Berlin. Die Mullahs wollen Kampfdrohnen an Russland liefern. Indien importiert achtmal so viel Rohöl wie vor dem Krieg. Auch China hilft.

Die Nachricht schlug in westlichen Hauptstädten ein wie eine Bombe. Die Vereinigten Staaten hätten Hinweise, wonach der Iran Russland Hunderte Drohnen für den Angriffskrieg gegen die Ukraine liefern wolle, sagte der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan.

Darunter befänden sich auch bewaffnete unbemannte Flugkörper, sogenannte Kampfdrohnen. Drohnen spielen im Ukraine-Krieg eine wichtige Rolle, ob für Raketenangriffe, den Abwurf kleinerer Bomben oder das Auskundschaften des Gegners.

Der Iran wies die Vorwürfe aus Washington zumindest indirekt zurück. „Wir haben ein Verteidigungsabkommen mit Russland, aber wir werden keine der Seiten in diesem Konflikt unterstützen“, betonte der iranische Außenminister Hussein Amirabdollahian.

Entwicklung von Kampfdrohnen: Hier gehören die Russen nicht zur Weltspitze

Militärexperten halten jedoch die Lieferung von Kampfdrohnen für plausibel. „Die Russen verfügen zwar über Aufklärungsdrohnen, aber sie haben nicht genug Kampfdrohnen“, sagte Wolfgang Richter von der Stiftung Wissenschaft und Politik unserer Redaktion. Sie gehörten in dieser Waffengattung nicht zur Weltspitze.

„Die iranischen Kampfdrohnen sind präzise und in der Lage, über lange Strecken zu fliegen“, so Richter weiter. „Das Mullah-Regime hat sich zu einem veritablen Produzenten von Hightech-Kampfdrohnen entwickelt. Die vom Iran an die schiitischen Huthi-Milizen im Jemen gelieferten Langstrecken-Drohnen konnten mehrere Hundert Kilometer bis tief nach Saudi-Arabien hineinfliegen.“

„Russische Rüstungsgüter über nordkoreanische Zwischenhändler an den Iran verkauft“

Fachleute verweisen auf die enge Rüstungskooperation zwischen dem Iran und Russland seit Ende des kalten Krieges. „Auch während des bis 2015 dauernden UN-Embargos wegen des iranischen Atomprogramms hat Russland Waffen geliefert und sich an der iranischen Rüstung beteiligt“, sagte Gustav Gressel vom European Council on Foreign Relations unserer Redaktion. Beides sei allerdings verdeckt geschehen.

Vereint im Ukraine-Krieg: der russische Präsident Wladimir Putin (l.) und sein belarussischer Amtskollege Alexander Lukaschenko.
Vereint im Ukraine-Krieg: der russische Präsident Wladimir Putin (l.) und sein belarussischer Amtskollege Alexander Lukaschenko. © dpa | Mikhail Metzel

„Zum Beispiel hat man russische Systeme im Iran zusammensetzen und umlackieren lassen und dann als iranische Systeme verkauft. Teilweise wurden auch russische Rüstungsgüter über nordkoreanische und belarussische Zwischenhändler an den Iran verkauft“, betonte Gressel. „Vor diesem Hintergrund schuldet der Iran Russland einiges.“ Seit März habe der Iran russische Munition für Panzer, Artillerie oder Flugabwehrsysteme an Russland zurückgeliefert.

Belarussisches Territorium war Aufmarschgebiet für russische Truppen

De facto wird Russland im Ukraine-Krieg auch durch Belarus unterstützt. Zu Beginn der Invasion war das belarussische Territorium Aufmarschgebiet für russische Truppen. „Aber auch aktuell werden Luftangriffe über belarussisches Gebiet geflogen. Zudem gab es von dort aus auch russische Artillerieattacken“, erklärte Richter. Russland verfügt als militärische Weltmacht über einen starken eigenen Rüstungssektor – Kampfdrohnen sind eines der wenigen schwächeren Segmente.

Anders sieht es in der Wirtschaft aus. „Russland kann die Sanktionen bei Öl und Gas umgehen, indem es sich neue Handelspartner sucht“, sagte Gabriel Felbermayr, Chef des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (Wifo) in Wien, unserer Redaktion. „Die Rückgänge der russischen Rohöl-Exporte nach Europa wurden kompensiert durch den Anstieg der Öltanker-Ausfuhren nach China oder Indien. Indien importiert rund achtmal so viel Öl aus Russland wie vor dem Ukraine-Krieg.“

Selbst Italien hat doppelt so viel russisches Tanker-Rohöl eingeführt wie vor dem Krieg

Selbst Italien, wo es russische Raffinerien gibt, habe in letzter Zeit doppelt so viel russisches Tanker-Rohöl eingeführt wie vor dem Krieg. Ähnliches gelte für Bulgarien und die Türkei. Die EU hatte sich darauf verständigt, erst zum Jahresende ein Ölembargo gegen Russland aufzulegen.

Wesentlich verwundbarer ist die russische Wirtschaft bei Importen aus dem Technologie-Sektor. „Die westlichen Sanktionen wirken vor allem bei Hightech-Produkten wie Computer-Chips, ohne die moderne Waffen nicht funktionieren“, bilanziert Felbermayr. „Aber auch Ersatzteile, zum Beispiel für Airbus- und Boeing-Flugzeuge oder komplexe Maschinenanlagen aus Deutschland, spielen hier eine Rolle. All dies beeinträchtigt die Produktions-Kapazitäten in Russland.“

Die volle Wirkung der Strafmaßnahmen erwartet der Ökonom erst für Spätherbst oder Winter. „Dann könnte es sein, dass Flugzeuge nicht fliegen können, weil Ersatzteile fehlen.“

Dieser Artikel ist zuerst auf waz.de erschienen.