Berlin. Bund und Länder haben sich auf weitere Entlastungen für die Bürger geeinigt. Wer jetzt bei Gas, Strom und im Nahverkehr profitiert.

Das Ringen hat ein Ende: Bund und Länder haben sich am Mittwoch auf weitreichende Entlastungen für Bürgerinnen und Bürger geeinigt. Im neuen Jahr werden sie spürbar: Die Gaspreisbremse soll früher als bislang geplant greifen, das 49-Euro-Ticket im Januar starten.

Die neue Lust auf Einigung hat viel mit der Außenwirkung auf die krisengeschüttelte Bevölkerung zu tun: Eine weitere ergebnislose Runde, ein Feilschen ohne Ende auf dem Bund-Länder-Basar – das konnte sich angesichts der Lage keiner leisten.

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Kurz sah es allerdings auch diesmal so aus, als werde es noch mal richtig krachen zwischen Bundeskanzleramt und Länderchefs: Am frühen Nachmittag überraschte die Ampelkoalition die Länder mit dem Vorhaben, Härtefälle bei der Energiepreisbremse zur Hälfte mit Hilfe von Geld aus den Ländern abzufedern. Die fühlten sich überrumpelt. Es habe „Irritationen“ gegeben. Bis Ende November soll es nun eine Lösung für die Härtefälle geben.

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Gegen 15 Uhr wollte die Bund-Länder-Runde zusammenkommen – nach knapp drei Stunden war das Treffen schon vorbei. „Wir sind schnell fertig geworden“, betonte Scholz am Abend. Die Botschaft: Bund und Länder können sich zusammenraufen, wenn der Druck groß genug ist. Der aktuelle Vorsitzende der Länder, Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), stimmte ein: Die Länder hätten sich in vielen Punkten zwar mehr Unterstützung gewünscht, aber wichtig sei, dass Streit abgeräumt worden sei. Wer kann jetzt mit welcher Entlastung rechnen?

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Was ändert sich bei den Energiepreisen?

Im neuen Jahr wollen Bund und Länder die Verbraucher systematisch bei den gestiegenen Energiekosten entlasten. Profitieren werden Strom- und Gaskunden, wer mit Öl oder Pellets heizt, soll aber unter Umständen ebenfalls Hilfen bekommen können.

Vor allem bei der Gaspreisbremse lagen Bund und Länder weit auseinander: Die Länder hatten gefordert, dass die Preisbremse unmittelbar nach der Einmalzahlung im Dezember, möglichst also schon im Januar greifen sollte – damit keine „Winterlücke“ entsteht. Der Bund warnte hier vor allem vor verwaltungstechnischen Hürden. „Wir empfehlen dem Bund, zu einer durchgängigen Regelung zu kommen“, wiederholte Weil dagegen die Forderung der Länder. Schon, um Härtefalle zu vermeiden.

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Im Ergebnis soll die Gaspreisbremse nun spätestens ab 1. März greifen, Ziel aber ist bereits eine rückwirkende Regelung ab Februar. Vorläufiges Enddatum ist der 30. April 2024.

Mit dem neuen Instrument soll der Gaspreis für Privatkunden gedeckelt werden: Für 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs soll das Gas 12 Cent pro Kilowattstunde kosten. Wer mehr verbraucht, muss dafür mehr zahlen. Haushalte mit einem Einkommen über 75.000 Euro sollen die Staatshilfe als geldwerten Vorteil versteuern. Heißt: Haushalte mit geringerem Einkommen, die viel Gas einsparen, profitieren besonders.

Zudem soll bereit vom 1. Januar an eine Strompreisbremse greifen, die wie bei der Gaspreisbremse ein Grundkontingent von 80 Prozent des bisherigen Verbrauchs für einen Brutto-Preis von 40 Cent je Kilowattstunde vorsieht. Zur Mitfinanzierung der Strompreisbremse sollen Zufallsgewinne von Unternehmen auf dem Strommarkt abgeschöpft werden. Sollte die Umsetzung nicht sofort zum 1. Januar 2023 möglich sein, soll die Entlastung zu einem späteren Zeitpunkt rückwirkend erfolgen. Auch die Strompreisbremse soll zunächst bis April 2024 laufen.

Wer mit Öl oder Holzpellets heizt und durch die Preissteigerungen stark überfordert ist, soll ebenfalls entlastet werden. Hier soll es Härtefallregelungen geben.

Wer profitiert vom 49-Euro-Ticket?

Das Nachfolgemodell für das 9-Euro-Ticket steht: Nach langem Gezerre haben sich Bund und Länder auf eine Finanzierung eines bundesweit gültigen 49-Euro-Tickets für den Nahverkehr geeinigt. Kanzler Scholz nennt es „Deutschlandticket“. Vor allem Pendler dürften von der Einführung profitieren, sie müssen für Monatstickets in vielen Regionen aktuell deutlich mehr bezahlen. Die Länder hatten ihre Zustimmung von höheren Bundesmitteln für den Ausbau des Nahverkehrs abhängig gemacht – jetzt sollen sie bereits für 2022 ein Plus von einer Milliarde Euro bekommen, ab 2023 sollen die Regionalisierungsmittel für Busse und Bahnen jährlich um drei Prozent erhöht werden.

Ob das reicht, ob in einzelnen Regionen nicht dennoch weitere Strecken gestrichen werden – das ist offen. Die Länder hatten genau mit diesem Szenario gedroht: Ein schönes neues Ticket kommt auf den Markt, aber der passende Zug dazu kommt nicht mehr.

Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) sagte am Abend: Das Ziel sei es, das Ticket schon zum Jahreswechsel einzuführen, in jedem Fall aber so schnell wie technisch möglich. Er sei „sehr zufrieden“ mit der Lösung. Der neuen „Deutschlandtarif“ solle dauerhaft angeboten werden, das neue Ticket stehe für mehr Klimaschutz im Verkehr.

Wie geht es bei der Unterbringung der Flüchtlinge weiter?

Das Thema ist heikel: Die Länder sorgen sich um die Stimmung in der Bevölkerung angesichts wieder stark steigender Flüchtlingszahlen – aus der Ukraine, vor allem aber auch aus anderen Krisenregionen. Die Not der Kommunen, die jetzt schnell wieder für genügend menschenwürdige Unterkünfte sorgen müssten, werde deswegen oft gar nicht so drastisch beschrieben, wie sie faktisch längst wieder sei, hieß es im Vorfeld immer wieder. Seit Monaten fordern die Länder deswegen deutlich mehr Mittel von Bund – und hatten jetzt Erfolg: Die Bundesregierung bietet Ländern und Kommunen in diesem und im nächsten Jahr zur Versorgung von Flüchtlingen nun insgesamt 4,25 Milliarden Euro zusätzlich an – darin enthalten sind 1,5 Milliarden für 2022 und weitere 2,75 Milliarden für 2023. Über die weitere Entwicklung wollen Bund und Länder Ostern 2023 sprechen.

Die Länder hatten allerdings auf mehr Geld gehofft: Die Angebote des Bundes seien geringer als objektiv notwendig, sagte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst, Co-Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz. Immerhin sei es gelungen, dass der Bund bereit sei, sich dauerhaft an Flüchtlingskosten zu beteiligen, so Niedersachsen Regierungschef Weil. „Wir müssen befürchten, dass es im Winter noch mal sehr viele Flüchtlinge mehr geben wird.“

Dieser Artikel erschien zuerst bei morgenpost.de.