Erfurt. Eine Redaktion aus Erst- und Jugendwählern hat 80 Behauptungen entwickelt, 38 davon fließen in den Internet-Parteien-Check zur Landtagswahl in Thüringen ein.

„Der Wolf soll in Sachsen weiterhin unter strengem Schutz stehen.“ Diese These erscheint, wenn man den Wahl-O-Mat zur dortigen Landtagswahl am 1. September ausprobiert. „Stimme zu“, „neutral“ oder „stimme nicht zu“ sind die Antwortmöglichkeiten. Alternativ gibt es auch noch „These überspringen“.

Michael Panse.
Michael Panse. © CDU

Der Satz könnte so oder in abgewandelter Form – etwa „Der Wolf soll zur Jagd freigegeben werden“ – auch im Vorfeld der Landtagswahl in Thüringen eine Rolle spielen. Hier wurden die zunächst 80 Thesen von einer Jugendredaktion Ende vergangener Woche im Erfurter Augustiner Kloster erarbeitet.

Den Wahl-O-Mat gibt es seit 2002. Mit ihm lässt sich online herausfinden, welche zu einer Wahl zugelassene Partei der eigenen politischen Position am nächsten steht. Die Nutzer können die eigenen Antworten mit denen der Parteien abgleichen und der Grad der Übereinstimmung mit den ausgewählten Parteien wird errechnet.

Früher hat das die Bundeszentrale für politische Bildung in Eigenregie gemacht. Mittlerweile werden die jeweiligen Landeszentralen sowie externe Experten einbezogen.

Die etwa 25-köpfige Thüringer Redaktion aus Politik interessierten Erst- und Jungwählern saß von Freitag bis Sonntag zusammen, darunter Studenten, Schüler oder junge Berufstätige. „Für uns war lediglich wichtig, dass keine Partei- oder Jugendverbandsfunktionäre dabei sind“, sagt Michael Panse im Gespräch mit dieser Zeitung. Der ehemalige CDU-Landtagsabgeordnete arbeitet seit einem halben Jahr bei der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen und ist unter anderem für den Wahl-O-Mat zuständig. „Wir haben sehr darauf geachtet, dass die Thesen keine Partei ausgrenzen“, betont er.

Parteien sollen zu jeder einzelnen These Stellung nehmen

Die Bandbreite der Thesen ist groß. Dazu gehört beispielsweise: „In Thüringen sollen mehr Windräder gebaut werden“, „Eine Gebietsreform soll in der nächsten Wahlperiode stattfinden“, „Bodycams sollen flächendeckend bei der Polizei eingesetzt werden“ oder „Es soll nur noch ökologisch nachhaltige ­Landwirtschaft gefördert werden“.

Die politischen Aussagen werden allen Parteien zugeschickt, die in Thüringen zur Landtagswahl antreten. Bis das endgültig feststeht, dauert es allerdings noch ein paar Tage. 17 Parteien und politische Vereinigungen haben dem Landeswahlleiter fristgerecht bis zum 29. Juli, 18 Uhr, angezeigt, dass sie an der Landtagswahl teilnehmen wollen. Über die Anerkennung entscheidet der Landeswahlausschuss in seiner öffentlichen Sitzung am Freitag, 16. August, im Landesamt für Statistik.

Zu jeder einzelnen These sollen die Parteien Stellung nehmen. Mitte September schließt sich in Berlin ein weiterer eintägiger Workshop an. Dort werden aus den 80 Thesen 38 ausgewählt, die tatsächlich im Wahl-O-Mat geschaltet werden. Dieser Filter hat den Zweck, genau jene Thesen zur Verfügung zu stellen, die die prägnanten Unterschiede der Parteien tatsächlich abbilden.

Start vor 17 Jahren

Spätestens vier Wochen vor der Landtagswahl, die am Sonntag, 27. Oktober, stattfindet, wird der Wahl-O-Mat – voraussichtlich im Landtag gemeinsam mit den Parteivorsitzenden — freigeschaltet. Angepeilt dafür ist die letzte Woche im September. „Die jungen Leute haben natürlich alle politische Präferenzen“, sagte Panse. Das sei während des Workshops deutlich geworden. Aber dennoch seien ergebnisoffene Thesen erstellt worden, freut er sich.

Seit dem Start vor 17 Jahren hat sich der Wahl-O-Mat der Bundeszentrale zufolge zu einer festen Informationsgröße im Vorfeld von Wahlen etabliert. Bis jetzt seien weitere 50 Versionen zu Landtags-, Europa- und Bundestagswahlen online gegangen. Insgesamt wurde er im Vorfeld von Wahlen mehr als 80 Millionen Mal genutzt.

In all den Jahren wurde der Wahl-O-Mat ständig evaluiert und inhaltlich, technisch sowie gestalterisch verändert und weiterentwickelt, betonen seine Macher. Seit 2009 können sich alle zur Wahl zugelassenen Parteien beteiligen, bei der Europawahl in diesem Jahr waren es 41.

Wahl-O-Mat in der Kritik

Zur Europawahl im Mai war der Wahl-O-Mat in die Kritik geraten und musste für einige Tage vom Netz genommen werden. Das Verwaltungsgericht Köln hatte beanstandet, dass die Plattform kleinere Parteien benachteilige. Anlass war eine Klage von „Volt Deutschland“. Die Richter bemängelten, dass man auf der Seite nur jeweils acht Parteien auswählen konnte, um sie mit eigenen Positionen zu vergleichen. Die Bundeszentrale für politische Bildung und Volt einigten sich außergerichtlich. Inzwischen gibt es keine Beschränkung bei der Auswahl der Parteien mehr.

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