München. Chinas oberster Außenpolitiker Wang Yi kündigt auf der Münchener Sicherheitskonferenz einen Friedensplan an. Kamala Harris warnt aber.

Ringt sich China doch zum großen Vermittler im Ukraine-Krieg auf? Kurzzeitig kommt am zweiten Tag der Münchner Sicherheitskonferenz am Sonnabend Hoffnung auf. „Die Souveränität und territoriale Integrität aller Länder muss geachtet werden“, sagt Wang Yi, Chinas ranghöchster Außenpolitiker. „Das Eingreifen in interne Angelegenheiten anderer Länder verstößt gegen die Normen internationaler Beziehungen.“

Es klingt, als übe Peking Kritik am russischen Einmarsch in die Ukraine. Doch dann kommt der Zusatz: „Auch legitime Sicherheitsinteressen müssen gewahrt werden.“ Mit dem Stichwort, dass die eigenen „Sicherheitsinteressen“ durch die Nato bedroht seien, hatte Moskau die Invasion in die Ukraine gerechtfertigt. Auffällig auch, dass Wang den Krieg in der Ukraine als „Krise“ bezeichnet – eine Verharmlosung angesichts der heftigen Gefechte.

Münchener Sicherheitskonferenz: „Wir wollen kein Öl ins Feuer gießen"

China werde demnächst ein Positionspapier zur Beilegung des Konflikts vorlegen, kündigt Wang an. „Wir wollen kein Öl ins Feuer gießen, sondern Friedensgespräche ermöglichen“, betont Wang. Moskau und Kiew müssten miteinander reden.

Beim Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Freitag hatte Wang den Plan bereits angekündigt. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) lobt die angekündigte Friedensinitiative Chinas, schließt aber zugleich jegliche Gebietsabtretungen an Russland aus. Dass Wang bei seinem Besuch in Moskau mäßigend auf die Kreml-Führung einwirkt, darf bezweifelt werden.

Chinas Beziehungen zu Russland sind doppelbödig. Man könnte sie als „pro-russische Neutralität“ bezeichnen. Einerseits sieht sich Peking wie Moskau in der Konfrontation mit dem Westen, dem beide politische, militärische und wirtschaftliche Hegemonie vorwerfen. Anderseits gibt es immer wieder Momente, bei denen sich Chinas Präsident Xi Jinping von Kremlchef Wladimir Putin distanziert.

Ukraine-Krieg: XI zieht rote Linien

So setzte sich Xi von den wiederkehrenden Drohungen Putins ab, unter Umständen im Ukraine-Krieg Atomwaffen einzusetzen. Beim G20-Gipfel Mitte November in Bali unterschrieben alle Staaten außer Russland die Abschlusserklärung, wonach die Benutzung von Nuklearwaffen tabu sei.

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Bereits beim Besuch von Kanzler Scholz Anfang November hatte Xi rote Linien gezogen. Im Gespräch mit Scholz habe Chinas Staatschef betont, die internationale Gemeinschaft müsse „gemeinsam den Einsatz von und die Drohung mit Atomwaffen ablehnen“. Ein deutlicher Wink Richtung Moskau, dass Peking eine nukleare Eskalation um jeden Preis vermeiden will.

Bei einem Treffen kurz vor der Eröffnung der Olympischen Winterspiele in Peking Anfang Februar demonstrierten Putin und Xi einträchtige Harmonie. Beide beschworen ihre „felsenfeste Freundschaft“ und schlossen ein Abkommen über „grenzenlose Partnerschaft“.

Ukraine-Krieg – Hintergründe und Erklärungen zum Konflikt

China hat Russlands Angriffskrieg in der Ukraine nie verurteilt und auch die westlichen Sanktionen nicht mitgetragen. Der Volksrepublik kommt nicht ungelegen, dass Amerikaner und Europäer viel Geld in Energie und in die Unterstützung der Ukraine stecken. Das machtpolitische Kalkül: Dadurch werde der Westen von einem größeren Engagement in Südostasien abgehalten. Die starke militärische Präsenz der USA im Pazifik ist der Führung in Peking ein Dorn im Auge. Die Volksrepublik warnt vor einer „Natoisierung“ der Region vor ihrer Haustür.

Besonders ärgert China die Ankündigung von Präsident Joe Biden, Taiwan bei einem Angriff zu verteidigen. Peking betrachtet die demokratische Inselrepublik als „abtrünnige Provinz“, die notfalls auch gewaltsam mit Festland-China vereinigt werden könne.

Kamala Harris sendet deutliche Warnung ab

In München bekräftigt Wang die betonharte Position seines Landes: „Taiwan war noch nie ein eigenständiges Land, und das wird es auch in Zukunft nicht sein.“ Er schießt mehrere rhetorische Breitseiten gegen die USA. So über er scharfe Kritik am Abschuss eines mutmaßlichen chinesischen Spionageballons durch die US-Streitkräfte. „Das ist, würde ich sagen, absurd und hysterisch“, unterstreicht er. „Das ist ein hundertprozentiger Missbrauch der Anwendung von Gewalt. Es ist ein Verstoß gegen internationale Regeln.“ Mehrmals stichelt er gegen „die Mentalität des Kalten Krieges“ und „das Blockdenken“ des Westens.

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Dass die Supermächte im Ukraine-Krieg und bei anderen Konflikt-Themen zueinander finden, ist unwahrscheinlich. Das wird auch beim Auftritt der amerikanischen Vizepräsidentin Kamala Harris in München deutlich. „Die USA haben ein großes strategisches Interesse: Kein Land ist sicher in einer Welt, in der ein Land die Souveränität und territoriale Integrität eines anderen Landes verletzen kann“, sagt sie und bekommt dafür starken Applaus.

Der Ukraine-Krieg dürfe nicht zur Blaupause für autoritäre Regime werden, mahnt Harris. „Wenn Putin Erfolg hat, könnten andere autoritäre Mächte versuchen, seinem Beispiel zu folgen. Die internationale regelbasierte Ordnung muss aufrechterhalten werden.“ Amerika sei besorgt, „dass Peking seine Beziehungen zu Moskau seit Beginn des Krieges vertieft hat“. Gleichzeitig warnt sie die Volksrepublik davor, Waffen nach Russland zu liefern.

Harris kündigt an, dass das Engagement der Vereinigen Staaten für Kiew ungebrochen sei: „Die USA werden die Ukraine unterstützen, solange es nötig ist.“ Und sie singt ein Loblied auf das transatlantische Bündnis. „Die USA sind stolz, Ihr Partner in diesem noblen Streben zu sein.“

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