Kreuzebra. Feuerwehrleute haben es oft schwer. Einige Probleme kann die Landespolitik anpacken. Ein Porträt über Helmut Möller, ehrenamtlicher Leiter des Kreisfeuerwehrverbandes Eichsfeld.

Der kleine Ort liegt idyllisch. Unterhalb der Burg Scharfenstein leben dort etwa 800 Menschen. Gerade haben sich die kommunalen Verwaltungsstrukturen geändert: Kreuzebra gehört seit einigen Monaten zur Landgemeinde Stadt Dingelstädt.

Folgen bringt diese Umstellung mit sich. Für das Feuerwehrwesen im Ort wird das spürbar. Die einst eigenständige Feuerwehr Kreuzebra wird zur Ortsteilfeuerwehr. Das Zusammenwachsen mit der Nachbargemeinde Dingelstädt und den weiteren Ortsteilen Kefferhausen, Silberhausen und Helmsdorf beginnt. Ein neuer Stadtbrandmeister und seine beiden Stellvertreter sind bereits gewählt. In den nächsten Wochen und Monaten wird es darum gehen, dieses Zusammenwachsen weiter zu fördern, damit die Einsatzbereitschaft stets gewährleistet ist. Ehrenamtlich. Versteht sich.

Dass das keine einfache Aufgabe darstellt, davon kann Helmut Möller berichten. Der 49-jährige Notfallsanitäter ist im Ehrenamt so etwas wie ein Multi-Feuerwehrmann – von denen es thüringenweit zahlreiche gibt. Bei Möller bedeutet das, dass er den Kreisfeuerwehrverband des Landkreises leitet, stellvertretender Stadtbrandmeister für die Landgemeinde und stellvertretender Wehrführer für die Ortsteilwehr Kreuzebra ist. Daneben gehört er außerdem zu den Ehrenamtlichen, die die Ausbildung am Feuerwehrzentrum mit organisieren und damit wiederum die nächste Generation ehrenamtlicher Brandschützer aufbauen.

„Ja“, sagt Möller. Auch sein Tag habe nur 24 Stunden. In denen geht er im Hauptberuf seiner Arbeit als Disponent in der Rettungsleitstelle nach. Dann und wann sitzt er auch auf dem Rettungswagen als Notfallsanitäter, „weil es wichtig ist, den Kontakt nach draußen nie zu verlieren“.

Zur Sache: Parteien zur Feuerwehr

  • CDU: Die Union, die ihren Programmprozess noch nicht abgeschlossen hat, will die fast 2000 Ortsfeuerwehren im Land erhalten. Ein Ausbau der Feuerwehrschule zum Kompetenzzentrum für die praxisnahe Ausbildung von Haupt- und Ehrenamt soll forciert werden. Die Einführung der blauen Schleife der Solidarität mit Einsatzkräften steht ebenfalls auf der Agenda wie das Festhalten an der einst von der Union eingeführten Feuerwehrrente.
  • Linke: Eine Kampagne für mehr Respekt gegenüber den Einsatzkräften soll auf den Weg gebracht werden. Kooperationsmodelle kleiner Feuerwehren, um die Einsatzbereitschaft auch künftig sicherstellen zu können, sollen geprüft werden, so es sie nicht schon gibt. Die Linke will sich für die Gewinnung von mehr Menschen mit Migrationshintergrund für das Ehrenamt einsetzen. Bei der digitalen Alarmierung sieht die Partei das Land in einer Steuerungs-, Begleit- und Subventionsfunktion.
  • SPD: Die Sozialdemokraten wollen Auszeichnungen für Brand- und Katastrophenschutz mit einer Helferprämie von 750 Euro verbinden. Das Ehrenamt soll Verfassungsrang bekommen und eine Kampagne „Respekt für Rettungskräfte“ aufgesetzt werden. Ein Fokus wird auf die bessere Ausrüstung der Katastrophenschutzeinheiten gelegt sowie auf die Verbesserung der Bedingungen an der Landesfeuerwehrschule.
  • AfD: Die Leistungen aus der Feuerwehrrente sollen erhöht werden. Das hat die Partei in ihrem Leitantrag auf dem jüngsten Landesparteitag beschlossen. Darüber hinaus will die Partei ein Landesprogramm zur Stärkung des ehrenamtlichen Engagements, das in den Kommunen aufgesetzt werden soll.
  • Grüne: Die Mitgliederkampagne, dafür will sich die Partei einsetzen, soll fortgeführt werden. Ein Fokus solle dabei auch auf Migranten gerichtet werden, heißt es in einer Antwort der Grünen auf die vom Landesfeuerwehrverband versendeten Wahlprüfsteine. Auch die Unterstützung beim Aufbau eines digitalen Alarmierungsnetzes hat die Partei auf dem Schirm, verweist aber auf die Verantwortung der kommunalen Aufgabenträger. Grundsätzlich solle der Feuerwehr größtmögliche Unterstützung angedeihen, damit der Brand- und Katastrophenschutz gesichert bleiben kann.
  • FDP: Die Akzeptanz in Unternehmen für das Engagement der Mitarbeiter bei der Freiwilligen Feuerwehr zu verbessern, das haben sich die Liberalen auf die Fahnen geschrieben. Darüber hinaus werden Aktionen von den Thüringer Liberalen befürwortet, die über das korrekte Bilden von Rettungsgassen informieren und aufklären.

