Berlin. Das Bundeskabinett hat eine Neuaufteilung des CO2-Preises für Mieter und Vermieter beschlossen. So sollen Mieter entlastet werden.

Die Ampel-Koalition hat sich auf eine Neuaufteilung des CO2-Preises beim Wohnen geeignet. Bisher müssen die Mieter den CO2-Preis allein schultern, künftig sollen sie entlastet werden.

Das Bundeskabinett billigte am Mittwoch eine entsprechende Gesetzesvorlage. Unsere Redaktion beantwortet die wichtigsten Fragen.

Was müssen Mieterinnen und Mieter künftig zahlen?

Seit dem vergangenen Jahr fällt der CO2-Preis für das Heizen an. Für jede Tonne CO2, die etwa beim Heizen mit Öl oder Gas anfällt, werden in diesem Jahr 30 Euro fällig. Umgerechnet auf den Liter Heizöl macht das 9,5 Cent aus, beim Erdgas betragen die Kosten rund sieben Cent pro Kilowattstunde. Für eine 50-Quadratmeterwohnung werden damit bei durchschnittlichem Verbrauch rund 65 Euro für die Mieter fällig, wenn diese mit einer Ölheizung heizen.

Bei der Gasheizung fallen rund 35 Euro pro Haushalt an. Der CO2-Preis wird weiter steigen: im kommenden Jahr auf 35 Euro, im übernächsten Jahr auf 45 Euro und im Jahr 2025 auf 55 Euro. Nun hat sich die Ampel-Koalition darauf verständigt, dass die Mieter den CO2-Preis allerdings nicht mehr allein zahlen müssen. Stattdessen soll ein Stufenmodell die Kosten zwischen Mietern und Vermietern aufteilen.

Wie sieht das neue Stufenmodell aus?

SPD, Grüne und FDP haben sich darauf geeinigt, dass in Abhängigkeit vom Verbrauch ein Stufenmodell eingeführt werden soll. In besonders gut sanierten Gebäuden, die einen Effizienzhausstandard 55 aufweisen, müssen Mieter demnach auch weiterhin den vollen CO2-Preis zahlen. In schlecht gedämmten Gebäuden dagegen zahlen Mieter nur noch 10 Prozent des CO2-Preises, der Vermieter muss für die übrigen 90 Prozent aufkommen.

So teilen sich die Stufen auf:

• Weniger als 12 Kilogramm CO2 pro Quadratmeter und Jahr: Anteil Mieter: 100 Prozent / Anteil Vermieter: 0 Prozent

• 12-17 Kg CO2/m2/a: Anteil Mieter: 90 Prozent / Anteil Vermieter: 10 Prozent

• 17-22 Kg CO2/m2/a: Anteil Mieter: 80 Prozent / Anteil Vermieter: 20 Prozent

• 22-27 Kg CO2/m2/a: Anteil Mieter: 70 Prozent / Anteil Vermieter: 30 Prozent

• 27-32 Kg CO2/m2/a: Anteil Mieter: 60 Prozent / Anteil Vermieter: 40 Prozent

• 32-37 Kg CO2/m2/a: Anteil Mieter: 50 Prozent / Anteil Vermieter: 50 Prozent

• 37-42 Kg CO2/m2/a: Anteil Mieter: 40 Prozent / Anteil Vermieter: 60 Prozent

• 42-47 Kg CO2/m2/a: Anteil Mieter: 30 Prozent / Anteil Vermieter: 70 Prozent

• 47-52 Kg CO2/m2/a: Anteil Mieter: 20 Prozent / Anteil Vermieter: 80 Prozent

• Mehr als 52 Kg CO2/m2/a: Anteil Mieter: 10 Prozent / Anteil Vermieter: 90 Prozent

Wie erfahren Mieter und Vermieter, welchen CO2-Preis sie tragen müssen?

Der Vermieter ist laut des Gesetzesentwurfs aufgefordert, den Brennstoffverbrauch und den CO2-Ausstoß für das jeweils zurückliegende Abrechnungsjahr zu berechnen und anschließend durch die Gesamtwohnfläche des Gebäudes zu teilen. Anschließend muss der Vermieter über das Stufenmodell ermitteln, wie die Aufteilung konkret aussehen soll.

