Die Siebzigerjahre waren eine Zäsur für The Kinks: Weniger Hitsingles und mehr Konzeptalben. Christian Werner über die kombinierte Neuedition der beiden Platten „Muswell Hillbillies“ und „Everybody’s in Show-Biz – Everybody’s a Star“.

Mit „Apeman“ und „Lola“ hatten The Kinks 1970 zwei Hits – die letzten für eine lange Zeit. Das war zum Teil nicht unbeabsichtigt. Als die Band Anfang der 70er-Jahre die Plattenfirma wechselte und der Druck nachließ, vor allem Hit-Singles statt Hit-Alben zu liefern, richteten Hauptsongschreiber Ray Davies und sein Bruder Dave die Band neu aus: mehr Konzept, weniger chartstaugliche Schnellschüsse.

Und das, obwohl die Kinks mit Konzeptalben nur ein paar Jahre zuvor schlechte Erfahrungen gemacht hatten: „The Kinks are the Village green Preservation Society“ und „Arthur (or the Decline and Fall of the British Empire)“ überzeugten an der Ladentheke nicht, auch die Kritik war wenig amüsiert.

Doch neues Jahrzehnt, neues Glück. Ray schreibt 1971 mit „Muswell Hillbillies“ eine Retrospektive in LP-Länge auf das Leben in Vororten des Nachkriegs-Londons. Er nennt es „eine Art Hintergrundgeschichte der Familie Davies“.

Album gilt heute als Klassiker

Noch etwas ist neu: Die Songs sind zunehmend aus der Ich-Perspektive geschrieben, nicht mehr mit fiktiven Charakteren wie Arthur, Lola oder Victoria.

Erkennungssongs in den Singlecharts sind wie gesagt rar. Auch das Album wird nicht ihr erfolgreichstes. Inzwischen ist die liebe- und humorvolle sowie schonungslose Ode an die gesellschaftliche Kinderstube der Brüder Davies allerdings rehabilitiert und gilt als Klassiker im Brit-Rock-Oeuvre.

Das Cover der Album-Box „Muswell Hillbillies/Everybody’s In Show-Biz – Everybody’s A Star“ von The Kinks.
Das Cover der Album-Box „Muswell Hillbillies/Everybody’s In Show-Biz – Everybody’s A Star“ von The Kinks. © BMG

Live aber sind die Kinks Anfang der Siebzigerjahre weiter eine gefragte Band, nach längerer Auszeit auch wieder in den USA. Auf Tour durch die Vereinigten Staaten entsteht gleich der nächste Longplayer „Everybody‘s in Show-Biz – Everbody‘s a Star“ – ein Doppelalbum, die erste Hälfte Studio-, die zweite Liveaufnahmen von Auftritten in der Carnegie Hall in New York.

Die Londoner Jungs reflektieren auf der Platte das zwiespältige Leben auf Tournee im Land der unbegrenzten Möglichkeiten: Sie hadern mit dem Fast Food, Konsum-Kick und den Oberflächlichkeiten, wie den Schaumträumen der Traumfabrik („Celluloid Heroes“).

Die beiden Alben gibt es in einer remasterten Neuedition zusammengefasst als Doppel-CD „Muswell Hillbillies/Everybody’s in Show-Biz – Everybody’s a Star“ mit dem unveröffentlichten Song „Travelling with my Band“ sowie vier Remixen und 20-seitigem Booklet. Beide Alben sind auch einzeln (CD oder LP) erhältlich sowie als Deluxe-Box mit sechs farbigen LPs, vier CDs, einer Blu-Ray, einem 52-seitigen Buch, Bandfotos, einer Muswell-Karte und einem Anstecker.

Reinhören!

Wir haben die Playlist zum Krisen-Modus. Hören Sie unsere Auswahl an Songs für die Heimarbeit, zur Kurzweil oder für andere Ablenkungen in Selbstquarantäne.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von einem externen Anbieter, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung