Berlin. Der Nächste bitte! Schon wieder tauscht Kremlchef Wladimir Putin einen Kommandeur in der Ukraine aus. Er lenkt vom eigenen Versagen ab.

Bei seinen Generälen verliert Wladimir Putin schnell die Geduld. Zum dritten Mal hat der Kremlchef einen Oberbefehlshaber der russischen Truppen im Ukraine-Krieg neu installiert – in weniger als einem Jahr. Die Kommandogewalt geht auf Waleri Gerassimow über.

Er ist Generalstabschef der russischen Streitkräfte, formal schon höchster Offizier im Staat. Fortan führt er direkt die Operationen in der Ukraine. Damit wird eine russische Offensive wahrscheinlicher, was zu den Spekulationen über eine neuerliche Mobilmachung passt. Lesen Sie auch: Putin: Stellt er wirklich eine halbe Million Soldaten auf?

Erst der Schlächter von Syrien, dann General Armageddon

Als die "New York Times" Ende Dezember eine Story über "Russlands Scheitern" veröffentlichte, trug das zweite Kapitel den Titel "Hybris". Selbstredend kann Putins Kriegsentscheidung nicht falsch sein. Da die "militärische Spezialoperation" aber nun mal nicht nach Plan läuft, setzte die Fehlersuche bei anderen ein: Zunächst bei den Geheimdiensten, danach auch bei der militärischen Führung.

Hohe Verluste, Munitionsmangel, Rückzüge und Rückschläge: Das ist der Hintergrund dafür, dass Putin zum wiederholten Male die Pferde mitten im Rennen wechselt. Dabei gibt es viele Hinweise darauf, dass die Fehleinschätzungen auf Putin selbst zurückgehen:

  • Er nahm an, dass die Ukraine kein echter Staat sei und die Bürger die Russen als Befreier willkommen heißen würde.
  • Das führte dazu, dass die Angreifer mit einer zu kleinen Armee einfielen und zu viele Angriffe an vielen Fronten führten.
  • Die ukrainischen Streitkräfte wurden sträflich unterschätzt.

Im April setzte Putin Aleksandr Dvornikov ein und bügelte schon damals einen Fehler aus. Bis dahin gab es gar keinen zentralen Kommandeur: Kein einheitliches Kommando, keine gemeinsame Einsatzplanung. Dem Neuen eilte ein zweifelhafter Ruf voraus. Man nannte ihn den Schlächter von Syrien. Er sollte die Wende bringen.

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Dvornikov musste bei den Kämpfen im Donbass trotz Artillerie-Überlegenheit hohe Verluste hinnehmen. Auch gelang der Ukraine im August auf der Krim ein Wirkungstreffer. Nach vielen Explosionen, so etwa auf einem Militärflughafen, musste ein Schuldiger her.

Oberbefehlshaber soll Putins Maximalziele durchsetzen

Im Oktober übertrug Putin die Großinvasion dann Luftwaffengeneral Sergej Surovikin, genannt General Armageddon – die Wunschbesetzung der Hardliner und der paramilitärischen Wagner-Gruppe. Auf den bulligen Glatzkopf geht die massive und systematische Bombardierung der ukrainischen Infrastruktur zurück.

Die Begründung für Surowikins Absetzung lässt tief blicken: Nachfolger Gerassimow soll "die Effektivität des Militäreinsatzes" steigern. Surowikin muss sich ihm unterordnen und bekommt im Generalstab zwei Generäle zur Seite gestellt. Er wird abgestraft.

Fast vergessen ist, dass Gerasimow Putins Invasionspläne im Februar unterstützt hatte. Unklar ist, ob mit ihm jetzt mehr Realismus einkehrt oder er Putins Maximalziele mit aller Macht durchsetzen soll. Denn Russland hält ausdrücklich an seinen Kriegszielen fest, wie Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag klarmachte.

Ukraine-Krieg – Hintergründe und Erklärungen zum Konflikt

Die annektierten Gebiete Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson sollten vollständig eingenommen werden. Peskow: "Alle bisherigen Ziele bleiben auf der Tagesordnung.“ Auch interessant: Deswegen will die Ukraine unbedingt diesen deutschen Panzer