Berlin. Die Leitzinsen steigen. Das hat Folgen für Bauzinsen, Ratenkredite und das Tagesgeldkonto. Hier bekommen Verbraucher jetzt gute Zinsen.

Der Schritt überrascht nicht, allenfalls die Höhe: Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Leitzinsen für den Euro-Raum erneut um weitere 0,75 Prozentpunkte auf jetzt 2,0 Prozent erhöht. Ziel ist es, die drastisch gestiegene Inflation in den Euro-Staaten zu bekämpfen, die zuletzt auf 9,9 Prozent gestiegen ist.

Die Europäische Zentralbank hatte im Juli ihre Nullzinspolitik beendet und erstmals nach 16 Jahren die Leitzinsen um jeweils 0,5 Prozentpunkte erhöht. Anfang September wurden die Leitzinsen erneut um 0,75 Prozentpunkte angehoben, der höchste Anstieg seit Einführung der Gemeinschaftswährung.

Inflation: EZB kämpft gegen Preissteigerung

Der EZB-Rat geht davon aus, die Zinsen weiter anzuheben, um eine Rückkehr der Inflation auf das mittelfristige 2-Prozent-Ziel zu gewährleisten, teilte die EZB am Donnerstag mit. Stark steigende Energie- und Lebensmittelpreise, Lieferengpässe und die Pandemie hatten in den vergangenen Monaten zu einem starken Auftrieb der Preise geführt.

Höhere Zinsen wirken sich auch auf Verbraucher aus. Was dies für das Vermögen und Geldanlagen bedeutet.

Höhere Leitzinsen: Mehr Zinsen fürs Tagesgeld und Festgeld

Mit der Zinswende erhalten Kunden nun endlich wieder Zinsen für ihre Spareinlagen. Während der Nullzinsphase haben Sparer kaum Zinsen erhalten. Vielmehr verlangten Geldinstitute sogar Negativzinsen von ihren Kunden, wenn sie eine bestimmte Summe Geld auf ihren Konten liegen hatten. Dies ist vorbei.

Wer sein Geld für zwei Jahre fest anlegt, kann bei deutschen Banken aktuell bis zu 2,4 Prozent Zinsen einstreichen (Varengold Bank), berichtet das Vergleichsportal Verivox. Banken mit Sitz im europäischen Ausland zahlen sogar 2,95 Prozent.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von einem externen Anbieter, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Für Tagesgeld bieten deutsche Institute bis zu 0,75 Prozent Zinsen (Ford Bank, Cosmos Direkt, Deutsche Pfandbriefbank). Mehrere Banken werben zudem mit Sonderkonditionen um neue Kunden. So bietet etwa die Bank11 Neukunden 1,11 Prozent aufs Tagesgeld für 4 Monate. Danach wird das Guthaben zum regulären Nominalzins (aktuell 0,5 Prozent) verzinst.

Lesen Sie auch:Banken und Sparkassen: Wo es noch kostenlose Girokonten gibt

Unterm Strich verliert das Geld auf dem Konto aber dennoch an Wert. Denn die Zinsen können die Geldentwertung durch die hohe Inflation von 10 Prozent bei weitem nicht ausgleichen.

Höhere Kosten für Verbraucher: Dispozinsen

Wer sein Konto überzieht, muss dafür aktuell deutlich tiefer in die Tasche greifen. Selbst in der Nullzinsphase lagen Dispozinsen niemals bei null Prozent. Seit der Zinswende haben 264 Geldinstitute ihre Dispozinsen angehoben, wie eine Erhebung des Finanzportals Biallo ergeben hat. Der durchschnittliche Dispozins beträgt aktuell 10,07 Prozent – im Oktober 2021 waren es 9,99 Prozent. Beim Überziehungszins werden im Schnitt 12,39 Prozent fällig, nach 12,29 Prozent im Vorjahr.

Die Bank mit dem höchsten Dispozins ist die VR-Bank Landsberg-Ammersee mit 14,29 Prozent, die günstigste die Hypovereinsbank mit 2,83 Prozent. Bei der GLS Bank dürfen alle Kunden bis 10.000 Euro ihr Konto zinsfrei überziehen, danach werden 8,01 Prozent fällig.

