Eichsfeld. Ein Ausflug in die Geschichte des 900 Jahre alten Klosters Gerode im Eichsfeld ist jetzt auf besondere Weise möglich. Die Chronik wurde übersetzt.

Das Eichsfeld steuert einer Premiere entgegen. Seit fast zehn Jahren arbeitet der Vorstand des Vereins für Eichsfeldische Heimatkunde (VEH) an der Herausgabe der „Abbatiae Gerodensis Historia. Zur Geschichte der Benediktinerabtei Gerode im Eichsfeld.“ Jetzt, zum 900-jährigen Jubiläum des Benediktinerklosters Gerode, wird der erste Teil vorgelegt.

Die Chronik von 1611/12, die in Berlin aufbewahrt wird, dürfte ein einzigartiges zeitgeschichtliches Zeugnis zwischen Reformation und Dreißigjährigem Krieg darstellen. Und wertvoll ist auch die Beschreibung der nicht mehr vorhandenen Klosteranlage und der Klosterdörfer.

Nach seiner Ersterwähnung hatte sich Gerode zu einem der bedeutendsten Klöster im Eichsfeld entwickelt, und zahlreiche Ortschaften sind mit seiner Geschichte verknüpft. 1611/1612 blickte laut dem VEH-Vorsitzenden Peter Anhalt ein Chronist des Benediktinerklosters auf die Vergangenheit und schilderte zudem die damalige Gegenwart. Mit Blick auf die wenigen erhaltenen Dokumente und die Bausubstanz machte er sich an die Arbeit.

Die Darstellung entstand in einer Zeit des hoffnungsvollen Aufschwungs nach den Wirren der Reformationszeit und gibt Einblicke in eine Zeit der Konsolidierung am Vorabend des Dreißigjährigen Krieges.

Weg zum neuen Buch war nicht einfach

Der vom Verein für Eichsfeldische Heimatkunde herausgegebene Band umfasst unter anderem die lateinische Original-Chronik, die ins Deutsche übertragen wurde. Der Weg bis zum neuen Buch war allerdings lang und alles andere als eben. Zum einen aufgrund des Umfangs, der mitunter nicht leicht zu übersetzenden Chronik, aber auch, weil der Weg über verschiedene Bearbeiter führte.

Der VEH nutzte für das Projekt zuerst seine Kontakte zur Universität Münster. Doch schnell sei klar gewesen, so Peter Anhalt, dass die Übersetzung den zeitlichen Rahmen und die Möglichkeiten eines Studenten übersteigen würde. Doch immerhin hätte Anna Bündgens etwa zwei Drittel der Chronik transkribieren können. Dann wurde Nils Becker von der Universität Heidelberg gewonnen. Seine Textprobe versprach viel, doch der Vertrag musste gelöst werden, da Becker die Universität wechselte und keine Zeit mehr hatte. Der schlug nun vor, sich an die Uni Jena zu wenden. Das war auch erfolgreich. Doch es gab ein Problem: Es fand sich kein Förderer, der ein Promotionsverfahren unterstützte.

Also ergriff der Verein die Initiative. Mitgliederspenden sowie die Unterstützung der Eichsfeldwerke und der Friedrich-Christian-Lesser-Stiftung sicherten die Finanzierung. Auf die Förderzusagen aufbauend, wurde Leon Grünberg mit der Übersetzung beauftragt. So sei es letztlich seinem Engagement zu verdanken, dass im Jubiläumsjahr 2024 zumindest der erste Teil der Chronik vorgelegt wird, so Anhalt.

Um die umfängliche und manchmal auch schwer verständliche Chronik für viele verständlich zu machen, unterstützte Gerhard Müller den Übersetzer beispielsweise mit regionalhistorischem Hintergrundwissen, erzählt der VEH-Chef.

Das Titelbild des Buches, der Michael, befindet sich übriges in der Steinbacher Kirche. Dorthin sei die Geröder Orgel gekommen, zwei Wappen wären erhalten geblieben, weiß er.

Am Montag, 29. April, wird das Buch um 19.30 Uhr im Eichsfeldmuseum vorgestellt. Dann wird Museumsleiter Gideon Haut auch auf die derzeit dort gezeigte Ausstellung zum Kloster Gerode aufmerksam machen. Zudem gibt es laut Peter Anhalt weitere Vorträge. Und bisher unbekannte Aspekte der Klostergeschichte sollen präsentiert werden. Unter anderem wird das Geheimnis gelüftet, wer die Geröder Klosterchronik verfasst hat.

Eine weitere Veranstaltung gibt es am Mittwoch, 8. Mai, um 19.30 Uhr im Jützenbacher Dorfgemeinschaftshaus im Rahmen der Festwoche.

Und um dem Ganzen einen wissenschaftlichen Rahmen zu geben, findet ein Kolloquium unter dem Titel „900 Jahre Kloster Gerode“ statt. Für das ehemalige Kloster Gerode plane der Verein „Weg der Mitte“ mehrere Veranstaltungen. Der VEH wirke seinerseits an dem Kolloquium mit, in dem durch Historiker und Chronisten verschiedenste Aspekte der Klostergeschichte betrachtet würden. Fachvorträge würden unter anderem Leon Grünberg zur Klosterchronik, Volker Kästner zur Baugeschichte, Karl Kollmann zur Gründerfamilie und Gerhard Müller zur Bedeutung des Klosters halten. Die Veranstaltung soll im Frühherbst stattfinden.

Das Buch mit 448 Seiten und zahlreichen Abbildungen kostet 34,90 Euro, ISBN 978-3-939848-9