Berlin. Innenministerin Faeser will das Waffenrecht verschärfen und haltautomatische Waffen sogar verbieten. Der Widerstand ist absehbar.

Der Privatbesitz von halbautomatischen Waffen soll verboten werden, Armbrüste und Schreckschusspistolen nur gegen einen Waffenschein zu haben sein. Eine entsprechende Gesetzesinitiative will Innenministerin Nancy Faeser (SPD) nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" noch in dieser Woche ergreifen. Mit den schärferen Regeln zieht die SPD-Politikerin Konsequenzen aus drei Vorfällen:

  • Waffenfunde in der Reichsbürgerszene; dort sind insbesondere Armbrüste sehr verbreitet.
  • Ausschreitungen bei Silvester, gerade mit Schreckschusspistolen.
  • Amok- und Terrortaten mit halbautomatischen Waffen.

Halbautomatische Waffen sind bei den Sportschützinnen- und Sportschützen sowie bei Jägerinnen und Jägern sehr beliebt. Bei ihnen wird aus dem Magazin automatisch eine Patrone nachgeladen.

Vollautomatische Waffen lösen ein Dauerfeuer aus. Solche Maschinenpistolen- oder Gewehre sind in Deutschland verboten.

Schreckschusswaffen kann jeder kaufen, der volljährig ist, am einfachsten per Online-Versand. Indes braucht er einen "kleinen Waffenschein", um sie zu führen. Der soll künftig offenbar schon für den Kauf notwendig sein. Ähnliches gilt für die Armbrust, für die man bislang keine Erlaubnis braucht. Sie gilt als Sportgerät. Setzt sich Faeser durch, müssen rund 200.000 Sportschützen einen Waffenschein nachholen.

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Die Innenministerin hatte nach den Silvester-Krawallen schnelle und entschiedene Reaktionen angekündigt. Das bedeutet aber nicht, dass ihr 48-seitiger Gesetzentwurf politisch ein Selbstläufer wäre. Im Gegenteil.

Waffenrecht: FDP spricht von einer "unnötigen Gängelei"

FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle kritisiert die Pläne. Das geltende Recht lasse eine Entwaffnung von Reichsbürgern und Verfassungsfeinden längst zu, sagte er unserer Redaktion. Er spricht von einer "unnötigen Gängelei". Sein Parteifreund und Justizminister Marco Buschmann gilt ebenfalls als Bedenkenträger. Die Liberalen haben eine starke Position.

Denn der Koalitionsvertrag sieht keine Verschärfung vor. Vielmehr soll die bisherige Rechtspraxis "gemeinsam mit den Schützen- und Jagdverbänden sowie mit den Ländern" evaluiert werden.

Faeser: Der Widerstand der Waffenlobby ist ihr sicher

Schon Faesers Amtsvorgänger Seehofer (CSU) war am Widerstand der Schützenlobby gescheitert. Ärger droht auch jetzt, weil die Regulierung zunehmen würde. So will Faeser, dass jeder neue Waffenhalter "auf eigene Kosten" ein ärztliches oder psychologisches Zeugnis über seine Eignung vorlegt. Das galt bislang nur für Käufer unter 25 Jahren.

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Widerstand droht Faeser auch von Seiten der Länder, weil die Waffenbehörden in den Kommunen schon jetzt überlastet sind. Auf sie käme ein zusätzlicher Kontrollaufwand zu. Faeser hofft, die nächste Innenminister-Konferenz für ihren Plan zu gewinnen. Den Vorsitz hat ihre Berliner Amtskollegin und Parteifreundin Iris Spranger.

Waffengesetze: Droht den Kontrollbehörden der "Kollaps"?

Selbst Faesers Parteifreund und Polizeiexperte Sebastian Fiedler warnt, allen müsse bewusst sein, "dass es bei den Waffenbehörden der Länder aufgrund von Personalmangel teils erhebliche Vollzugsdefizite gibt." Sinnvolle und unangekündigte Vor-Ort-Kontrollen könnten dadurch zum Beispiel vielfach nicht stattfinden, sagte er unserer Redaktion.

Das müsse berücksichtigt werden, wenn zusätzlich mehrere Millionen Schreckschusswaffen dort eingetragen und administriert werden sollen. Mehr noch: Wenn die Länder sich nicht besser aufstellten, "könnte das die Waffenbehörden sonst zum Kollaps bringen", warnte er.

Kuhle verweist darauf, dass das Waffenrecht bereits in den letzten Jahren "mehrfach verschärft" worden sei. Für ihn sind die illegalen Schusswaffen das eigentliche Problem. "Weder die Polizeiliche Kriminalstatistik noch das Bundeslagebild Schusswaffenkriminalität differenzieren derzeit nach legalen und illegalen Waffen", beklagte er.

Waffenrecht: Fünf Millionen Waffen in Privatbesitz

"Künftig sollten beide Statistiken explizit ausweisen, ob eine Straftat mit einer illegalen oder einer legalen Waffe begangen wurde", forderte er. Auch für Fiedler ist es ein großes Problem, "dass es bisher überhaupt keine umfassende Auswertung dazu gibt, welche Straftaten mit legalen oder illegalen Waffen begangen worden sind." Änderungen im Waffenrecht müssen einen "echten Sicherheitsgewinn" bringen.

In Deutschland sollen etwa 225.000 halbautomatische Waffen kursieren – 60 Prozent davon in Privatbesitz. Den legalen Privatbesitz an Waffen beziffert das Nationale Waffenregister auf gut fünf Millionen.

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