Berlin. Das Startdatum des 49-Euro-Tickets rückt in weite Ferne. Den Verbrauchern ist das Hickhack kaum noch zu vermitteln, meint unser Autor.

Was waren das für drei Monate im vergangenen Sommer: Die halbe Nation entdeckte plötzlich den Nah- und Regionalverkehr für sich. 52 Millionen Tickets zum Schnäppchenpreis für neun Euro pro Monat wurden verkauft. Wer zu Besuch in einer anderen Stadt war, musste nicht durch den örtlichen Tarifdschungel irren, sondern konnte einfach in die nächste Straßenbahn, U-Bahn oder Bus steigen. Ob jung oder alt: Viele tingelten zum Meer, in die Berge, ins Umland.

Das 9-Euro-Ticket räumte in seiner bestechenden Einfachheit mit so vielen Problemen auf, die den Regional- und Nahverkehr ausbremsen. Und es wirkte bremsend auf die Inflation.

Deutschlandticket: Die Gründe für die Verspätung muten grotesk an

Umso unverständlicher ist es, dass sich nun die Fortführung als Deutschlandticket immer weiter verzögert. Als würde es nicht ausreichen, dass die Bahn notorisch zu spät kommt – jetzt verspätet sich auch noch die Neuauflage des Tickets, das Kanzler Scholz als „eine der besten Ideen“ seines Kabinetts gepriesen hatte.

Tobias Kisling, Wirtschaftskorrespondent
Tobias Kisling, Wirtschaftskorrespondent © FUNKE Foto Services | Reto Klar

Mit Verspätungen kennt man sich auf der Schiene aus. Geradezu grotesk muten dieses Mal aber die Gründe an. Muss man ein Ticket ernsthaft auf die lange Bank schieben, weil man sich nicht darauf einigen kann, ob es auf Papier gedruckt wird oder digital erhältlich ist? Und mit Verlaub: Ein halbes Jahr Planungszeit sollte für Verkehrsunternehmen und -verbünde genug sein, um ihre Tarifstrukturen anzupassen.

Ja, eine solche Reform kommt nicht von heute auf morgen. Aber für das Schauspiel der gegenseitigen Schuldzuweisung, ohne in der Sache auch nur eine Schienenlänge voranzukommen, fehlt zunehmend jedes Verständnis.