Gera. Fußball, NOFV-Oberliga: Nach einer turbulenten Woche unterliegen die Orange-Schwarzen der Jenaer Zeiss-Reserve trotz bester Chancen.

Wismut Gera ist ein zutiefst gespaltener Verein. Mit Rückendeckung des Vorstands und des Aufsichtsrats hatte Präsident Frank Neuhaus am Montag Trainer Frank Müller entlassen, weil der bereits als Teammanager des ZFC Meuselwitz fungierte, ohne dass seinem Noch-Arbeitgeber kundzutun. Gegen eine Entlassung aus diesem Grund ist prinzipiell nichts einzuwenden. Doch im Fußballgeschäft sind solche Entscheidungen nicht ganz einfach und ziehen einen langen Folgenschwanz nach sich. Auf einen erwogenen Spielboykott verzichtete die Wismut-Elf zwar, demonstrierte anders die Solidarität mit ihrem Ex-Trainer, mit dem sie im Saisonverlauf ein sehr inniges Verhältnis aufgebaut hatte. Erst lief die Mannschaft nicht in den Vereinstrikots, sondern in eigens angefertigten Aufwärmshirts mit der Aufschrift „Danke, Trainer!“ aufs Feld. Anschließend enthüllte sie im Mittelkreis ein Transparent mit der Aufschrift „Wir zusammen! Danke, Mü und Volker!“, wobei damit Frank Müller und Ex-Präsident Volker Fiedler gemeint waren, die sich zu diesem Zeitpunkt beide am Vereinsheim angeregt unterhielten.

Spieler gegen Entlassung von Trainer Frank Müller

Hätte man Frank Müller den Trainer-Job bis zum Saisonende weiterausüben lassen, hätte der Vereins jetzt wohl weit weniger Probleme am Hals. Die ganzen Negativschlagzeilen der letzten Tage und Wochen scheinen den Anhängern mächtig auf die Nerven zu gehen. Nach 120 Zuschauern gegen Ludwigsfelde waren es diesmal nur noch 95 Zahlende, die das Oberligaspiel sehen wollten. So richtig waren die Hausherren zunächst nicht bei der Sache. Nach einer Ecke drückte Jenas Laurens Zintsch den Ball am zweiten Pfosten mit dem Kopf über die Linie – 0:1 (4.). Die Geraer zeigten sich unbeeindruckt. Eingaben von Jegor Jagupov und Raphael Börner blieben ohne Abnehmer. Dann schlug der Wismut-Torjäger doch zu. Nach schönem Doppelpass mit Christopher Lehmann gelang Jegor Jagupov sein 16. Saisontor zum 1:1 (24.).

Die Freude der Geraer währte nur kurz. Einen Stellungsfehler des Brasilianers dos Santos nach einem Pass in die Tiefe bestrafte Jeffrey Wittlich per klugem Heber mit dem 1:2 (30.). Wismut drängte weiter. Nach einer Eingabe von Chris Söllner traf Stefan Raßmann nur den Pfosten (34.). Jegor Jagupov fand zweimal in Folge in Gäste-Torwart Lukas Sedlak seinen Meister (34., 35.). Der Geraer Kapitän hatte diesmal nicht das richtige Zielwasser getrunken. Nach Wiederbeginn setzte sich sein Schusspech fort. Nach Ablage von Christopher Lehmann scheiterte er abermals an Jenas Schlussmann, der Glück hatte, dass Stefan Raßmann im Nachsetzen ebenfalls verzog (50.).

Wismut schlug sich auch hinten selbst. Einen langen Ball köpfte der Brasilianer dos Santos ins eigene Netz. Dahinter hätte der laut rufende Keeper Nicolas Kriebel das Leder einfach nur aufzunehmen brauchen – 1:3 (54.). Auf der anderen Seite schoss wiederum Jagupov freistehend vorbei. (56.). Wie es gemacht wird, zeigten die Saalestädter, als Nils Halbauer eine Eingabe am kurzen Pfosten ins Netz spitzelte – 1:4 (59.).

Die Zeiss-Reserve stellte in der Folge das Spielen ein. Wismut erarbeitete sich noch ein halbes Dutzend an Großchancen. Erst verkürzte Marcel Nolde nach einer Schubert-Ecke auf 2:4 (77.). Nach dem nächsten Eckball und Jegor Jagupovs Verlängerung war Marcel Nolde zu überrascht, um nochmals eiskalt zuzuschlagen. Christopher Lehmanns Volleyschuss parierte Lukas Sedlak mit etwas Glück (80.). Jegor Jagupov verzog abermals, traf dann per Flachschuss nur den Pfosten (84., 85.). Auch Christopher Lehmann kam am Jenaer Keeper nicht vorbei (87.). Statt dessen flog der eingewechselte Timo Slawik in der Nachspielzeit nach einem Frustfoul an der Seitenlinie mit Rot vom Platz (90.+2).

Norman Teichmann, der die Geraer gemeinsam mit Torwarttrainer Alexander Just betreute, meinte nach dem Abpfiff: „Schade, dass wir heute so viele Chancen ausgelassen haben. Die Gegentreffer sind zu fahrlässig entstanden, weil die Abstimmung nicht gepasst hat. Wir haben aber schon schlechtere Heimauftritte hingelegt.“

Trotz des Dreiers war auch Zeiss-Coach Christian Fröhlich mit der Leistung seines Teams nicht ganz zufrieden. „Die letzten 25 Minuten waren eine Frechheit von meiner Mannschaft. Da hat die Einstellung nicht gestimmt. Bis dahin waren wir aber stark, insbesondere im Abschluss diesmal eiskalt“, äußerte sich der Jenaer Trainer.

Einen schäbigen Abgang vom Platz verschaffte der das Stadionmikrofon ergreifende Wolfgang Teske Spielern und Zuschauern, als er schadenfroh die 3:4-Niederlage des im Abstiegskampf steckenden Jenaer Drittligisten gegen Würzburg verkündete. Dabei hat Wismut derzeit doch so viel vor der eigenen Haustür zu kehren.