Elmar Otto über die Ambitionen der Thüringer Linke-Landeschefin Susanne Hennig-Wellsow.

Die Hoffnung der bundesdeutschen Linken kommt aus Thüringen. Und sie heißt nicht Bodo Ramelow. Das ist doch mal was.

Weiblich, jung, ostdeutsch – abseits der gerne bemühten Attribute hat Susanne Hennig-Wellsow längst bewiesen, dass sie in einem rot-rot-grünen Bündnis auf Landesebene gute Arbeit leisten kann.

Warum also nicht auch im Bund R2G wagen?

Die Partei- und Fraktionschefin hat sich von der populistischen Oppositionellen zur konstruktiven Regierungspolitikerin entwickelt.

Dass die 42-Jährige vor Jahren Erstunterzeichnerin des Aufrufs für eine antikapitalistische Linke war, einer Struktur innerhalb der Partei, die vom Verfassungsschutz als linksextrem eingestuft wurde, ist ebenso Geschichte wie ihr Plädoyer für „französische Verhältnisse“ während einer Studentendemo. Gleichwohl ist sie keine weichgespülte Landtagsabgeordnete. Zuletzt sorgte Hennig-Wellsow für bundesweite Aufmerksamkeit, als sie dem mit den Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten gewählten FDP-Chef Thomas Kemmerich bei der Gratulation den Blumenstrauß vor die Füße warf.

Für die einen war das ein Akt schlechter Kinderstube, für die anderen Haltung. Alles eine Frage politischer Perspektive.

Aus Sicht der Linken hat sich Hennig-Wellsow als realpolitisches Sprachrohr etabliert. Sie weiß, wie man eine schwierige Dreierkoalition mit SPD und Grünen schmiedet und sie eine Legislatur zusammenhält. Damit scheint sie die ideale Ergänzung zur Hessin Janine Wissler, der man ihr Engagement im Netzwerk Marx 21 vorhält.

Doch für Hennig-Wellsow kann der Versuch, in der Bundespolitik Fuß zu fassen, auch nach hinten losgehen. Bodo Ramelow, der 2021 erneut Ministerpräsident werden will, soll zunächst wenig glücklich über die Ambitionen der Erfurterin gewesen sein. Aus gutem Grund: Sollte sie als Bundesvorsitzende durchfallen, gilt sie nach politischen Maßstäben als angezählt. Dass jemand, der auf dem Absprung war, in Thüringen glaubhaft wahlkämpfen kann, ist fraglich.