Berlin. Scholz' Zögern beim Export von Leopard-Kampfpanzern isoliert den Kanzler. Wer jetzt besonders Druck macht und wie die Aussichten sind.

In der Panzerfrage wächst der Druck auf die Bundesregierung fast täglich. Immer mehr Länder verlangen, dass Kanzler Olaf Scholz (SPD) wenigstens die Genehmigung zum Re-Export von Leopard-Panzern an die Ukraine erteilt. Polen ist am weitesten vorgeprescht. Aber auch innerhalb der EU werden die Forderungen lauter. Wie isoliert ist Scholz? Ein Überblick über Länder und Politiker, die Druck machen.

Polen: Zur Not will man auch ohne Zustimmung Berlins handeln

Warschau ist in der Panzerfrage der Schrittmacher. Nun setzt Polen die Ampelkoalition zusätzlich unter Zugzwang. Sein Land werde bei der Bundesregierung eine Genehmigung für die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine beantragen, kündigte Ministerpräsident Mateusz Morawiecki am Montag an. Zur Not werde Polen auch ohne Zustimmung Berlins im Rahmen einer kleinen Koalition handeln.

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Annalena Baerbock: Solonummer der Außenministerin?

Zumindest das Auswärtige Amt wäre offenbar bereit, Warschau grünes Licht zu geben. Nach den Worten von Außenministerin Annalena Baerbock würde sich Deutschland nicht gegen die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern aus anderen Ländern in die Ukraine stellen. „Wir wurden bisher nicht gefragt, und (...) wenn wir gefragt würden, würden wir dem nicht im Wege stehen“, sagte die Grünen-Politikerin dem französischen TV-Sender LCI.

Das Bundeskanzleramt stellte sich nicht hinter Baerbocks Initiative. „Wenn ein Antrag in Deutschland gestellt würde, gibt es eingespielte Verfahren – an die halten wir uns“, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Montag. Dies geschehe im Bundessicherheitsrat mit der „nötigen Zügigkeit“ und der „nötigen Gründlichkeit“. Der Bundessicherheitsrat ist ein Kabinettsausschuss der Bundesregierung. Bis zum späten Montagnachmittag lag nach Angaben aus Regierungskreisen noch kein Antrag aus Warschau vor.

Laut Bundesaußenministerin Annalena Baerbock würde sich Deutschland nicht gegen Leopard-Lieferungen aus anderen Ländern stellen. Scholz Sprecher stellte sich nicht hinter die Außenministerin.
Laut Bundesaußenministerin Annalena Baerbock würde sich Deutschland nicht gegen Leopard-Lieferungen aus anderen Ländern stellen. Scholz Sprecher stellte sich nicht hinter die Außenministerin. © dpa | Michael Kappeler

Die baltischen Staaten: Druck aus Estland, Litauen und Lettland

Im Baltikum sieht man Deutschland als Bremser. Der lettische Staatspräsident Egils Levits forderte die Bundesregierung auf, der Lieferung von Leopard-2-Kampfpanzern zuzustimmen. Das sei eine „fast einhellige Haltung Europas“.

Der estnische Außenminister Urmas Reinsalu unterstrich: „Deutschland ist der Motor Europas, das größte Partnerland, und das bedeutet eine besondere Verantwortung.“ Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis warf Scholz indirekt vor, Furcht davor zu haben, Russland an den Rand einer Niederlage in der Ukraine zu bringen.

USA: Verärgert über den Kurs der Bundesregierung

Die US-Regierung ist angeblich verärgert, dass Berlin keine Export-Genehmigung für Leopard-Panzer erteilen will. Nach einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ kam es am Donnerstag zu einem Wortgefecht zwischen US-Verteidigungsminister Lloyd Austin und Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt. Austin sei sauer gewesen, dass Scholz zuvor in einem Telefonat mit US-Präsident Joe Biden die Leopard-Lieferung an die Entsendung von amerikanischen Abrams-Kampfpanzern geknüpft habe. Die Bundesregierung dementierte den Bericht „in Ton und Inhalt“.

Washington lehnt derzeit eine Verschickung von Abrams-Kampfpanzern Abrams an die Ukraine ab. US-Verteidigungsstaatssekretär Colin Kahl betonte, der Abrams sei teuer, erfordere eine schwierige Ausbildung und verbrauche mit seinem Turbinenantrieb sehr viel Treibstoff.

Vereinigtes Königreich: Großbritannien liefert bereits Kampfpanzer

London liefert als erste westliche Regierung Kampfpanzer an die Ukraine – 14 Challenger 2. Auch auf der Insel erwartet man, dass Deutschland mit „Leos“ nachzieht.

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EU: Außenbeauftragter befürwortet Leopard-Lieferungen

In der Europäischen Union wächst der Druck ebenfalls. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell erklärte, er befürworte die „Leo“-Lieferung. Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn hob hervor, auf Bundeskanzler Scholz laste „eine große Verantwortung, wirklich einen Schritt zu tun“.

Frankreich: Zurückhaltung auch beim Nachbarn

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat zwar die Entsendung von „leichten Kampfpanzern“ vom Typ AMX- RC 10 in die Ukraine angekündigt. Doch bei der Verschickung von schweren Leclerc-Kampfpanzern argumentiert er ähnlich zurückhaltend wie Kanzler Scholz.

Spannungen in der Ampel: Union fordert Koalitionsbruch

Aus Kreisen der Liberalen und Grünen hagelte es in den vergangenen Tagen massive Kritik. Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, sowie Grünen-Außenpolitiker Anton Hofreiter warfen Scholz Zögerlichkeit in der Panzerfrage vor.

Unionspolitiker forderten FDP und Grüne zum Koalitionsbruch auf. Die beiden kleineren Ampel-Partner müssten wegen der Differenzen mit der SPD in der Ukraine-Politik „endlich konsequent handeln und einen Neuanfang unter veränderten Vorzeichen suchen“, sagte CDU/CSU-Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU) der „Bild“ vom Montag.

SPD-Chef Lars Klingbeil versuchte, die Reißleine zu ziehen. „Ich weiß, was ich als Parteivorsitzender machen würde, wenn aus meiner Partei andauernd solche Querschüsse kommen“, sagte Klingbeil. „Da würde ich mit den entsprechenden Leuten mal reden. Das wirft ja auch kein gutes Licht auf die eigene Parteiführung, wenn da andauernd welche so unterwegs sind.“

Fazit:

Die Indizien, dass die Bundesregierung zumindest den Re-Export von Leopard-Panzern in die Ukraine genehmigen wird, mehren sich. „Ich bin sicher, dass sehr bald wichtige Entscheidungen getroffen werden“, erklärte der ukrainische Botschafter in Berlin, Oleksii Makeiev. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hatte bereits signalisiert: Deutschland werde „nicht im Wege stehen“, wenn andere Staaten mit einer Ausbildung an den Panzern beginnen wollten.

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