Berlin. Ob Lebensmittel oder Energie: Die Preise in Deutschland sind 2022 so stark gestiegen wie nie zuvor. So hilft der Staat den Bürgern.

So hohe Inflationsraten kennen die Deutschen nur aus den Geschichtsbüchern. Die Verbraucherpreise sind im vergangenen Jahr erstmals auf 7,9 Prozent geklettert, nach 3,1 Prozent im Vorjahr, wie aus vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes hervorgeht. Dies ist der höchste Stand seit der Wiedervereinigung.

In der Bundesrepublik waren die Inflationsraten nur 1951 einmal auf den Spitzenwert von 7,6 Prozent gestiegen – blieben aber ebenfalls unter dem aktuellen Spitzenwert. Im Dezember 2022 stieg die Inflation um 8,6 Prozent zum Vorjahr – und damit 1,4 Prozentpunkte weniger als noch im Vormonat mit 10 Prozent.

Was sind die Haupttreiber der Inflation?

Auslöser der drastisch steigenden Verbraucherpreise war der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine am 24. Februar 2022. Mit den daraufhin von der Europäischen Union und anderen internationalen Organisationen verhängten Wirtschaftssanktionen gegen Russland verteuerten sich die Energiepreise für Gas, Öl und Strom. Spritpreise erklommen nie gekannte Höhen. Da Energie für alle Wirtschaftszweige wichtig ist, gingen auch die Preise für viele Waren hoch.

Für die Verbraucherinnen und Verbraucher erhöhten sich vor allem Lebensmittelpreise. Eine hohe Inflation schmälert die Kaufkraft, Verbraucher können sich weniger für ihr Geld leisten. Die höchste Inflationsrate verbuchte Deutschland im Oktober 2022 mit 10,4 Prozent.

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Inflation: Wie stark verteuerten sich Energie und Lebensmittel?

Die hohen Lebensmittelpreise bekommen alle Bundesbürger beim Einkaufen zu spüren. In der Spitze verteuerten sich Lebensmittel in Deutschland im November um 21,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, so das Statistische Bundesamt.

Im Dezember waren Nahrungsmittel 20,7 Prozent teurer als im Vorjahresmonat. Noch deutlicher stiegen die Preise für Benzin, Strom, Gas, Heizöl oder Pellets – für Gas verdoppelten sie sich in einigen Monaten im Vergleich zum Vorjahr sogar vorübergehend. Im Dezember lagen die Energiepreise insgesamt bei 24,4 Prozent über dem Vorjahreswert. Dies ist aber immerhin schon ein Rückgang um 14,3 Prozentpunkte im Vergleich zum Vormonat November.

Warum ist die Inflationsrate im Dezember zurückgegangen?

Die Inflationsrate ist nach Angaben des Statistischen Bundesamtes vor allem durch die staatliche Dezember-Soforthilfe zurückgegangen. Der Staat hatte im Dezember einmalig die Monatsabschläge für Gas und Wärme von Verbraucherinnen und Verbrauchern übernommen. Dies wirkte sich preissenkend aus. Zudem waren auch die Energiepreise wieder rückläufig, wenngleich immer noch auf hohem Niveau.

Wird die Inflation 2023 deutlich sinken?

Die Inflation in Deutschland wird nach Einschätzung von Ökonomen 2023 unter das Niveau des Vorjahres sinken, bleibt jedoch im langjährigen Vergleich hoch. Die Bundesbank erwartet für 2023 eine Inflationsrate für Deutschland von 7,2 Prozent, die Bundesregierung prognostiziert einen Anstieg von 7,0 Prozent. Das Essener RWI-Institut sagt eine Inflationsrate von 5,8 Prozent voraus, das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) eine Inflationsrate von 5,4 Prozent und das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) sieht die Teuerungsrate in diesem Jahr auf rund 5 Prozent zurückgehen.

Stehen wir vor einer Trendwende?

Durch die rückläufige Inflationsrate im Dezember keimt die Hoffnung für eine Verbesserung der Situation. „Mit dem deutlichen Rückgang dürfte nun die Kehrtwende bei der Inflation geschafft sein. Solange es keinen neuen, heftigen Energiepreisschock gibt, dürften wir auf absehbare Zeit in Deutschland nun keine zweistelligen Inflationsraten mehr sehen“, sagt der Wissenschaftliche Direktor des IMK der Hans-Böckler-Stiftung, Sebastian Dullien.

Im Großhandel seien die Nahrungsmittelpreise bereits gefallen. Es sei damit zu rechnen, dass sich dies in den nächsten Monaten auch auf die Endverbraucherpreise niederschlage. Andere Ökonomen sind skeptischer: „Eine Trendwende ist das nicht, weil vor allem der staatliche Energierabatt für den Inflationsrückgang gesorgt hat“, sagt DZ-Bank-Analyst Christoph Swonke.

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Welche Staatshilfen helfen bei der Inflationsbekämpfung?

Die Gas-, Wärme- und Strompreisbremse wird die Inflation ab sofort weiter dämpfen, sofern die Arbeitspreise der Energieversorger oberhalb der geplanten Deckelung liegen. So soll der Arbeitspreis für 80 Prozent des Verbrauchs gedeckelt werden – für Gas gelten 12 Cent pro Kilowattstunde, für Fernwärme 9,5 Cent und für Strom 40 Cent pro Kilowattstunde. Preismindernd wirkt sich weiter die Mehrwertsteuersenkung für Gas, Flüssiggas und Fernwärme von 19 auf 7 Prozent aus, die seit Oktober bis zum 31. März 2024 gilt.

Weitere Entspannung ist durch das neue „Deutschlandticket“ als Nachfolgemodell für das 9-Euro-Ticket zu erwarten. Aktuell ist ein Nahverkehrsticket für 49 Euro pro Monat im Gespräch, das im Frühjahr eingeführt werden soll und für viele deutlich billiger sein dürfte als ihr laufendes Monatsticket.

Wie agiert die Notenbank?

Nach jahrelanger Nullzinspolitik hat die EZB die Leitzinsen 2022 vier Mal erhöht. Aktuell können sich Banken für 2,5 Prozent Geld bei der EZB leihen. Ziel der Notenbank ist es, Kredite und Investitionen durch höhere Zinsen zu verteuern, um damit den Preisanstieg abzubremsen. Für 2023 haben die EZB-Notenbanker bereits weitere Zinserhöhungen angekündigt. Ziel ist eine Inflationsrate von rund 2 Prozent im Euroraum. Von der Zinserhöhung profitieren vor allem Sparer durch höhere Zinseinnahmen, während sich Kredite für Konsumenten aber auch Immobilienkäufer verteuern.