Die großen Banken verlangen folgende Dispozinsen: ING (6,99%), Meine Bank (7,25%), Comdirect (7,75%), Commerzbank (9,25%), DKB (9,29%), Postbank (9,52%), Deutsche Bank (11,15%) und Targobank (13,12%).

Wer ein Girokonto besitzt, erhält von seinem Geldinstitut in der Regel einen Dispositionskredit eingeräumt. Die Höhe liegt meistens bei zwei bis drei Netto-Monatsgehältern. Wird der Disporahmen überzogen, fallen sogar oft noch höhere Überziehungszinsen an.

Interessant auch:Geld anlegen: Sparbrief, Aktien, Gold – was sich jetzt lohnt

Doch der Dispo taugt allenfalls zur kurzfristigen Überbrückung vorübergehender Engpässe, sagt der Verivox-Chef Finanzvergleich, Oliver Maier: „Wer dauerhaft im Minus ist, sollte eine Umschuldung auf einen günstigeren Ratenkredit in Erwägung ziehen. Im Vergleich zum teuren Dispo sparen Verbraucher dadurch oft mehrere hundert Euro Zinskosten.“

Anschaffungen werden teurer: Ratenkredite

Wer eine teure Anschaffung tätigt, zahlt gerne in Raten. Doch dieses Abstottern wird jetzt immer kostspieliger. Seit der Zinswende der EZB haben sich Ratenkredite durchschnittlich um 44 Prozent im Vergleich zum Jahresanfang erhöht. Im Januar lagen die Ratenkreditzinsen im Marktdurchschnitt noch bei 4,98 Prozent und sind seither auf aktuell 7,16 Prozent gestiegen, berichtet das Vergleichsportal Verivox.

Da Verbraucher meistens einen günstigen Anbieter wählen, dürfte der mittlere Zinssatz derzeit bei 5,38 Prozent liegen, nach 2,98 Prozent zu Jahresbeginn – und damit sogar um 81 Prozent höher. „Seit dem Frühjahr steigen die Ratenkreditzinsen immer weiter und ein Ende ist nicht in Sicht“, sagt Verivox-Chef Maier.

Beispiel: Wer einen Ratenkredit über 20.000 Euro mit 5 Jahren Laufzeit zum durchschnittlichen Marktzins von 7,16 Prozent abschließt, muss dafür insgesamt 3725 Euro Zinsen zahlen. Bei einem günstigen Kredit zum Zinssatz von 5,38 Prozent wären die Gesamtkosten 941 Euro niedriger.

Finanzierung von Immobilien steigt: Bauzinsen

Teurer wird es für alle Immobilienkäufer. Wer ein Haus oder eine Wohnung kaufen möchte oder Anschlusskredite zur Finanzierung sucht, muss sich auf deutlich schlechtere Konditionen einstellen als in den Vorjahren. Aktuell liegen die durchschnittlichen Zinsen für zehnjährige Baufinanzierungen bei 4,0 Prozent effektiv pro Jahr. Zu Jahresbeginn lag der effektive Zinssatz noch bei 0,8 Prozent, berichtet das Vergleichsportal Check24.

Hintergrund: Bausparen: Warum es sich trotz Zinswende selten lohnt

Bei einer Baufinanzierung zu einem effektiven Zinssatz von 4,0 Prozent für ein Darlehen über 500.000 Euro bedeutet das einen höheren Zinsaufwand von 142.698 Euro bis zum Ende der zehnjährigen Sollzinsbindung.

Die monatliche Rate steigt damit im Beispielfall um 1333 Euro. „Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass in den kommenden Monaten die Finanzierungskosten weiter steigen“, sagt Ingo Foitzik, Geschäftsführer Baufinanzierung von Check24.

Die höheren Zinsen hinterlassen bereits Spuren am Immobilienmarkt: Immer mehr Bauvorhaben werden abgesagt oder gar nicht mehr geplant. Die Aufträge gehen zurück, im Wohnungsbau sogar um 24 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, wie der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) berichtet. Damit gerät auch das Ziel der Bundesregierung, pro Jahr 400.000 neue Wohnungen zu errichten, in Gefahr.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.