Frank Quilitzsch hofft, dass sich Teenager wieder näherkommen.

Kollege Harald Martenstein sorgt sich im „Zeit“-Magazin um die heute Vierzehn- bis Sechzehnjährigen. Wie sollen sie sich nahekommen und berühren, fragt er, ohne den vorgeschriebenen Abstand von 1,50 Meter zu unterschreiten? Und ein Mädchen oder einen Jungen küssen, einfach weil man sich mag, wie soll das gehen mit Maske?

Ungeküsst durchs Leben, das hat Folgen. Man weiß ja, wie gut Zärtlichkeiten und Umarmungen in jedem Lebensalter tun. Ganz besonders wichtig aber sind sie in jener Zeit, da man der Pubertät zu entwachsen versucht. Der erste Kuss. Das erste Petting. Die erste gemeinsame Nacht. Wo findet so etwas in Pandemiezeiten statt?

Im Untergrund? Oder im Internet vor der Live-Kamera? Jeder für sich und gemeinsam ins Glück?

Man hat ja heute das sogenannte Dating und kann im Netz in kürzester Zeit so viele Partner treffen, wie das Datenvolumen hergibt. Wir, die wir in unserer Jugend nicht mal ein Telefon besaßen, brauchten dafür länger. Viel länger. Aber wenigstens hatten wir die Disco. Und dort gab es die langsame Runde.

Martenstein, der in Mainz groß geworden ist, spricht vom „Stehblues“, was letztlich dasselbe ist. In der langsamen Runde tanzten wir eng umschlungen. Meist kam sie kurz vor Schluss, wurde vom Discjockey angekündigt, der auch vorsorglich das Licht herunterdimmte. Für alle, die bis dahin keinen Partner gefunden hatten, bot sich die letzte Gelegenheit. Nur wer jetzt aufgefordert wurde, wer jetzt keinen Korb bekam, durfte hoffen, vielleicht doch noch auf dem Heimweg geküsst zu werden.

Ich fürchte, dass illegale Corona-Partys, die wahrscheinlich häufiger stattfinden, als wir annehmen, dafür keinen adäquaten Ersatz bieten. Ungeküsste brauchen für eine zaghafte Annäherung die richtige Stimmung, damals wie heute.

Schon deshalb muss und wird sie zurückkehren, die langsame Runde. Langsam.