Erfurt. Über das momentane Maß der gesetzlichen Festlegungen hinaus, sollen Kommunen die Möglichkeit zusätzlicher Darlehen erhalten. Auch die CDU kann sich für diesen Vorschlag der SPD erwärmen.

Niedrige Zinsen lassen Kreditaufnahmen immer attraktiver werden. Die Thüringer SPD will das nutzen, um es Kommunen zu erleichtern, Kredite aufzunehmen. Die fortwährend günstige Entwicklung kommt den Sozialdemokraten eine Woche vor der Landtagswahl gerade recht.

Über das momentane Maß der gesetzlichen Festlegungen hinaus, sollen Kommunen die Möglichkeit zusätzlicher Darlehen erhalten. Das Volumen je Einwohner könnte dem Konzept zufolge wie folgt aussehen: Kommunen: 100 Euro, Landkreise: 100 Euro und kreisfreie Städte: 200 Euro.

„Vor dem Hintergrund der wohl noch länger anhaltenden Niedrigzinsphase an den Finanzmärkten, den aufziehenden düsteren Wolken am Konjunkturhimmel und dem hohen Investitionsstau bei der Modernisierung unserer Infrastruktur, ist es ein Gebot der Vernunft, jetzt die Investitionskraft der Kommunen zu stärken“, sagte der SPD-Landesvorsitzende Wolfgang Tiefensee. Würden alle möglichen Darlehen in Anspruch genommen, stünden 429 Millionen Euro und bei Nutzung von Förderprogrammen, mindestens eine Milliarde Euro als Konjunkturprogramm zur Verfügung.

Dazu müsse die Kommunalordnung geändert werden, eine Gesetzesnovelle sei nötig, so Tiefensee, der in der rot-rot-grünen Regierung Wirtschaftsminister ist. Er kündigte an, entsprechende Schritte nach einer möglichen erneuten Regierungsbeteiligung „zügig einleiten“ zu wollen.

Landrat Matthias Jendricke (SPD). Archiv-
Landrat Matthias Jendricke (SPD). Archiv- © Marco Kneise

Unterstützung signalisierten am Freitag zwei Parteifreunde: „Für den, noch in der Haushaltssicherung steckenden, Landkreis Nordhausen und seine Kommunen würde das Modell eine zusätzliche Kreditaufnahme von rund 16,8 Millionen Euro ermöglichen“, betonte dessen Landrat Matthias Jendricke (SPD). „Damit können wir die notwendigen Eigenanteile für Landes- und Bundesprogramme, ob bei der Sanierung von Schulen oder der Digitalisierung der Verwaltung, bereitstellen und dringend notwendige Investitionen endlich angehen.“ Momentan ist es für ihn ohne Ausnahmegenehmigung fast unmöglich, Kredite aufzunehmen.

Aber auch für Marko Wolfram (SPD), Landrat des solventeren Kreises Saalfeld-Rudolstadt ist das Vorhaben interessant: „Weil es zu sehr komfortablen Bedingungen unsere Spielräume erweitert und wir damit insbesondere unsere Infrastruktur zukunftsfest machen können.“

Statt aufwendiger Prüfverfahren sollen laut SPD bei Co-Finanzierungen pauschale Ermächtigungen per Verordnung für die Kreditaufnahme reichen. Bei anderen Finanzierungsvorhaben soll lediglich „eine vereinfachte Prüfung in einer garantiert kurzen Frist“ erfolgen. Diese müssten sowohl für 2020 als auch 2021 gelten.

CDU-Generalsekretär Raymond Walk lässt auf Anfrage dieser Zeitung ausrichten: „Das ist eine Idee, über die man reden kann.“ Wichtig sei jedoch, dass es am Ende nicht zu einer Überschuldung der Kommunen komme. Inwieweit der SPD-Vorstoß am Ende funktioniert, ist aus Sicht Walks völlig offen. Momentan stehe schon sehr viel Geld für Investitionen bereit, das nicht ausgegeben werde, weil es keine Firmen gebe, die beispielsweise Bauaufträge ausführen könnten.

Die Sozialdemokraten sind so oder so von ihrer Idee überzeugt. Risiken für den Landesetat gebe es so gut wie keine. „Sollten die anfallenden Tilgungskosten für Kommunen in der Haushaltskonsolidierung über die Bedarfszuweisungen realisiert werden, entstünde lediglich eine jährliche Belastung von zehn Millionen Euro“, haben sie ausgerechnet. Für den Haushalt 2020 seien die Auswirkungen nochmals geringer, weil die gängigen Kreditaufnahmen erst ab Oktober 2020 und damit die Kosten nur anteilig für wenige Monate anfielen.