Jena/Leipzig. Weil seine Tochter zur Hochrisikogruppe bei einer Infektion mit dem Coronavirus zählt, musste der Teammanager des FC Carl Zeiss Jena eine schwierige Entscheidung treffen.

Auf das, was ihm am Wichtigsten ist, muss René Klingbeil vorerst verzichten. „Ich werde meine Familie in den kommenden Wochen nicht sehen. Die Entscheidung ist mir sehr schwer gefallen“, sagt der Teammanager des FC Carl Zeiss Jena im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Seine heute zehn Jahre alte Tochter Mia war 2017 zweimal an einer Lungenentzündung erkrankt, 2018 kämpfte sie nach einer Blutvergiftung sogar um ihr Leben. „Mia gehört bei einer möglichen Infektion mit dem Corona-Virus zur Hochrisikogruppe. Wir müssen vorsichtig sein und aufpassen, dass sie sich nicht ansteckt“, erzählt der 39-Jährige, der sich mit seiner Mannschaft seit Montag in der Sportschule Egidius Braun in Leipzig auf den Neustart der 3. Fußball-Liga vorbereitet.

Klingbeil ist bereits in der vergangenen Woche aus seinem Haus im erzgebirgischen Lößnitz freiwillig ausgezogen. „Ich habe in Jena eine Wohnung und kann somit Abstand halten. Sehen können wir uns dank Facetime-Anrufen trotzdem jeden Tag“, erklärt der Ex-Profi, der unter anderem für den Hamburger SV und Erzgebirge Aue spielte. Bei den „Veilchen“ war er Kapitän und übernahm auch in schwierigen Phasen immer Verantwortung. Nun wird Klingbeil mit einer Extrem-Situation im privaten Bereich konfrontiert. „Dass ich mich von meiner Familie vorübergehend isoliere, ist eine reine Vorsichtsmaßnahme. Ich habe aufgrund meiner Tätigkeit mit vielen Menschen Kontakt und will kein unnötiges Risiko für Mia eingehen“, meint Klingbeil: „Wir haben in den vergangenen zwei Monaten sehr viel Zeit miteinander verbracht, jetzt müssen wir uns mit der Situation arrangieren.“

Klingbeil: DFB-Plan „ist eigentlich nicht umsetzbar“

Am Wochenende wird die Saison in der 3. Liga fortgesetzt, der letzte Spieltag ist für das erste Juli-Wochenende vorgesehen. Über die Pläne des DFB kann Klingbeil nur mit dem Kopf schütteln: „Wir haben am 7. März das letzte Spiel absolviert. Jetzt sollen quasi ohne eine richtige Vorbereitung die restlichen elf Spieltage innerhalb kürzester Zeit durchgepeitscht werden. Der Plan ist eigentlich nicht umsetzbar“, sagt Klingbeil. Der DFB-Bundestag sah das aber anders und votierte am Montag mit deutlicher Mehrheit für die Saison-Fortsetzung. „Der Verband ist laut seiner Satzung zwar zu einem fairen Wettbewerb verpflichtet, aber faire Bedingungen sind nicht gegeben“, äußerte Jenas Geschäftsführer Chris Förster.

Beide verweisen neben den drohenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten für viele Vereine durch Geisterspiele auch auf die unterschiedlichen Vorbereitungszeiten der Teams und die hohe Verletzungsgefahr für die Spieler. Erst seit Dienstag darf das Liga-Schlusslicht in voller Mannschaftsstärke trainieren, in den Tagen zuvor war nur ein Training in Kleingruppen möglich. „Schon da mussten einige Jungs nach der langen Pause wegen kleinerer Blessuren schnell etwas Gas rausnehmen, um keine ernsthafte Verletzung zu riskieren“, meint Klingbeil, der sich eine „vernünftige Entscheidung“ gewünscht hätte.

Der Teammanager meint damit einen Saisonabbruch. In diesem Fall hätte er seine Familie schon früher wiedersehen können. Doch nun wird sich Klingbeil voll auf die restlichen Spiele konzentrieren. „Wir werden die Saison gemeinsam zum Ende bringen“, sagt der Ex-Profi kämpferisch. Angesichts von 16 Punkten Rückstand an das rettende Ufer weiß er aber auch, dass der Klassenverbleib kaum noch zu schaffen ist. Klingbeil, der seit der Trennung von Rico Schmitt vorübergehend das sportliche Sagen bei den Thüringern hat, will dem FC Carl Zeiss auf jeden Fall erhalten bleiben. Weil er nur in Besitz der B-Lizenz ist, soll er ab der kommenden Saison wieder als Co-Trainer arbeiten. „Die bisherigen Gespräche mit den Verantwortlichen gehen jedenfalls in diese Richtung“, erklärte Klingbeil.

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