Da allerdings die Abrechnungszeiträume für Brennstoffe durchaus häufig andere als die Abrechnungszeiträumen der Mieten sind, müssen die Vermieter den CO2-Preis bisweilen mit Zwischenschritten errechnen – etwa indem sie den Abrechnungszeitraum anhand mehrerer Rechnungen feststellen oder beim Heizöl vor einem neuen Abrechnungszeitraum den Vorrat erfassen und diese später mit Lieferungen verrechnen.

Wäre das nicht auch einfacher gegangen?

Aus Sicht der Ampel-Koalitionäre hat man bereits ein einfaches Modell gefunden. „Das Ziel ist es, Streit zu vermeiden“, sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann bei der Vorstellung des Ergebnisses am Mittwoch in Berlin.

Allerdings gestand der FDP-Politiker auch ein, dass man nach einem Weg suche, um das Modell perspektivisch weiter zu vereinfachen – etwa mit Verbrauchsausweisen, aus denen die Zahl direkt ablesbar ist. Weil es diese Verbrauchsausweise aber für viele Haushalte noch nicht gebe, habe man sich zunächst für den Weg der Berechnung entschieden.

Ab wann gilt das neue Modell?

Ab dem 1. Januar 2023 soll das Stufenmodell gelten. Im Koalitionsvertrag hatten sich SPD, Grüne und FDP eigentlich darauf verständigt, das Stufenmodell bereits zum 1. Juni des aktuellen Jahres einführen zu wollen. Klappe dies nicht, würde man den Preis hälftig aufteilen, hatten die Koalitionäre vereinbart. Entsprechend groß ist der Ärger beim Deutschen Mieterbund, dass die Aufteilung nun erst 2023 kommt. Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) verteidigte die Einigung: „Wir schlagen dieses Datum vor, damit wir nicht unterjährig mitten in der Abrechnungsphase die Systematik ändern.“ Allerdings ist das Datum vor allem ein Zugeständnis an die FDP, die auf einen Start der Neuregelung erst ab 2023 gedrungen hatte.

Gibt es Ausnahmen?

Vermieter von denkmalgeschützten Häusern können teilweise oder auch vollständig von ihrem Anteil des CO2-Preises befreit werden. Nutzen Mieterinnen und Mieter einen eigenen Gasherd, werden dem Vermieter pauschal fünf Prozent des CO2-Kostenanteils abgezogen.

Wie ist die Regelung bei Nicht-Wohngebäuden?

Bei Nichtwohngebäuden, also beispielsweise Geschäftsräumen, teilen sich Vermieter und Mieter den CO2-Preis. Ab 2026 soll auch für Nichtwohngebäude ein Stufenmodell entwickelt werden.

Was ist das Ziel der Neuverteilung?

Der CO2-Preis soll einen Anreiz für die Vermieter schaffen, ihre Gebäude zu sanieren – denn der Gebäudesektor gilt als Sorgenkind bei der Erreichung der Klimaziele. Allerdings gibt es ein klassisches Mieter-Vermieter-Dilemma: Die Mieter können die Vermieter nicht zur energetischen Sanierung zwingen, die Vermieter wiederum haben kaum Einfluss auf das Verbrauchsverhalten der Mieter.

Die Neuaufteilung des CO-Preises soll nun beide Parteien in die Pflicht nehmen. „Es setzt gerade dort Anreize für energetische Sanierungen, wo diese viel bewirken. Es ist bürokratiearm – und deshalb auch für private Vermieter handhabbar, die nur eine einzelne Immobilie vermieten“, sagte Buschmann. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nannte die Lösung „sozial gerecht“.

Der Deutsche Mieterbund hingegen kritisiert, dass Mieter auf der einen Seite 100 Prozent zahlen müssen, auf der anderen Seite der Vermieter selbst bei schlecht gedämmten Gebäuden aber nur 90 Prozent. Auch Verbraucherschützer kritisierten die Pläne.

Aber auch der Eigentümerverband Haus und Grund stört sich an dem Modell, dort sieht man die Mieter in der Pflicht, die selbst entscheiden würden, wie viel sie heizen oder duschen würden. Die Unionsfraktionen bemängelten, dass sich das neue Modell am Verbrauch und nicht am tatsächlichen Zustand des Gebäudes orientiere. Bundesbauministerin Geywitz sieht den Energieverbrauch aber „eindeutig verbunden mit dem Zustand des Gebäude.“

Dieser Artikel erschien zuerst auf waz.de.