Berlin. Chinas Staatschef stützt Russlands Kriegspräsidenten. Das Gipfeltreffen ist eine Machtdemonstration – Europa sollte genau hinschauen.

Wer jemals in Samarkand war, vergisst es nie. Die Innenstadt steht als Schnittpunkt der Kulturen seit 2001 auf der Liste des Unesco-Welterbes. Samarkand liegt an der alten Seidenstraße und ist durch den Handel zu Wohlstand gekommen.

Warum der chinesische Staatschef Xi Jinping ausgerechnet mit seinem Besuch in Kasachstan und Usbekistan seine fast zweijährige Reiseabstinenz beendet hat, hat wohl auch damit zu tun. Erstmals seit Ausbruch der Pandemie hat der 69-Jährige China verlassen, um Stärke zu demonstrieren und Zeichen zu setzen. Das Treffen mit dem russischen Kriegspräsidenten Wladimir Putin gehört dazu. Es ist ein Ausrufezeichen.

Ukraine-Krieg: Xi bleibt an Putins Seite

Die ganz offiziell so bezeichnete, „grenzenlose Partnerschaft“ zwischen China und Russland besteht auch während Putins Feldzug weiter. Allerdings veränderte der Krieg die Koordinaten.

Die Sanktionen gegen Russland haben Putin in die Defensive gebracht. Xi Jinping diktiert die Bedingungen für die gemeinsamen Projekte und verschafft dem russischen Machthaber durch die guten Geschäfte mit seinem Land die Finanzmittel, die er braucht. China ist inzwischen der größte Ölkunde Russlands, aber nicht wirklich darauf angewiesen.

Ukraine-Krieg: Russland braucht China

Russland braucht China mehr als China Russland – mit steigender Tendenz. Das dürfte dem chinesischen Staatschef gefallen, auch wenn er die erfolgreiche ukrainische Kriegsoffensive sicherlich mit Sorge betrachtet. Schwäche ist keine Währung im Reich der Autokraten.

Funke Medien Gruppe / Mitarbeiter: Gudrun Büscher
Funke Medien Gruppe / Mitarbeiter: Gudrun Büscher © Reto Klar | Reto Klar

Denn es geht um viel mehr als um gute Geschäfte und Abhängigkeiten. Es geht um Werte und Weltanschauungen – um den Kampf der politischen Systeme und Einflusssphären, um eine neue Weltordnung. Nichts eint Xi und Putin mehr als die Gegnerschaft zu den USA.

Indien profiert vom günstigen Öl und Gas

Das macht der zweitägige Gipfel der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) mehr als deutlich. Die SCO, die im Westen kaum jemand wahrnimmt, ist ein Zusammenschluss von Ländern, die nicht nur wirtschaftlich zusammenarbeiten, sondern auch militärisch. Auch Indien gehört seit wenigen Jahren dazu, und Iran. 40 Prozent der Weltbevölkerung sind in der SCO vertreten.

Genauso wie EU und Nato wächst auch die SCO. Erklärtes Ziel ist der Gegenpol zu den westlichen Bündnissen und den USA – dort wächst eine Achse der Alleinherrscher, die immer antiwestlicher wird.

So treffen sich in Samarkand viele Putin-Versteher. Der indische Premier Narendra Modi stärkt ihm nicht nur als guter Kunde günstiger Energie den Rücken. Auch der iranische Regierungschef Ebrahim Raisi ist da, der die Vollmitgliedschaft in der SCO unterzeichnen will. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan wollte ebenfalls kommen – als Gast.

Selenskyj sollte nicht um Unterstützung betteln müssen

Die Haltung zum Westen und dem Krieg gegen die Ukraine ist allen klar: Der chinesische Parlamentschef Li Zhanshu, Nummer 3 in der Pekinger Hierarchie, hat sie kurz vor dem Treffen klar umrissen: China unterstütze Russlands Interessen, sagte er. „Wir sehen, dass die USA und ihre Nato-Verbündeten ihre Präsenz nahe der russischen Grenze ausweiten, was die nationale Sicherheit und das Leben russischer Bürger ernsthaft bedroht.“

Man kann es nicht oft genug sagen: In diesem Krieg verteidigt die Armee von Wolodymyr Selenskyj nicht nur die Ukraine gegen die Übermacht Russlands, sondern auch die Freiheit und das Recht auf Selbstbestimmung – die Werte des Westens. Und der ukrainische Präsident sollte in diesem Kampf nicht immer um angemessene Unterstützung betteln müssen.

Ukraine-Krieg – Hintergründe und Erklärungen zum Konflikt

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.