Martin Debes über die neueste Wende in Thüringens Politik.

Das Wort passt: Es ist ein Coup. Der Vorschlag des linken Ex-Ministerpräsidenten Bodo Ramelow, seine CDU-Vorgängerin bis zu raschen Neuwahlen zur Übergangsregentin zu wählen, wirkt überraschend, clever und ja: skrupellos kalkuliert.

Theoretisch könnte die Rochade tatsächlich die seltsame Situation auflösen, dass Thüringen derzeit keine ordentliche Regierung besitzt. Gleichzeitig würde die Brücke von Rot-Rot-Grün zur CDU gebaut, über die vor allem die Union wegen ihrer Abgrenzungsbeschlüsse bisher nicht gehen wollte.

Praktisch handelt es sich aber um eine Falle für die Partei, die Thüringen von 1990 bis 2014 regierte und sich seit Monaten selbst zerfleischt. Nähme die CDU das Angebot an, wählt sie quasi Ramelow schon mal mit ins Amt.

Denn aus jetziger Sicht kann neben der AfD nur eine Partei bei schnellen Neuwahlen gewinnen: Und das ist die Linke. Sie steht in Umfragen bei bis zu 40 Prozent. Eine stabile rot-rot-grüne Mehrheit ist in Sicht – oder eben eine rot-rote, falls es, sorry, die Grünen nicht wieder in den Landtag schaffen. Lieberknecht wäre damit für Ramelow nur das Mittel zum Zweck, zurück an die Macht zu gelangen. Hingegen könnte es die CDU, die teilweise auf 12 Prozent abgerutscht ist, regelrecht pulverisieren.

Die CDU versucht deshalb, Ramelow auszukontern. Sie will Lieberknecht mitwählen, etwas anderes bleibt ihr ja kaum übrig. Aber die Christdemokratin soll so lange im Amt bleiben, bis es einen Etat für 2021 gibt – also wahrscheinlich bis zum Herbst. Bis dahin könnte sich die CDU neu sortieren und – es sind schon zuletzt schon komischere Dinge passiert – sogar mit Lieberknecht in den Wahlkampf gegen den Linken ziehen.

Das alles ändert nichts daran, dass es Ramelow geschafft hat, sich aus der Defensive zu manövrieren. Dass er sich seit seiner Abwahl als Opfer einer faschistischen Verschwörung zelebrierte, hatte ihm in der öffentlichen Wahrnehmung zu schaden begonnen. Zumindest sein Image ist also vorerst repariert. Das Land wartet noch darauf.