Wie schwierig das Ehrenamt geworden ist, darüber will er nicht klagen. Dennoch: Am Beispiel der Jugendfeuerwehr sehe man das deutlich. 1994 gründet er die Jugendfeuerwehr in Kreuzebra mit. „Die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen war für uns damals Neuland. Aber wir haben einfach angefangen“, erinnert er sich. 25 Jahre später muss ein Jugendfeuerwehrwart zunächst verschiedene Zertifikate vorweisen, bevor er überhaupt mit Kindern und Jugendlichen arbeiten kann. Einfacher macht es das nicht, ehrenamtliche Führungskräfte zu gewinnen.

Die Notwendigkeit dieser Zertifizierungen sieht Möller gleichwohl. Viel deutlicher könne die Landesregierung, egal in welcher Konstellation, in der nächsten Legislaturperiode den Feuerwehren in Thüringen helfen, „wenn sie endlich die Fördersätze anpasst“. Was er meint? Seit eineinhalb Jahrzehnten stecken die Fördersummen für die Fahrzeugbeschaffung fest. Für den Kauf eines Tragkraftspritzenfahrzeuges mit Wasser, kurz TSF-W, zahlt das Land 44.000 Euro. „Damit werden die kommunalen Haushalte heute stärker belastet, weil die Fahrzeuge immer teurer geworden sind und damit indirekt die Eigenanteile für die Anschaffung steigen“, sagt Möller. Vor allem bei den kleineren Ortsfeuerwehren sind TSF-W’s immer noch die gängigen Einsatzfahrzeuge.

Dass gebrauchte Feuerwehrfahrzeuge generell nicht gefördert werden sollen, findet der Eichsfelder falsch. Was, fragt er, spreche dagegen, einen zwei Jahre alten Mannschaftstransportwagen (MTW) für eine kleine Feuerwehr zu fördern? „Dass keine 20 Jahren alten Fahrzeuge bezuschusst werden, ist aber richtig“, findet der Kreisverbandsvorsitzende.

Die müssen allerdings bedient werden. Das geht nur, wenn das entsprechende Personal verfügbar ist. Ausbildung und Fortbildung stehen deshalb genauso im Fokus, wie eine ordentliche und moderne Ausrüstung für die mehr als 33.000 Kameradinnen und Kameraden bei den Thüringer Feuerwehren. Was es da braucht? Möller zitiert den Landesgruppenvorsitzenden der Deutschen Feuerwehrgewerkschaft (DFeuG), Andreas Kacsur. Der habe bei einer Veranstaltung gesagt, dass es wichtig sei, dass die Einsatzkräfte in den kleinen Ortsfeuerwehren sich nicht die „Stiefel, Jacken und Handschuhe teilen müssen“. „Damit ist alles ausgesagt über die aktuelle Situation in einigen Feuerwehren“, unterstreicht Möller.

Im Haus der Familie dreht sich alles ums Retten, Löschen, Bergen. Denn neben Helmut Möller sind die Söhne Philipp (17) und Florian (22) bei der Feuerwehr im Ort engagiert. Florian ist gerade als Notfall­sanitäter ausgebildet worden, sein Bruder plant die Aufnahme eines Studiums bei der Berufsfeuerwehr in Berlin.

Das Ehrenamt aber steht für die Familie im Fokus. Klingelt mitten in der Nacht der Melder, dann sind die drei Möllers – einzig Frau und Mutter Sabine Möller gehört der Einsatzabteilung nicht an, unterstützt ihre Männer aber stets – nicht selten gemeinsam unterwegs. Dann führt der Weg sie schnell aus dem Haus zu ihren daheim aufgestellten Spinden. Dort sind Stiefel, Hose, Jacke, Helm und Handschuhe griffbereit. „Der Großteil ist privat beschafft“, sagt Helmut Möller und gibt damit zwischen den Zeilen zu verstehen, was dem übergroßen Teil der Thüringer Feuerwehrfrauen und -männer in den 2000 Ortsfeuerwehren im Freistaat eigen ist: eine gehörige Portion Idealismus. Die kostet dann auch mal privates Geld.

Die Motivation erfährt aber immer wieder herbe Schläge. Dann beispielsweise, wenn an der Landesfeuerwehr- und Katastrophenschutzschule in Bad Köstritz Lehrgänge einfach ausfallen oder man keine Plätze mehr bekommt. Seit Jahren gibt es diese Probleme. Lösungen wurden immer wieder von Landesseite versprochen, bisher kam nichts Zählbares dabei heraus.

Führungskräfte beispielsweise müssen regelmäßig nach Ostthüringen fahren. Am Beispiel Kreuzebra berechnet heißt das für die Ehrenamtlichen, eine Strecke von mehr als 160 Kilometern zurückzulegen und mehr als zwei Stunden im Auto zu sitzen. „Ohne Führungskräfte gibt es aber keine Feuerwehr“, sagt Möller.

Er wünscht sich, dass die Ausbildung in Thüringen zentraler organisiert werden kann oder die Landesfeuerwehrschule zumindest in naher Zukunft wieder verlässlicher die Lehrgänge anbietet und auf einen ordentlichen, baulichen Standard gebracht wird. Daran arbeitet die Politik seit Jahren – passiert aber ist bisher wenig. Lehrkräfte fehlen, der Sanierungsstau an der Schule ist bekannt. Erst zu Wochenbeginn hat Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) ange­kündigt, noch vor der Wahl ein Konzept für die Modernisierung der Landesfeuerwehrschule vorzulegen.

In Kreuzebra werden sie indes das Zusammenwachsen mit den Nachbargemeinden im Feuerwehrbereich weiter voranbringen. Die neue kommunale Struktur erfordert das, damit in dem idyllisch gelegenen 800-Seelen-Ort und den anderen Ortsteilen der Landgemeinde Stadt Dingelstädt der Brandschutz gesichert bleibt – ehrenamtlich. Versteht sich.

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