Berlin. Kevin Kühnert hatte 370.000 Follower auf Twitter. Nun hat er seinen Account deaktiviert. Die Begründung lieferte er – auf Instagram.

Der Twitter-Account des SPD-Generalsekretärs Kevin Kühnert ist seit Montagnachmittag nicht mehr zu erreichen. Warum das Profil deaktiviert wurde, war zunächst nicht bekannt. Nun erklärte Kühnert, der auf der Plattform unter dem Namen "@kuehnikev" auftrat und mhr als 370.000 Follower und Followerinnen hatte, dass er den Account selbst deaktiviert hat.

"Twitter habe ich persönlich ja jetzt seit Monaten kaum noch verwendet", sagte Kühnert am Montagabend in einem Live-Gespräch auf Instagram mit SPD-Chef Lars Klingbeil. "Ich habe eigentlich kaum was geschrieben, ich habe auch nicht mehr ansatzweise so viel gelesen, wie ich es früher gemacht habe."

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert bei einer Pressekonferenz in Berlin.
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert bei einer Pressekonferenz in Berlin. © Kay Nietfeld/dpa

In den vergangenen Wochen und Monate habe er viel darüber nachgedacht, wo er seine Informationen herbekomme, sagte Kühnert weiter. "Auf Grundlage welcher Stimmungen bilde ich mir eine Meinung, wie die gesellschaftliche Atmosphäre ist, wie die Menschen in Deutschland und auch sonst zu etwas stehen."

Dabei sei er gerade seit Beginn des Krieges in der Ukraine zu dem Schluss gekommen, dass er das, "was ich gerade brauche, an ausgewogener Information, an Nachdenklichkeit auch manchmal" auf Twitter einfach nicht gefunden habe. Kühnert erklärt, er habe nicht immer nur "steile These", sondern auch mal ein "Fragezeichen" haben wollen.

"Dann habe ich das runtergefahren", sagte der SPD-Generalsekretär weiter. Der aktuelle "Stein des Anstoßes" seien aber Reaktionen auf ein Interview am Montagmorgen gewesen.

Kühnert: Heftige Kritik wegen Ukraine-Äußerungen

Kurz vor der Deaktivierung des Accounts hatte der SPD-Politiker noch einmal die gesamte Härte des Kurznachrichtendienstes erfahren müssen. Viele Nutzer und Nutzerinnen, aber auch Stimmen aus Politik und Medien, hatten Kühnert nach einem anderen Interview heftig für seine Äußerungen zum Ukraine-Krieg kritisiert.

Am Morgen hatte er sich in der ntv-Sendung "Frühstart" die Haltung der SPD und von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bekräftigt, nicht ohne Absprachen mit den Bündnispartnern moderne Panzer westlicher Bauart in die Ukraine zu liefern. Deutschland solle nicht "schleichend in den Krieg hineingezogen" werden oder Russland gar dazu "animieren", irrational zu handeln und womöglich noch andere Länder anzugreifen.

In dem Gespräch mit Klingbeil schilderte Kühnert, dass er sich in daraus entstandenen Meldungen "sinnentfremdend" wiedergegeben fühlte. Doch das Ende seines Twitter-Profils kam erst durch die Mitteilung eines Mannes in die Gänge.

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Kevin Kühnert: Melnyk-Tweet löste Diskussion aus

Kurz nach dem Fernsehinterview habe Kühnert eine Benachrichtigung von Twitter erhalten, dass er in einem Beitrag markiert worden sei – und zwar unter anderem von dem scheidenden ukrainischen Botschafter Andrij Melnyk.

"Diese katastrophale Verweigerungspolitik der SPD und der Ampel, die Ukraine ausgerechnet in diesem kritischen Moment militärisch im Stich zu lassen, wird verheerende Folgen für die Zukunft haben", twitterte Melnyk.

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"Ja, da kam dann vieles zusammen", sagte Kühnert nun am Abend. Deswegen habe er seinen Account erstmal deaktiviert. Seine Entscheidung sei aber kein politisches Statement gegen soziale Netzwerke oder gegen Andrij Melnyk.

Kühnert: Twitter "nicht das richtige Medium"

Früher am Abend hatte Kühnert seinen Schritt bereits in einem Interview mit dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (RND) erklärt. Dort hatte er sich ähnlich geäußert: Die Diskussionskultur auf Twitter führe zu "Fehlschlüssen und Irrtümern in politischen Entscheidungen", so Kühnert. Das liege vor allem daran, wie Teile der Gesellschaft bei Twitter "repräsentiert oder absolut gar nicht repräsentiert" seien.

Auch dem RND gegenüber hatte Kühnert erklärt, dass er Twitter ohnehin nicht mehr viel genutzt habe. "Das scheint für meine politische Arbeit gerade nicht das richtige Medium zum Senden und Empfangen zu sein", resümierte er. Anders scheint Kühnert das bei Instagram zu sehen: Dort dürfte der SPD-Politiker seiner Gesprächsrunde mit Klingbeil zufolge aber weiterhin erhalten bleiben. Vorerst.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.