Berlin . Der Ex-Kanzler auf Geheimbesuch bei Putin. Hat Schröder seinem Freund ins Gewissen geredet oder wollte er nur sein Lebenswerk retten?

Eine solche Geheimmission eines ehemaligen deutschen Regierungschefs hat es noch nie gegeben. Gerhard Schröder (77) hat nach übereinstimmenden Medienberichten in Moskau heimlich Russlands Präsident Wladimir Putin getroffen. Laut „Bild am Sonntag“, „politico“ und dpa soll Schröder bereits am Donnerstag Putin mehrere Stunden lang gesprochen haben. Am Freitag habe es ein weiteres Gespräch mit einem engen Berater Putins gegeben.

Am Samstagmorgen soll der Altkanzler mit seiner Ehefrau So-yeon Schröder-Kim Moskau wieder verlassen haben. Von Gerhard Schröder gab es bislang keinerlei Erklärung zu seinen Gesprächen, lediglich Schröder-Kim postete ein Foto, das sie im Kempinski-Hotel betend vor einem Fenster zeigt. Im Hintergrund sind die beleuchteten Mauern des Kreml zu sehen.

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Ex-Kanzler geht auf Reisen: Wusste die SPD vom Putin-Besuch?

Die große Frage bei Schröders mysteriöser Reise ist: Wer hat die Mission initiiert und mit wem war sie abgestimmt? Bundeskanzler Olaf Scholz wurde am Rande des EU-Gipfels in Versailles dazu befragt und erklärte: „Das muss und kann ich zum jetzigen Zeitpunkt gar nicht kommentieren“. Allerdings werde man „sicherlich die Ergebnisse zur Kenntnis nehmen können und auch einbeziehen können, in all das, was wir an eigenen Anstrengungen unternommen haben“.

Auch in der SPD-Spitze will man offiziell nichts von Schröders Reiseplänen gewusst haben, allerdings vermeidet man, die Schröder-Reise vorschnell zu verurteilen. SPD-Chef Lars Klingbeil, der Schröder in den vergangenen Tagen hart kritisiert hatte, sagte bei „Maybrit Illner“: „Alles was hilft, um diesen furchtbaren Krieg zu beenden, ist ja willkommen“. Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnik, berichtete, dass Schröder der ukrainischen Regierung indirekt über den Schweizer Ringier-Verlag seine Vermittlungsdienste angeboten habe.

Melnik sagte in Bild TV: „Es gibt nicht so viele Menschen weltweit und auch in Deutschland vielleicht, die die diesen persönlichen Draht zu Putin haben“. Der Botschafter erwartet, dass sich Schröder kurzfristig zu den Ergebnissen seiner Reise nach Moskau äußern werde.

Hat Schröder etwas bei Putin erreicht? Experten zweifeln

Altbundeskanzler Gerhard Schröder war seit Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine wegen seiner Nähe zu Putin und seiner Tätigkeiten für die russischen Staatsunternehmen Gazprom und Rosneft stark unter Druck geraten. Ehemalige SPD-Vorsitzende distanzierten sich von ihm, der BVB und der deutsche Fußball-Bund entzogen ihm die Ehrenmitgliedschaft und sogar die Stadt Hannover will ihm – wie Adolf Hitler im Jahr 1978 - die Ehrenbürgerwürde nehmen. Niedersachsens Ministerpräsident Gerhard Weil (SPD), der Schröder gut und lange kennt, äußerte sich im „Handelsblatt“ skeptisch, ob Schröder mit seiner Moskau-Reise irgendetwas erreichen könne.

Vertraute berichten, Schröder habe die breite Kritik wegen seiner Posten und der Nähe zu Putin sehr zugesetzt und er habe sich zu dieser Reise entschieden, damit er seinen Ruf und sein Lebenswerk wenigstens ein Stück weit retten kann.

Gerhard Schröder ist seit seiner Zeit als Bundeskanzler persönlich mit Wladimir Putin befreundet und wird für seine Aufsichtsratsmandate in russischen Unternehmen hoch bezahlt. Schröder hatte Wladimir Putin bereits 2004 als „lupenreinen Demokraten“ bezeichnet und war dafür weltweit kritisiert worden. Als Putin 2018 – nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim – für weitere sechs Jahre ins Präsidentenamt gewählt wurde, reiste Schröder nach Moskau und war einer der ersten Gratulanten, die Putin mit Handschlag beglückwünschen durften.

Dieser Artikel erschien zuerst auf www.waz.de

Ukraine-Krieg – Hintergründe und Erklärungen zum Konflikt