es offenbar eine Katastrophe wie Fukushima, um zu demonstrieren, dass "unwahrscheinlich" nicht "unmöglich" ist, und wie furchtbar die Folgen im Ernstfall sind.

Theresa Martus / Funke Mediengruppe
Theresa Martus / Funke Mediengruppe © Reto Klar | Reto Klar

An diesen Risiken ändert eine Energiekrise nichts, und auch nicht die Tatsache, dass Teile des politischen Berlins gut 12 Jahre später ein eher kurzes Gedächtnis beweisen. Wie anfällig so ein Kraftwerkspark nach mehreren Jahrzehnten Betrieb ist – keines der noch laufenden deutschen Kraftwerke ist jünger als 25 Jahre – hat im Übrigen das vergangene Jahr in Frankreich gezeigt. Dort mussten wegen Wartungsarbeiten zahlreiche Akw längere Zeit vom Netz.

Begleitet wurde die wechselhafte Geschichte des Atomausstiegs in Deutschland immer wieder auch von der Warnung vor dem "Blackout": Ohne Atomkraft, mahnten die Befürworter der Technologie, könnten in Deutschland die Lichter ausgehen.

Mit einem Blackout ist nicht zu rechnen

Damit ist nicht zu rechnen. Atomkraft war zuletzt für rund sieben Prozent der Nettostromerzeugung in Deutschland verantwortlich. Kurz- und mittelfristig ist der Wegfall dieser Kapazitäten längst eingeplant, auch wenn angesichts der Energiekrise Kohle dabei jetzt wieder eine größere Rolle spielt als erhofft. Selbst in der Kombination aus Atomausstieg und Kohleausstieg schon 2030 kann die Versorgung laut Bundesnetzagentur gesichert werden.

Die größeren Fragezeichen gibt es langfristig. Denn bis zum Ziel einer zuverlässigen klimaneutralen Stromversorgung ist der Weg noch weit: Windkraft, Photovoltaik, Biomasse und andere erneuerbare Kapazitäten müssen in den kommenden Jahren rasant ausgebaut werden. Parallel dazu braucht es den Bau einer Reihe von flexibel einsetzbaren Kraftwerken, die zunächst mit Gas, dann mit Wasserstoff betrieben werden und einspringen können an windstillen, dunklen Wintertagen. Auch Speicher, die an anderen Tagen Überschüsse aufsammeln, sind nötig. Verbinden muss all die Erzeugungskapazitäten ein Netz, das in der Lage ist, intelligent, schnell und über weiter Strecken Strom zu transportieren. Und nicht zuletzt braucht es ein Strommarktdesign, das für all das die wirtschaftlichen Voraussetzungen schafft.

Nichts davon wird einfacher, wenn weiterhin Geld und politische Energie investiert werden in riskante, schwerfällige Kraftwerke, die am Ende nicht entscheidend sind für das Gelingen der Energiewende in Deutschland.

Die Aufgabenbeschreibung für die Energiepolitik ist nicht trivial, noch bleiben viele Fragen. Doch Atomkraft, zumindest das lässt sich sagen, wird kein Teil der Antwort sein.