Erfurt. Für den Stillstand in der Thüringer Bildungspolitik hagelt es vom Lehrerverband heftige Kritik. Demnächst werden Hunderte Pädagogen in Rente gehen.

Der Vorsitzende Rolf Busch fordert Maßnahmen gegen den Lehrermangel und kritisiert die Parteien im Parlament mit deutlichen Worten. Der Thüringer Lehrerverband sieht Stillstand in der Bildungspolitik und hat die Abgeordneten aller Fraktionen im Thüringer Landtag scharf kritisiert.

Alle im Parlament vertretenen Parteien hätten im Wahlkampf als eines ihrer wichtigsten Ziele die Bekämpfung des Lehrermangels definiert, sagte der Chef des Thüringer Lehrerverbandes (tlv), Rolf Busch am Freitag in Erfurt. Passiert sei aber nichts, besonders seit der Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten am 5. Februar herrsche Stillstand in der Bildungspolitik. „Wir halten diesen Zustand für nicht vertretbar“, sagte Busch.

Mehr als 900 Thüringer Lehrer gehen in Rente

Man habe nach der Landtagswahl zu einer Koalition der Vernunft aufgerufen, damit die ersten Maßnahmen gegen den Lehrermangel zügig auf den Weg gebracht würden. Laut Busch geht es aber nicht voran. „Es ist nicht eine angespannte Situation, sondern es ist eine katastrophale Situation.“

Nach Einschätzung des Lehrerverbands müssten sofort mindestens rund 1300 eingestellt werden, um den Unterricht abzusichern. Weitere rund 600 Pädagogen seien nötig, um die hohe Zahl langzeiterkrankter Lehrer abzufedern, hieß es. Busch rechnet damit, dass deutlich mehr als die prognostizierten rund 900 Lehrer in Rente gehen werden, etliche verfrüht, „weil sie nicht mehr können“.

Forderung digitalem Einstellungsverfahren

Busch kritisierte die Thüringer Parlamentarier für die Wahl Kemmerichs, die eine Regierungskrise auslöste. „Man hat damit großen Schaden angerichtet für die Thüringer Schulen“, sagte Busch und betonte, dass die vergangenen Wochen verlorene Zeit gewesen seien.

So fordere unter anderem auch die Möglichkeit für angehende Lehrer, online an einem Bewerbungsverfahren teilzunehmen. Außerdem müsse das Einstellungsverfahren deutlich schneller gestaltet werden. Erneut sprach er sich dafür aus, dass sich Lehrer auf Jobsuche direkt an der jeweiligen Schule bewerben können sollen.

Eine Sprecherin des Thüringer Bildungsministeriums sagte, dass es nach wie vor sehr schwierig sei, für bestimmte Regionen und Fächer ausreichend Lehrer zu finden. Man arbeite aber daran, das Einstellungsverfahren zu vereinfachen und Bewerbungen komplett online zu ermöglichen. „Wir rechnen damit, dass bis zum Sommer das Einstellungsverfahren komplett digitalisiert ist“, sagte die Sprecherin.

In diesem Zusammenhang gebe es auch Überlegungen, die Anerkennung von Abschlüssen und Qualifizierungen von Seiteneinsteigern zu vereinfachen. Wann dies umgesetzt werden könne, sei aber noch unklar.