Martin Debes über den 45. US-Präsidenten.

Es könnte, in diesen Zeiten, wieder etwas Hoffnung stiften, wenn sich an diesem Dienstag (oder Mittwoch oder Donnerstag, oder wer weiß, wie lang das Zählen in Pennsylvania oder Wisconsin so dauert) die Bürgerinnen und Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika einen neuen Präsidenten wählten. Einen ziemlich alten, ziemlich weißen Mann, das ja, der mehr als die Hälfte seines Lebens in einem zunehmend dysfunktionalen Apparat verbrachte. Aber doch einen Mann, der die Welt kennt, die demokratischen Regeln achtet und der sich menschliche Integrität bewahrt hat.

Abgesehen davon geht es gar nicht zuerst darum, was Joe Biden mit einer Präsidentschaft anstellte, die mitten in einer Pandemie und Wirtschaftskrise begänne. Es geht darum, dass die Amtszeit von Donald Trump bitte schnell endet.

Die Bilanz des 45. US-Präsidenten ist nicht deshalb verheerend, weil er mehr große Fehler begangen hat als seine Vorgänger. Immerhin begann er keine Kriege, so wie der überforderte George W. Bush. Er ließ auch nicht die Wirtschaft absaufen, wie der sanfte Jimmy Carter. Und wurde auch - noch - nicht derart in flagranti erwischt wie der korrupte Richard Nixon.

Dass Trump von der demokratischen Mehrheit des Repräsentantenhauses des Amtes enthoben wurde, ließ sich zwar begründen. Immerhin wies man nach, dass er eine fremde Regierung instrumentalisieren wollte, um seinem Konkurrenten Biden zu schaden. Aber der republikanische geführte Senat negierte die Entscheidung wieder. Dies ist formal zu akzeptieren.

Trump hat sogar, jedenfalls aus Sicht derjenigen, die ihn aus Überzeugung wählten, durchaus geliefert. Unter ihm stiegen die USA aus multilateralen Verträgen und Organisationen aus, vom Pariser Klimaabkommen über den Iran-Atom-Handel bis hin zur WHO. Unter ihm wurden Umweltstandards gesenkt, Grenzzäune errichtet und der Freihandel eingeschränkt. Und unter ihm erhielt nicht nur das Oberste Gericht eine andere, konservative Mehrheit, sondern wurden unzählige Richterposten mit Juristen besetzt, die gegen Abtreibung oder mehr Rechte für Minderheiten urteilen werden.

Trump hat sein Amt und das Ansehen Amerikas beschädigt

Darüber hinaus vertrat Trump eine riskante, aber klare Linie im Nahen Osten. Er ließ die US-Botschaft in Israel nach Jerusalem verlegen und einen iranischen Topgeneral töten. Auch dass sich jetzt arabische Staaten dem Judenstaat annähern, ist, egal welchen konkreten Anteil er daran hatte, in seiner Amtszeit geschehen.

Jedoch, das Problem mit diesem Präsidenten geht tiefer, es berührt die Wurzeln der westlichen Gesellschaftsordnung. Trump hat nicht nur sein Amt und das Ansehen seines Land beschädigt. Er hat die Idee der amerikanischen Demokratie ausgehöhlt - und dessen Innerstes, das Vertrauen in freie und faire Wahlen. Wenn es nicht ein überwältigend deutliches Ergebnis diese Woche gibt, steht das Schlimmste zu befürchten.

Trump war seit jeher ein narzisstischer, nepotistischer, nationalistischer Möchtegernmogul, ohne Ideale, Ethos und Moral, rassistisch, sexistisch, habituell lügend. Ein Bully, der sich über Behinderte lustig macht, ein Macho, der Frauen als Gebrauchsgut ansieht, ein Vorstadtmafioso, der sich mit Halbkriminellen umgibt. Ein ausschließlich ichbezogener Universalhochstapler, bigger and better than you have ever seen before.

Anstand im Weißen Haus

Doch als Präsident der Vereinigten Staaten konnte er mehr kaputt machen als nur eine Firma oder ein Kasino. Er konnte den Glauben an den demokratischen Staat lädieren, an den Mythos eines Amerika, das zumeist das Gute will, selbst wenn es das Schlechte schafft. Dazu lief die peinliche, leider süchtig machende Trump-Reality-Show, 24 Stunden, sieben Tage die Woche, voller Affären und Skandale, mit einem grotesken Durchmarsch unzähliger Minister, Berater und Stabschefs - und mit dem tragischen Finale einer Pandemie, die wegen dreister Ignoranz Trumps in den USA so viele Leben kostet wie nirgendwo anders.

Richtig, die Demokraten sind wahrlich keine Waisenknaben und der alte Biden ist ebenso wenig ein Heiland wie es Barack Obama einer war, obwohl der die Rolle deutlich überzeugender darbieten konnte. Aber es reichte ja schon, wenn im kommenden Januar endlich wieder so etwas wie Anstand in das Weiße Haus einzöge.

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