Berlin. Relativ zur Bevölkerung gesehen zieht es überproportional viele Ukrainer in mittelgroße Städte. Bei der Wohnungssuche kann das helfen.

Knapp ein Jahr nach dem russischen Angriff auf die Ukraine haben Hunderttausende Ukrainerinnen und Ukrainer in Deutschland Zuflucht und mitunter auch ein neues Zuhause gefunden. Lebten Ende 2021 rund 155.000 Ukrainerinnen und Ukrainer in Deutschland, stieg die Zahl in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres auf etwa 1,1 Millionen Menschen mit ukrainischer Staatsbürgerschaft an.

Im Gegensatz zu Geflüchteten der Krisenjahre 2015 und 2016 verteilten sich die Ukrainerinnen und Ukrainer recht gleichmäßig über das ganze Bundesgebiet. Das zeigen Daten des Wohnungsmarkt-Forschungsinstituts Empirica Regio, die unserer Redaktion vorliegen. Bis Ende 2023 rechnen die Berliner Wohnungsmarktforscher damit, dass es rund 600.000 zusätzliche Haushalte, die eine Wohnung nachfragen, geben wird.

Ukraine: Geflüchtete ziehen in Deutschland vor allem in mittelgroße Städte

Geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer müssen in Deutschland kein Asylverfahren durchlaufen. Entsprechend können sie auch auf Wohnungssuche in Deutschland gehen. Zu Beginn des Krieges kamen viele Geflüchtete noch in Privatunterkünften unter, einige kehrten auch in ihre Heimat zurück. Andere suchten sich Wohnungen.

Drei Viertel aller Geflüchteten leben laut einer jüngsten Auswertung des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung zusammen mit drei weiteren Instituten in einer Privatwohnung. 60 Prozent von ihnen leben dort allein oder mit geflüchteten Familienangehörigen.

Relativ zur Bevölkerung gesehen verzeichnen laut den Empirica-Daten nicht die Metropolen und Großstädte, sondern eher die Mittelstädte durch den Zuzug der Geflüchteten die höchsten Zuwachsraten. So geht Empirica Regio davon aus, dass in Baden-Baden im Schwarzwald der Anteil der Ukrainerinnen und Ukrainer in diesem Jahr auf 4,4 Prozent ansteigen dürfte – das wäre ein Plus um 37,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. „In Baden-Baden gibt es bereits eine große Gruppe von Menschen mit russischer und auch ukrainischer Staatsangehörigkeit. Insofern lässt sich die Annahme treffen, dass Netzwerkeffekte eine große Rolle spielen“, sagte Empirica Regio-Geschäftsführer Jan Grade im Gespräch mit unserer Redaktion.

Hinter Baden-Baden würden Hof, Schwerin, Gera, Chemnitz, Bremerhaven und Halle an der Saale relativ zur Bevölkerung die höchsten Zuwachsraten generieren. Allein im vergangenen Jahr habe der Zuzug der Geflüchteten in diesen Städten für einen Zuwachs von rund 2,6 bis 3,3 Prozent gespielt, im aktuellen Jahr werde er den Prognosen zufolge in der Spitze auf bis zu 4,6 Prozent verglichen mit 2021 steigen.

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Vergleichsweise hoher Leerstand in den Mittelstädten

Im Gegensatz zu den Metropolen ist es in diesen Wohnungsmärkten immerhin meist etwas einfacher mit der Wohnungssuche. So habe in Chemnitz der Leerstand im Jahr 2021 9,0 Prozent betragen. Auch Schwerin (8,3 Prozent), Gera (7,7 Prozent) und Halle an der Saale (7,5 Prozent) hatten vergleichsweise hohe Leerstandsquoten. Allerdings: In Baden-Baden etwa fiel der Leerstand schon 2021 mit nur 1,3 Prozent gering aus.

Absolut gesehen dürften sich die meisten Geflüchteten dennoch in den Metropolen niederlassen, hier erwartet Empirica Regio die größte Nachfrage in Berlin und Hamburg, gefolgt von der Region Hannover und München. „Auch wenn sich die Zuwanderung aus der Ukraine zuletzt etwas abgeschwächt hat – aufgrund der gezielten Zerstörung der Energieinfrastruktur und dem nun einsetzenden Winter rechnen wir mit einem erneuten Anstieg der Zuwanderungszahlen in den kommenden Monaten auf bis zu 80.000 Menschen pro Monat“, sagte Grade. Entsprechend groß sei der Bedarf nach neuem und bezahlbarem Wohnraum.