Berlin. Am zehnten Jahrestag versammelt sich die AfD zur großen Jubiläumsfeier. In den Landtagen im Osten wollen sie bald sogar mitregieren.

Sie feiern großes Jubiläum, während der Rest des politischen Deutschlands immer noch keinen Weg gefunden hat, mit der Alternative für Deutschland (AfD) umzugehen. Gegründet wurde die heute etwa 30.000 Mitglieder zählende Partei am 6. Februar 2013 von knapp 20 Beteiligten rund um den Wirtschaftsprofessor Bernd Lucke und den konservativen Publizisten Konrad Adam im hessischen Oberursel.

Nur wenige Kilometer davon entfernt in Königstein feierten am Montagabend nach Angaben eines AfD-Sprechers etwa 300 Parteimitglieder – darunter Tino Chrupalla, einer der beiden Vorsitzenden der AfD, Alice Weidel und der Ehrenvorsitzende Alexander Gauland – das Gründungsjubiläum.

AfD: Parteichef Chrupalla hofft auf Regierungsbeteiligung im Osten

Einst als „Professoren-Partei“ gestartet, die sich vor allem gegen die Euro-Rettungspolitik wandte, ist die AfD nach Einschätzung des Bundesverfassungsschutzes inzwischen so weit nach rechts gerückt, dass der Inlandsgeheimdienst sie im Ganzen beobachtet.

Aus der politischen Landschaft ist die Partei nicht mehr wegzudenken: Die AfD ist bis auf Schleswig-Holstein in allen deutschen Landtagen vertreten, seit 2017 auch im Bundestag. Chrupalla hofft sogar auf eine Regierungsbeteiligung seiner Partei nach den Landtagswahlen in den ostdeutschen Bundesländern 2024. Die AfD reiche allen anderen Parteien die Hand, sagte der Parteichef im Gespräch mit dem Bayerischen Rundfunk. „Auf kommunaler Ebene arbeiten Parteien bereits mit der AfD zusammen.“

CDU-Politiker warnen vor Kooperation mit der AfD

Diesen Automatismus sieht der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider (SPD), nicht. Er wirft der AfD vor, eine Politik der Angst zum Schaden der Demokratie zu betreiben. „Die Partei nutzt Verunsicherung in politisch schwierigen Zeiten, schürt Ängste und diskreditiert die demokratischen Institutionen unseres Landes“, sagte Schneider unserer Redaktion. Für diesen Kurs gebe es keine Unterstützung durch die Mehrheit in unserer Gesellschaft.

Auch CDU-Politiker warnen vor Kooperationen mit der AfD: Mario Voigt, Chef der Thüringer CDU-Fraktion, sagte: „Ich verstehe, dass es viel Frustration, Wut und auch Angst vor der Zukunft gibt“, das bringe der AfD Stimmen. „Zehn Jahre AfD bedeuten die Wandlung von einer blauen zu einer braunen Partei“, sagt Voigt.

Marco Wanderwitz (CDU), der ehemalige Ostbeauftragte der Bundesregierung, beschreibt, wie die AfD die Koalitionsbildung verändert hat: „Es ist mühsam, was man beispielsweise an Kenia in Sachsen sieht.“ Denn die demokratischen Parteien lägen teilweise in politischen Themen weit auseinander. Dennoch sieht der Chemnitzer Bundestagsabgeordnete die „rechtsradikale Partei“ nirgends an die Mehrheit kommen – „auch nicht im Osten“. Wanderwitz fordert von seiner CDU die „maximal Abgrenzung zur AfD aus Gründen der politischen Hygiene“.

Vorfall in Thüringen: CDU und FDP stimmten zusammen mit der AfD

All der warnenden Worte zum Trotz sorgte eine Zusammenarbeit mit der AfD im Thüringer Landtag kürzlich für Empörung: An der rot-rot-grünen Minderheitsregierung vorbei haben dort Abgeordnete von AfD, CDU und FDP eine Änderung des Spielhallengesetzes verabschiedet. Selbst wenn also noch kein Dammbruch in Form einer gemeinsamen Regierungsbildung mit der AfD stattgefunden hat, zumindest gemeinsame Mehrheitsbildung scheint sich zu normalisieren, sagen Beobachter in den Ländern.

Der Politikwissenschaftler Marcel Lewandowsky von der Universität in Greifswald sagte unserer Redaktion: „Gerade in Thüringen und Sachsen könnte es schwer werden, Regierungen ohne Unterstützung der AfD zu bilden.“ Lewandowsky sieht besonders die CDU in Verantwortung: Entweder man gehe eine von der AfD gestützte Minderheitsregierung ein oder aber man stützt, wie etwa in Thüringen, die Linke. „Beides stellt gerade die Christdemokraten vor ein kaum lösbares Dilemma“, sagt der Politikwissenschaftler. Ein Zusammengehen mit den Rechtspopulisten wäre für den Greifswalder Wissenschaftler nicht nur eine historische Zäsur, sondern würde die AfD aus ihrer braunen Ecke holen.

Während die Umstrittenen ihr Zehnjähriges feiern, bleiben sie für die anderen Parteien weiterhin ein rohes Ei.