Elena Rauch über Gespräche und Gendern.

Vorsicht, bemerkte mein Mitbewohner, deine Tochter kommt heute Abend. Ich war gerade dabei, einen welk gewordenen Salatkopf in den Mülleimer zu versenken. Ich weiß, antwortete ich schuldbewusst. Aber was soll ich damit machen, manchmal verliert man als berufstätige Frau die Kontrolle über den Kühlschrank. Doch die Warnung war nicht ganz unberechtigt. Wenn Sie Kinder der Generation Z haben, kennen Sie das vielleicht.

Mit dem Gendern ist es ähnlich. Meine Tochter benutzt den Glottisschlag, die kleine Pause beim Sprechen, wo im Geschriebenen ein Gendersternchen stehen würde. Am Anfang waren mein Mitbewohner und ich etwas irritiert, es war ungewohnt, das ist inzwischen anders. Die unaufgeregte Normalität, mit der sie gendert, gefällt mir. Viele ihrer Freundinnen tun das, soweit ich das überblicken kann, auch.

Als ich so alt war wie meine Tochter, fand es niemand merkwürdig, einfach vom „Lehrer“ oder „Arzt“ zu sprechen. Tradierte Rollenzuweisungen waren für uns trotzdem Schnee von gestern, daran haben sich unsere Mütter und Großmütter abgearbeitet. Wenn Töchter diese Selbstverständlichkeit auch in der Sprache einfordern, heißt das doch, dass die Welt nicht stehen bleibt. Manchmal denke ich, wir Mütter könnten sie darin ein bisschen offensiver unterstützen. Über Sinnhaftigkeit, Sprachfluss und dergleichen kann man schön streiten. Aber den Kindern ist es wichtig und das finde ich ein gutes Argument. Nennen Sie es von mir aus mütterliche Solidarität.

Das mit dem Glottisschlag habe ich versucht, aber ich stolpere ständig darüber, mir bleibt die Grammatik. Bei uns herrscht friedliche Vielfalt, mein Mitbewohner redet sich gern mit dem generischen Maskulinum heraus. Dass sich das Gendern in der Alltagssprache durchsetzt, glaubt er nicht. Ich bin mir da nicht so sicher. Es werden nicht wir sein, die das entscheiden.