Berlin. Die Preise steigen weiter, die Inflation entwertet unsere Einkommen. Doch sie trifft die Menschen unterschiedlich.

  • Alles wird teurer: Die Inflation steigt jeden Monat auf neue Höchstwerte
  • Vor allem Menschen mit niedrigem Einkommen spüren die Auswirkungen besonders
  • Von Rente bis Hartz IV: Wer ist am stärksten von der Inflation betroffen?

Das Leben in Deutschland wird teurer. Die Butter im Discounter? Mittlerweile bei 2,30 Euro – plus 50 Prozent zum Vorjahr. Heizöl kostet doppelt so viel, der Gasabschlag bis zu fünfmal so hoch. Und der Liter Super kreist wieder um die 2-Euro-Marke. Wer kann sich das noch leisten? Die Inflation entwertet zunehmend die Einkommen.

Wer zum Beispiel als Alleinstehender im August 2000 Euro netto verdient hat, konnte sich von diesem Betrag deutlich weniger kaufen als noch ein Jahr zuvor. Durch höhere Preise hat das Geld innerhalb dieser Zeit 7,2 Prozent seiner Kaufkraft eingebüßt: Real waren also nun 144 Euro weniger in Haushaltkasse.

Doch die Inflation trifft nicht jeden gleich. Berechnungen der Redaktion zeigen, dass es zwischen verschiedenen Haushalten deutliche Unterschiede gibt.

Vor allem zwei Gruppen haben es schwer: Familien mit mehreren Kindern und Menschen mit geringem Einkommen. Sie leiden überdurchschnittlich unter den steigenden Kosten. Denn bei ihnen ist der Teil ihres Einkommens besonders hoch, den sie für Lebensmittel und Energie ausgeben – die Bereiche mit dem größten Preisanstieg.

Rentner: Inflation frisst Erhöhungen auf

Wer Mitte der 90er-Jahre nach 40 Jahren Arbeit regulär in den Ruhestand gegangen ist, kann sich immer noch ähnlich viel leisten wie damals. Die regelmäßigen Rentenerhöhungen haben dafür gesorgt, dass zeitweise sogar mehr Geld zur Verfügung stand. Doch seit der Corona-Pandemie sinkt die Kaufkraft, seit dem Ukraine-Krieg deutlich – trotz der letzten Erhöhungen.

Je schmaler die Rente ausfällt, desto härter spüren die Menschen die Inflation. Das trifft oft auf Rentnerinnen und Rentner zu, die wegen einer Krankheit nicht mehr arbeiten können - wie Jörg Mertens. Der 60-Jährige bekommt seine Rente aus der Erwerbsminderung und hat für uns sein Haushaltsbuch geöffnet. Mertens hat Angst, dass er sich wegen der steigenden Preise bald nicht einmal mehr das Essen leisten kann.

Hartz 4: Weniger Kaufkraft als bei der Einführung

Bei der Einführung von Hartz-IV im Jahr 2005 lag der Regelsatz bei 342 Euro. Der Betrag steigt seitdem regelmäßig – und bleibt doch hinter der Inflation zurück. Er ist heute weniger wert als zu Beginn der Reform. Und das, obwohl die Entwicklung der Heizkosten in der Berechnung nicht enthalten ist, weil sie vom Amt übernommen werden.

Der Vergleich zum letzten Jahr zeigt den deutlichsten Sprung: Trotz Corona-Boni ist die Kaufkraft um 7,8 Prozent gesunken. In Form von Bürgergeld soll der Satz zum Jahreswechsel auf 502 Euro steigen und für Entlastung sorgen. Für Sozialverbände wie den Paritätischen Gesamtverband liegt die Grundsicherung damit immer noch zu niedrig. Die Inflation wird laut Prognosen weiterhin auf hohem Niveau bleiben.

Familien: Mit Kindern wird es noch teurer

Eltern müssen eine höhere Last durch die Inflation tragen als Menschen ohne Kinder. Paare aller Einkommensklassen können sich vergleichsweise weniger leisten als Paare mit demselben Gehalt. Besonders Familien mit wenig Einkommen spüren diesen Effekt. Geringverdiener mit zwei Kindern und einem gemeinsamen Nettogehalt von 2500 Euro können real 8,5 Prozent weniger ausgeben. Eine Familie – ebenfalls mit zwei Kindern, aber doppelt so hohem Einkommen – büßt nur 7,7 Prozent ihrer Kaufkraft ein.

Alleinerziehende mit Kindern müssen im Durchschnitt besonders gut haushalten, um über die Runden zu kommen. Häufig haben sie ein eher geringes Einkommen und müssen gleichzeitig ihre Kinder mitfinanzieren. Sie trifft die Inflation am stärksten, wenn sich ihre Bezüge nicht regelmäßig erhöhen, wie durch den Mindestlohn. Doch durch die aktuelle Inflation bleibt auch von den letzten Mindestlohn-Erhöhungen real nichts mehr übrig.

Studierende: Warten auf höheres Bafög

Studierende, die von Bafög und Kindergeld leben, trifft die Inflation mit voller Wucht. Das entsprechende Einkommen mit dem Höchstsatz ist im Vergleich zum Vorjahr nun 87 Euro (8 Prozent) weniger wert. Immerhin hat die Bundesregierung eine Erhöhung des Bafögs für das nächste Wintersemester beschlossen – und auch die bislang entfallende Unterstützung bei den Energiekosten soll mit einer Einmalzahlung von 200 Euro nachgeholt werden.

Für Alleinlebende und Paare mit hohem Einkommen gilt: Wer hat, dem wird weniger genommen. Sie geben im Durchschnitt einen höheren Anteil ihres Geldes für Reisen, Restaurants oder Kultur aus. In diesem Bereich stieg die Inflation weniger stark. Dadurch ist auch ihre Belastung im Vergleich zu anderen Gruppen geringer.

Sie haben noch einen weiteren Vorteil: Sie können mehr Geld zurücklegen. Statt ihr gesamtes Einkommen für den alltäglichen Bedarf zu verbrauchen, können sie beispielsweise in Aktien investieren. Die Rendite gleicht nicht nur die Inflation aus – im besten Fall haben Personen mit hohem Einkommen so mehr Kaufkraft als vorher.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.