Erfurt. Bundesbildungsministerin Karliczek (CDU) hat mit ihrer Entscheidung für ein Batterieforschungszentrum im heimischen Münster heftige Kritik auf sich gezogen. Auch im Ostdeutschland wächst die Empörung.

Nach dem Zuschlag für ein Batterieforschungszentrum in Münster hat nun auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) deutliche Kritik an der Bundesregierung geübt. Die Entscheidung stehe „ganz im Widerspruch“ zu den wiederholten Zusagen, die Interessen der ostdeutschen Länder bei ihren Standortentscheidungen im Blick zu haben, heißt es in einem Schreiben an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), das dieser Redaktion vorliegt.

Ein „weiteres Mal“ bleibe eine von den ostdeutschen Ländern unterstützte Bewerbung unberücksichtigt, erklärte der Politiker. Namentlich erwähnte er das Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien, das bereits führend in der Batterieforschung tätig sei. Es hat Standorte im sächsischen Dresden und im thüringischen Hermsdorf.

Ramelow ist derzeit Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz Ost. Er verwies in seinem Brief auf Zusagen Merkels, die sie auf einem Treffen mit den ostdeutschen Regierungschefs Anfang April in Thüringen machte. Darüber hinaus habe der Bundestag bereits 1992 eine ausgewogene Verteilung von Bundeseinrichtungen und -institutionen über alle Länder hinweg beschlossen. Diese Maßgabe sei bisher nur „unzureichend umgesetzt“ worden, erklärte Ramelow.

Starke Kritik an Entscheidung von Karliczek

Der Ministerpräsident nahm zumindest indirekt Bezug auf die Landtagswahlen, die in diesem Jahr nicht nur in Thüringen, sondern auch in Sachsen und Brandenburg stattfinden. Dort ist die AfD in Umfragen teilweise stärkste Kraft. „Was wir heute in Zeiten politischer Unwägbarkeiten brauchen, ist ein Signal, dass der Osten Deutschlands nicht von der Bundespolitik vergessen wird“, erklärte Ramelow.

Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) hatte am Freitag mitgeteilt, dass der Hauptstandort des neuen Instituts „Forschungsfertigung Batteriezelle“ im nordrhein-westfälischen Münster entstehen soll. Dabei geht es um eine Investitionssumme in Höhe von 500 Millionen Euro. Nebenstandorte sollen in den Mitbewerberstädten Ulm, Salzgitter und Augsburg errichtet werden. Darüber haben sich bereits die Ministerpräsidenten von Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen in einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beschwert. Die Entscheidung für Münster werde einen „langwierigen Aufbau neuer Strukturen“ nach sich ziehen, schrieben Markus Söder, Winfried Kretschmann (Grüne) und Stefan Weil (SPD). Damit gehe wertvolle Zeit verloren. Karliczek stammt aus Ibbenbüren nahe Münster. Auch ihr Wahlkreis liegt dort.

Auch Carsten Schneider zeigt sich „enttäuscht“

Der Osten ging gänzlich leer aus. Die SPD-Bundestagsfraktion hatte daran bereits Kritik geübt. Der aus Erfurt stammende Parlamentarische Geschäftsführer Carsten Schneider bezeichnete die Entscheidung als „große Enttäuschung“. Die Bundesministerin habe damit dem Angleichungsprozess zwischen Ost und West unbewusst oder bewusst „einen Rückschlag“ versetzt.

Sachsen und Thüringen hätten mit ihrer Bewerbung die geforderten Voraussetzungen erfüllt, erklärte Schneider. „In solchen Fällen erwarte ich eine klare politische Präferenz für den Osten.“ Sonntagsreden allein reichten nicht.