Moskau. Bei einem Hubschrauberabsturz nahe Kiew ist der ukrainische Innenminister ums Leben gekommen. Mindestens 17 weitere Personen starben.

Es sind Bilder, die die ganze Ukraine in Schockstarre versetzen. Aus einem langgestreckten Gebäude steigen Feuersäulen auf. Auf der Straße liegen Trümmerteile eines Hubschraubers. Feuerwehrautos und Rettungswagen stehen dicht an dicht. Sanitäter telefonieren hektisch mit dem Handy. In der Stadt Browary unweit Kiew ist am Mittwoch ein Helikopter abgestürzt – nur ein paar Schritte von einem Kindergarten entfernt.

Die Nachricht macht blitzschnell die Runde. In dem Hubschrauber befanden sich der ukrainische Innenminister, Denys Monastyrskyj, sein Stellvertreter und ein Staatssekretär des Ministeriums. Insgesamt kommen nach ersten Angaben der Polizei 17 Menschen ums Leben. 30 Verletzte würden im Krankenhaus versorgt, heißt es. Auch drei Kinder seien unter den Todesopfern. Die Absturzursache ist zunächst unklar.

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Die ukrainische Zeitung Tribuna-Browary berichtet laut dem Online-Medium „Meduza“, dass der Hubschrauber sei im Nebel abgestürzt sei. Möglicherweise habe der Pilot ein Hochhaus zunächst nicht gesehen, zu steigen begonnen und dann die Kontrolle verloren. Ein Augenzeuge sagt gegenüber ukrainischen Medien, der Hubschrauber habe vor dem Absturz drei Kreise über einem Supermarkt gezogen, habe scharf zu sinken begonnen und sei abgestürzt. Mehrere verhüllte Leichen liegen in einem Hof in der Nähe des beschädigten Kindergartens. Trümmer liegen über einen Spielplatz verstreut.

Denys Monastyrskyj war vom ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj 2021 zum Innenminister ernannt worden. Er war für die Polizei und die Innere Sicherheit zuständig. Er ist der ranghöchste ukrainische Staatsvertreter, der seit Beginn des Krieges ums Leben gekommen ist. Der Jurist Monastyrskyj galt in Selenskyis Wahlkampfteam bei den Präsidentschaftswahlen 2019 als Experte für die geplante Justizreform.

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Ukrainischer Innenminister: Rätselhafter Helikopterflug

Inzwischen wurde wegen des Absturzes ein Strafverfahren eingeleitet. Ermittler des Sicherheitsdienstes der Ukraine und des Staatlichen Ermittlungsbüros werden an der Untersuchung beteiligt sein, so Andriy Nebytov, der Leiter der Polizei der Region Kiew. Er forderte Augenzeugen des Absturzes auf, sich mit der Polizei in Verbindung zu setzen.

Bei dem abgestürzten Hubschrauber handelt es sich um den Typ Airbus H225 Super Puma. Er wurde normalerweise von Rettungsdiensten benutzt. Warum Vertreter des Innenministeriums mit ihm flogen, war zunächst unklar. Nach Angaben des ukrainischen Inlandsgeheimdienstes SBU werden in einer vorgerichtlichen Untersuchung drei potenzielle Ursachen des Absturzes untersucht: Fehler des Piloten, technischer Fehler am Helikopter und Sabotage – möglicherweise unter russischer Einwirkung.

Laut dem Sprecher der ukrainischen Luftwaffe, Jurij Ihnat, wird eine Kommission die Ursachen untersuchen. „Das wird nicht nur ein bis zwei Tage dauern, denn die Untersuchung einer Flugkatastrophe braucht eine gewisse Zeit“, so Ihnat. Die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) hatte 2016 gegen den H225 wegen Sicherheitsbedenken zeitweilig ein vorläufiges Flugverbot verhängt. Schon das Vorgänger-Modell AS332 war in mehrere Flugunfälle verwickelt.

Denys Monastyrskyj: Der ukrainische Innenminister kam im Alter von 42 Jahren bei einem Hubschrauberunglück nahe Kiew ums Leben. Mindestens weitere 15 Menschen starben.
Denys Monastyrskyj: Der ukrainische Innenminister kam im Alter von 42 Jahren bei einem Hubschrauberunglück nahe Kiew ums Leben. Mindestens weitere 15 Menschen starben. © /ukrin/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ | /ukrin/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Helikopter-Unglück in der Ukraine: Weltweit bestürzte Reaktionen

Präsident Selenskyj bezeichnete den Absturz als eine „schreckliche Tragödie“, die „unaussprechlichen Schmerz“ auslöse. Den Freunden und Familien der Opfer bekundete sie ihr Beileid.

Auch aus Deutschland kamen erste Beileidsbekundungen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) meldete sich via Twitter zu Wort und sprach von einem „traurigen Tag“ für die Ukraine, die einen „immensen Tribut“ im Krieg zahlen müsse. Die Gedanken seien bei den Angehörigen der Opfer und Verletzten sowie bei Präsident Selenskyi, „der heute seinen Innenminister verloren hat“, schrieb Scholz. Bundesinnenministerin Nancy Faeser teilte mit, dass sie mit Monastyrskyj einen engen Partner verloren habe, mit dem sie in „guten, engem Kontakt“ gestanden sei. In einem Gespräch mit dem ukrainischen Botschafter Oleksii Makeiev habe sie Unterstützung der Bundesregierung bei der Aufklärung der Absturzursache angekündigt, so Faeser.

Kondoliert wurde auch in Brüssel. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach den Familien der Opfer, Präsident Selenskyj sowie der gesamten Ukraine ihr tiefes Beileid aus. „Wir trauern mit Ihnen“, schrieb sie auf Twitter. Ähnlich äußerte sich EU-Ratschef Charles Michel. Monastyrskyj sei ein guter Freund der Europäischen Union gewesen. EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola zeigte sich „untröstlich“. Ihre Gedanken seien bei den Familien und Angehörigen Monastyrskyjs sowie der anderen Opfer. Russland hat sich zum Absturz bislang nicht geäußert.

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