Washington. Donald Trump hat bei seiner Rede viel Positives berichtet – über sich selbst. Eine führende Demokratin zerriss am Ende das Manuskript.

  • Donald Trump hat das Impeachment-Verfahren überstanden – und spricht zu den Bürgern
  • Die „Rede zur Lage der Nation“ spaltet das Land
  • Sein unhöfliches Verhalten verärgert Demokratin Pelosi – es kommt zum Eklat
  • Er spricht abermals über seine Mauer zu Mexiko

Es war die körperliche Manifestation eines tief gespaltenen Landes. Rechts die versteinerten Mienen der Demokraten, die fast durchgängig in ihren Sitzen blieben. Links die im Minutentakt aufspringenden und Beifall spendenden Republikaner, die den Präsidenten der Vereinigten Staaten bereits zur Beginn seiner traditionellen „Rede zur Lage der Nation“ am Dienstagabend im Kongress von Washington mit lauten „Vier-weitere-Jahre“-Rufen eindeckten.

Für Nancy Pelosi, die demokratische Sprecherin des Abgeordnetenhauses, Nr. 3 im Staatsgefüge und zuletzt von Trump als „geisteskrank“ verunglimpft, war Trumps Auftritt ein besonderer Balance-Akt. Die Tradition verlangt ihr Überparteilichkeit ab, zumal sie in ihrer Funktion direkt schräg hinter Donald Trump saß.

Die besondere Lage – Trump wird Mittwochabend im maßgeblich von Pelosi angestrengten Amtsenthebungsverfahren in der Ukraine-Affäre im Senat endgültig freigesprochen – führte jedoch schon zu Beginn zu einem stilprägenden Augenblick.

Trump gibt Sprecherin im Parlament nicht die Hand – Pelosi reagiert auf ihre Art

Nachdem Trump wie vorgeschrieben seine Rede in schriftlicher Form überreicht hatte, streckte Pelosi dem Präsidenten die Hand aus. Trump schlug die Geste bewusst aus, drehte sich weg und wandte sich dem Publikum zu. Pelosi zog ihre Hand zurück und zuckte leicht indigniert mit den Schultern. Am Ende revanchierte sie sich stumm aber kraftvoll. Sie zerriss vor laufender Kamera einige Seiten der Präsidenten-Ansprache.

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Dabei kam das Wort „Impeachment“, das Trump über Monate zugesetzt hat, den ganzen Abend nicht einmal vor. Trump hielt es mit einem seiner Vorgänger. Bill Clinton steckte 1999 wegen der Lewinsky-Affäre ebenfalls mitten in einem Amtsenthebungsverfahren, als er zur „State Of The U(nion” gebeten wurde. Auch er ließ damals das Damoklesschwert über sich unerwähnt und versuchte so Stärke und Führungskraft zu demonstrieren.

Schon vorab hatte das Weiße Haus verlauten lassen, dass Trump den Kongress nicht zum Schauplatz einer Abrechnung mit den Demokraten machen würde. Die auf Demütigung Andersdenkender ausgelegte Sprache der Aggression, die der Präsident alle 14 Tage bei Wahlkampfkundgebungen zur Anwendung bringt, blieb draußen.

Sehen Sie hier das Video der kompletten „Rede zur Lage der Nation im Video:

Donald Trump lobt sich in „Rede zur Lage der Nation“ hauptsächlich selbst

Was kam, war über weite Strecken der über 80 Minuten langen Rede, eine mit Selbstlob und Unmengen von Zahlen angefüllte Leistungsbilanz der ersten drei Amtsjahre. Damals, im Januar 2017, habe man unter seiner Führung das „großartige amerikanische Comeback gestartet“, sagte Trump.

Dann ratterte er minutenlang Statistiken aus den Bereichen Wirtschaftswachstum, Beschäftigung, Einkommen, Arbeitslosigkeit, Aktienmärkte, Kriminalität, nationale Sicherheit, Militärstärke herunter, die er so bilanzierte: „In nur drei kurzen Jahren haben wir die Mentalität des amerikanischen Niedergangs zertrümmert“.

Dass der wirtschaftliche Aufschwung 2009 unter Vorgänger Obama einsetzte, dass unter dessen Führung pro Monat mehr Arbeitsplätze geschaffen wurden (227.000 zu 191.000 unter Trump) , ließ Trump unerwähnt. Ebenso die Tatsache, dass die US-Wirtschaft 20129 nur um 2,3 Prozent wuchs, die geringste Wachstumsrate seit vier Jahren.

Vollidiot - Trump blamiert sich mit Super-Bowl-Tweet

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    Trumps Urteil war eindeutig: „Der Zustand unserer Nation ist stärker als jemals zuvor.“ Amerikas Feinde seien auf der Flucht, Amerikas Reichtum steige, Amerikas Zukunft scheine hell wie nie, verkündete der Präsident, der seiner Wählerbasis (zuletzt schauten 50 Millionen Amerikaner bei der „Rede zur Lage der Nation“ zu) die bekannten Schlüssel-Versprechen anbot:

    • „Solange ich Präsident bin, werde ich immer den zweiten Zusatzartikel der Verfassung schützen, Waffen zu besitzen und zu tragen.“
    • “Wir werden es niemals zulassen, dass Sozialismus das amerikanische Gesundheitswesen zerstört.”
    • „Wir arbeiten daran, Amerikas Kriege im Nahen Osten zu beenden, um unsere Truppen wieder nach Hause zu holen.“
    • Und an die Adresse islamistischer Terroristen adressiert: „Ihr werdet niemals der amerikanischen Gerechtigkeit entkommen.“

    Trump philosophiert wieder über die Mauer an der mexikanischen Grenze

    Viele Minuten widmete Trump erneut dem von ihm propagierten Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko und den Gefahren illegaler Einwanderung, die seine Regierung durch entschlossenes Abschieben und Stärkung von Polizei und Grenzschutz beantwortet habe.

    Vor allem Trumps Aussage zum Dauer-Streitthema Waffenbesitz sorgte für Aufregung. Fred Guttenberg, der Vater eines Mädchens, das vor zwei Jahren bei dem Massaker an einer High School in Parkland/Florida Staat Florida zu den 17 Todesopfern gehörte, hatte auf der Besucher-Tribüne lautstark protestiert und wurde von Sicherheitskräften abgeführt.

    Ebenfalls auf den oberen Rängen saß neben dem von Trump eingeladenen venezuelanischen Oppositionsführer Juan Guaido der schwer an Lungenkrebs erkrankte Rush Limbaugh. Der rechtspopulistische Radio-Moderator erreicht seit Jahrzehnten Tag für Tag zig Millionen Amerikaner mit seinen Sendungen.

    Trump ließ dem in rechten Kreisen verehrten Agitator, der ein strammer Trump-Anhänger ist, durch seine Frau Melania noch während der Rede den höchsten zivilen Orden der USA, die „Presidential Medal of Freedom”, verleihen.