Berlin. Die SPD will Änderungen an der Gaspreisbremse durchsetzen. Davon sollen unter anderem Haushalte mit Öl- oder Pelletheizung profitieren.

Von Abgeordneten hört man gerne diesen Satz: „Kein Gesetz verlässt den Bundestag so, wie es eingebracht wurde.“ Urheber ist der frühere SPD-Fraktionschef Peter Struck. Die Sozialdemokraten nehmen sich den Ausspruch aktuell zu Herzen: Vor der ersten Beratung im Bundestag an diesem Donnerstag kündigen sie an, die im Haus von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) konstruierte Energiepreisbremse in den Parlamentsberatungen noch einmal zu verändern. Davon sollen Haushalte mit Öl-, Pellet-, und Flüssiggasheizungen sowie bestimmte Betriebe wie Hotels und Restaurants profitieren.

Gasverbraucher sollen im kommenden Jahr 80 Prozent ihres bisherigen Verbrauchs zu einem garantierten Preis für 12 Cent pro Kilowattstunde bekommen, darüber hinaus zahlen sie den höheren aktuellen Preis ihres Versorgers. Für Fernwärmekunden gilt eine Deckelung des Preises auf 9,5 Cent. Analog dazu kommt eine Strompreisbremse. Nicht vorgesehen ist eine systematische Unterstützung für Haushalte, die mit Öl, Pellets oder Flüssiggas heizen.

Öl- und Pelletheizung: Bisher nur Hilfe aus Härtefallfonds geplant

Die Energiepreisbremse wurde von Wirtschaftsminister Robert Habeck und seinem Ministerium konstruiert.
Die Energiepreisbremse wurde von Wirtschaftsminister Robert Habeck und seinem Ministerium konstruiert. © dpa | Michael Kappeler

Bisher plant die Regierung einen Härtefallfonds, aus dem die Betroffenen Hilfe beantragen können, wenn die Energiekosten die Haushaltskasse sprengen. Wer davon profitieren soll und zu welchen Bedingungen, ist bislang offen. Angedacht ist, dass Verbraucherinnen und Verbraucher, die mit diesen Energien heizen, ihre Anträge für den Fonds übers Jobcenter stellen sollen.

„Trotzdem kann das nur die unterste Haltelinie sein“, sagte SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch unserer Redaktion. Die SPD wolle im parlamentarischen Verfahren Verbesserungen für die Betroffenen erreichen. „Wir orientieren uns dabei an der Entlastungshöhe bei der Gaspreisbremse. Die Hilfen sollten möglichst unkompliziert fließen.“

Wegen Corona: Sind Hotels und Restaurants im Nachteil?

An Habecks Plänen feilen wollen die SPD-Abgeordneten auch bei der Hilfe für Unternehmen mit einem hohen Gasverbrauch von mehr als 1,5 Millionen Kilowattstunden im Jahr. Diese bekommen 70 Prozent ihres Verbrauchs zu einem Garantiepreis von 7 Cent pro Kilowattstunde. Anders als für Haushalte und kleine und mittlere Unternehmen gilt als Referenz aber nicht der für 2022 angenommene Monatsverbrauch – sondern der tatsächliche Verbrauch im Jahr 2021.

Im Jahr 2021 mussten Restaurants wegen des Corona-Lockdowns schließen.
Im Jahr 2021 mussten Restaurants wegen des Corona-Lockdowns schließen. © dpa | Boris Roessler

„In dem Jahr waren aber Unternehmen wie Hotels, Restaurants oder Gaststätten von Januar bis in den Mai hinein im Lockdown“, sagte die Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga), Ingrid Hartges, unserer Redaktion. „Auch Partner der Branche, wie zum Beispiel Wäschereien, die wegen des Lockdowns im Gastgewerbe weniger zu tun hatten, hatten im vergangenen Jahr einen niedrigeren Energieverbrauch.“ Der sei nach Angaben einzelner Firmen aus der Branche um 25 bis knapp 40 Prozent geringer gewesen als im Vor-Pandemie-Jahr 2019.

Grüne und FDP wollen an den großen Linien nichts ändern

„Deswegen fordern wir, dass für die Unternehmen das Jahr 2022 zur Grundlage genommen wird, um das durch die Gaspreisbremse gedeckelte Kontingent zu berechnen“, sagte Hartges. „Es kann nicht sein, dass die von der Pandemie am härtesten betroffenen Branchen in der Energiekrise benachteiligt werden.“ Zustimmung kommt von der SPD-Fraktion: „Es ist nachvollziehbar, dass das Pandemiejahr mit den vielen Ladenschließungen für viele Unternehmen zu unfairen Ergebnissen führt“, sagte die Vizechefin der SPD-Fraktion, Verena Hubertz unserer Redaktion. „Wir setzen uns für eine Lösung ein, mit der die Betriebe leben können.“ Das Gesetz habe Raum für abweichende Prognosezeiträume.

Die Koalitionspartner von FDP und Grünen dagegen wollen an den großen Linien der Preisbremsen nicht mehr rütteln. Abgeordnete beider Fraktionen weisen im Gespräch mit unserer Redaktion darauf hin, dass Haushalte, die mit Öl oder Pellets heizen, zwar individuell schmerzhafte Preissteigerungen erlebt hätten – absolut mit den Preisen ihrer Brennstoffe aber etwa auf dem Niveau lägen, auf das die Bundesregierung mit der Preisbremse den Gaspreis drückt.

SPD kündigt an: Reiche sollen weniger profitieren

„Wir haben einen wuchtigen Abwehrschirm aufgespannt, der einen Großteil der Preissteigerungen verhindert“, sagt Michael Kruse, energiepolitischer Sprecher der FDP-Fraktion. Mit den Preisbremsen würden Verbraucher bei Gas, Strom und Wärme soweit entlastet, dass „ruinöse Kostenexplosionen“ verhindert würden – aber eben nicht alle Steigerungen an sich. Die Grünen wollen bei der Abschöpfung der Übergewinne noch einmal genau hinschauen, mit denen die Strompreisbremse finanziert wird. „Uns ist wichtig, dass da vor allem bei den Erneuerbaren Energien keine Investitionen gehemmt werden“, sagte Vize-Fraktionschefin Julia Verlinden.

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In welcher Form die Gesetze den Bundestag am Ende wieder verlassen, ist offen. Fest steht aber, dass sie bis Ende des Jahres beschlossen sein müssen. Den Sozialdemokraten schweben allerdings schon weitere Nachbesserungen für das kommende Jahr vor. Denn bisher profitieren alle Gaskunden in gleichem Maße, nur Topverdiener müssen die Entlastung als geldwerten Vorteil bei der Steuer angeben. Zielgenauere Hilfen waren auf die Schnelle nicht umsetzbar.

Miersch: Villenbesitzer nicht 80 Prozent des Energiebedarfs subventinieren

„Für den nächsten Winter sollten wir uns allerdings die Zeit nehmen, und hier noch einmal genau nachsteuern“, forderte Miersch. „Ich will etwa über Unter- und Obergrenzen für die Hilfen reden: den vielzitierten Besitzern einer Villa mit beheiztem Pool müssen wir nicht 80 Prozent ihres Energiebedarfes subventionieren.“

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.