Erfurt. Bahnrad-Meister Marc Jurczyk aus Erfurt begann einst als Mountainbiker. Ein Olympiasieger ist sein Wegbereiter.

Eigentlich wollte Marc Jurczyk seine Heimat nicht verlassen. In Altdorf, 30 Kilometer südlich von Stuttgart gelegen, versuchte er sich zunächst als Fußballer, beim Golfen und als Leichtathlet, ehe er sich auf das Mountainbike setzte und Radsportler wurde. Im Ausdauerbereich feierte er erste Erfolge. Als Junior wurde er fünfmal deutscher Meister. Aber als die Nominierung für die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro praktisch nicht mehr möglich war, fasste er einen Entschluss.

„Ich habe mich entschieden, Sprinter zu werden und nach Erfurt zu gehen“, sagt der 23-Jährige, der nun endgültig als dreifacher deutscher Meister bei den Männern angekommen ist. „Ich war erleichtert, weil wir für diesen Erfolg sehr hart gearbeitet haben und diese Titel in der Eliteklasse natürlich einen ganz anderen Stellenwert haben“, sagt Jurczyk und meint damit seinen Heimtrainer Anner Miedema und die Erfurter Trainingsgruppe gleichermaßen.

Vor wenigen Tagen nun glänzte er in Berlin, als er im 1000-m-Zeitfahren mit Gold ein erstes Ausrufezeichen setzte. Mit seiner Zeit von 1:00,743 Minuten wäre er bei der WM in diesem Jahr sogar Dritter geworden. Hinzu kamen erste Plätze im Keirin und Teamsprint mit seiner Mannschaft Erdgas.2012 an der Seite seines Trainingskollegen Maximilian Dörnbach, der vor Jurczyk den Sprint gewann und Keirin-Zweiter wurde. „Das war auch ein klares Zeichen an den Bundestrainer, dass er auf uns setzen kann“, sagt Jurczyk.

Karriere erhielt neue Impulse

Der Weg nach oben schien vorgezeichnet, als Jurczyk im Alter von 21 Jahren bei seiner WM-Premiere im April 2017 in Hongkong als beachtlicher Sechster auf sich aufmerksam machte. Aber der rasante Aufstieg verlief zu schnell, als dass Jurczyk dabei Schritt halten konnte. Bei der WM 2018 war er gar nicht am Start. Hinzu kam im vergangenen Jahr der schreckliche Unfall von Kristina Vogel. „Dieses Ereignis beschäftigt uns bis heute“, sagt der Wahl-Erfurter.

Durchaus aber erhielt seine Karriere neue Impulse. Im Januar 2018 übernahm der junge Niederländer Anner Midema die Thüringer Trainingsgruppe, seit dem Jahreswechsel startet der Sprinter für das Chemnitzer Team Erdgas.2012. Von Beginn an gefördert wird er von einem Olympiasieger. Hans Lutz (70), der 1976 in Montreal mit dem bundesdeutschen Bahnrad-Vierer die Goldmedaille eroberte, hatte einst in Altdorf den montäglichen Mountainbike-Treff initiiert, der Jurczyk letztlich den Weg zum Radsport ebnete. Bis heute ist Lutz sein Manager.

Jene Ergebnisse von Berlin waren deshalb so wichtig, weil das kommende Jahr gleich zwei Höhepunkte bereit hält. Erst kehrt der Radsport-Tross zur Heim-Weltmeisterschaft nach Berlin zurück (26. Februar bis 1. März 2020), dann werden im Sommer in Tokio die olympischen Medaillen vergeben. Der junge Erfurter steht bereit, wenn in der Anfang November in Minsk beginnenden Weltcupserie die Fahrkarten zu den beiden Höhepunkten des Jahres 2020 vergeben werden. „Die drei Titel von Berlin waren eine Bestätigung, dass wir den richtigen Weg gehen“, sagt Jurczyk.